
Die Welt trauert um Johannes Paul II.

Mit Trauer und Betroffenheit hat die Welt auf den Tod des Papstes reagiert. Zahlreiche Staatsmänner würdigten Johannes Paul II. für sein Lebenswerk.
Auch die Schweiz trauert um das Oberhaupt der katholischen Kirche. Bundespräsident Samuel Schmid und die Kirchen zeigten sich zutiefst betroffen.
Weltweit reagierten Staats- und Regierungschefs mit grosser Bestürzung und Trauer auf den Tod des Papstes.
US-Präsident George W. Bush erklärte, die Welt habe einen «Verfechter der Freiheit» verloren. UNO-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete den Verstorbenen als einen «wahren Pionier des Dialogs zwischen den Religionen».
Für Freiheit, Demokratie und Frieden
Der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski sagte, Polen stehe beim Papst in einer besonderen Schuld. «Es gäbe keine polnische Freiheit ohne Johannes Paul II.», so Kwasniewski.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hob die «wichtige Rolle» des Pontifex bei der Vereinigung Europas hervor. Er habe sich für Frieden und Demokratie auf dem Kontinent eingesetzt.
Laut dem israelischen Aussenministers Silvan Schalom haben «Israel, das jüdische Volk und die gesamte Welt einen grossen Kämpfer für die Versöhnung zwischen den Religionen verloren». Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas erklärte, der Papst habe sich stets für die «Gerechtigkeit für alle» eingesetzt.
Trauer in der Schweiz
In der Schweiz haben am Sonntagmorgen um punkt 8 Uhr die Glocken der katholischen Kirchen geläutet. Die Gläubigen wurden damit zum Gebet für den verstorbenen Papst aufgerufen.
Der Bundesrat hat dem Vatikan und der katholischen Kirche sein tiefes Bedauern über den Tod von Johannes Paul II. mitgeteilt. «Mit Johannes Paul II. endet ein Pontifikat, das in die Geschichte eingehen wird. Dank seiner charismatischen Persönlichkeit hat er während eines Vierteljahrhunderts der Weltgeschichte seinen Stempel aufgedrückt – über alle religiösen Grenzen hinaus», teilte Schmid mit.
«Wir Schweizerinnen und Schweizer werden uns an die verschiedenen Besuche von Johannes Paul II. in der Schweiz erinnern, darunter jenen im vergangenen Sommer in Bern, als er die Schweizer Jugend in seinen Bann zog», erklärte Schmid weiter.
Auch Wirtschaftsminister Joseph Deiss würdigte die «historische Dimension» der Figur Karol Wojtylas. «Durch seine Energie und Kommunikation vermittelte Johannes Paul II. während seines gesamten Pontifikates Millionen von Menschen Kraft und Zuversicht, auch dann noch, als er selbst krank wurde.»
Schweizer Bischöfe würdigen Johannes Paul II.
Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) hat mit grossem Schmerz vom Tod des Papstes Kenntnis genommen.
Der Präsident der SBK, Bischof Amédée Grab, sagte in einem Interview der «NZZ am Sonntag»: «Dass er eine hervorragende Gestalt war, steht ausser Zweifel.» Zum Leiden und Sterben des Papstes sagte Grab, dies sei seine Art, zu zeigen, wie Leiden und Sterben zum Leben gehörten. Damit gewähre er all jenen Unterstützung, die alt oder krank seien.
Der Bischof des Bistums Basel, Kurt Koch, sprach in einem Interview der «SonntagsZeitung» von grossem Schmerz über den Verlust eines «so grossartigen Menschen, glaubwürdigen Christen und hervorragenden Hirten». Anderseits spüre er auch eine gewisse Erleichterung, weil der Tod für den Papst bestimmt eine grosse Erlösung bedeute.
Auf die zentrale Botschaft des Verstorbenen angesprochen, sagte der Schweizer Kardinal und Haustheologe von Johannes Paul II., Georges Cottier, im «SonntagsBlick», an seinem ersten Tag habe der Papst gesagt: «Habt keine Angst.» Diese Botschaft der Hoffnung stehe für ihn im Mittelpunkt.
Umstrittenes Erbe
Von einer «schweren Erblast» spricht dagegen der Schweizer Theologe Hans Küng. Die persönliche Frömmigkeit und das Engagement von Johannes Paul II. seien unbestritten, schreibt Küng in der «Sonntags-Zeitung»: «Innerhalb der Kirche aber herrscht eine Hoffnungs- und Vertrauenskrise.»
«Die Innenpolitik des polnischen Papstes war verheerend», schreibt Küng weiter. Viele Bischöfe seien mittelmässig oder unfähig, es fehle an qualifiziertem Priesternachwuchs. «Viele hoffen jetzt auf einen Papst, der den Reformstau abbaut.»
Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Küng ist für sein offenes Wort bekannt. Der Vatikan entzog Küng 1979 wegen Zweifeln an der Unfehlbarkeit des Papstes die Lehrbefugnis.
Trauer mit der Schwesterkirche
Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) trauere mit der römisch-katholischen Schwesterkirche um deren Oberhaupt, sagte SEK-Präsident Thomas Wipf. Er sei beeindruckt von der menschlichen Ausstrahlung von Johannes Paul II. und seiner überzeugenden Kraft.
Der Papst habe sich für die Vermittlung grundlegender christlicher Werte, Friede und Verständigung der Völker eingesetzt. Dadurch seien die evangelischen Christen mit ihm verbunden, so Wipf weiter.
Auch die Juden und Muslime in der Schweiz bedauern den Tod von Papst Johannes Paul II. Er habe viel getan für die Annäherung zwischen den Religionen und für den interreligiösen Dialog, sagten Vertreter der beiden Religionsgemeinschaften in der Schweiz.
swissinfo und Agenturen
Papst Johannes Paul II. besuchte die Schweiz offiziell zweimal: 1984 und 2004. Seit 1418 war vor ihm kein Papst mehr offiziell in der Schweiz gewesen.
In der Schweiz leben 41,8% Menschen katholischen Glaubens.
Rund 100 Schweizer Gardisten – die kleinste Armee der Welt – sind für die Sicherheit des Vatikans verantwortlich.
Die katholische Kirche wird derzeit von einer Kardinalskongregation geleitet, der die höchsten Würdenträger der Kurie angehören. Die Kardinäle werden am Montag zum ersten Mal zusammentreten.
Ihre wichtigste Aufgabe ist die Bestimmung von Tag und Stunde der Beerdigung. Am Montag soll der Leichnam des Kirchenoberhauptes in den Petersdom gebracht und dort aufgebahrt werden. Die Beerdigung sei frühestens für Donnerstag ins Auge gefasst, hieß es in Rom.
Die nächste entscheidende Etappe in der Führung der Weltkirche ist die Wahl eines neuen Papstes. Als einer der mächtigsten Männer zur Stunde in Rom gilt der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger.

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