Geldwäscherei- Affäre in Liechtenstein: Auch Schweizer involviert

Das Fürstentum Liechtenstein sieht sich einer handfesten Geldwäscherei-Affäre konfrontiert. Eine Razzia auf dem Finanzplatz führte zur Verhaftung eines Parlamentariers und des Bruders des Vizeregierungschefs. Auch ein Schweizer wurde verhaftet.
Nach monatelangen pauschalen Verdächtigungen und Geldwäscherei-Vorwürfen kam es Ende vergangener Woche im Fürstentum Liechtenstein zu einer grossangelegten Polizeiaktion und Verhaftungen. Polizeichef Reto Brunhart und Untersuchungsrichter Pius Heeb gaben bekannt, dass fünf Personen festgenommen wurden.
Darunter sind der Landtagsabgeordnete Gabriel Marxer von der oppositionellen Fortschrittlichen Bürgerpartei sowie die beiden Treuhänder Rudolf Ritter und Eugen Heeb, die zusammen ein Treuhandbüro führen. Ein weiterer Inhaftierter ist der Schweizer Daniel H., der als zeichnungsberechtigter Mitarbeiter im Treuhandbüro Ritter arbeitete.
Am Samstagnachmittag (13.05.) kam es mit der Festnahme von Paul Schurte zu einer fünften Verhaftung. Gegen den im Treuhandsektor tätigen Schurte werde schon seit geraumer Zeit wegen Verdacht des gewerbemässigen Anlagebetrugs polizeilich ermittelt.
Bei der Razzia in der Nacht zum Freitag (12.05.) hatte die Polizei auf Anordnung des österreichischen Sonderstaatsanwalts Kurt Spitzer sieben Bürogebäude und mehrere Privathäuser durchsucht und stellten grosse Mengen Akten und EDV-Material sicher. Die Unterlagen würden mit bereits vorher ermittelten Ergebnissen durch Spezialisten der Wiener Wirtschaftspolizei in Vaduz ausgewertet.
Gemäss Untersuchungsrichter Heeb geht es um gewerbsmässigen Anlagebetrug, Geldwäscherei, organisierte Kriminalität und Untreue.
An der Aktion waren über 50 Beamte beteiligt gewesen, neben liechtensteinischen Landespolizisten auch 23 Beamte der Wirtschaftspolizei Wien. Die Ermittlungen werden nach wie vor von Spitzer geleitet, der Ende letzten Jahres auf Druck von Fürst Hans-Adam II. von der liechtensteinischen Regierung eingesetzt worden war, um die vom «Spiegel» publik gemachten Vorwürfe des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) an Liechtenstein zu klären.
Die Festnahmen sind deshalb brisant, weil mit Marxer und Ritter zwei prominente Persönlichkeiten betroffen sind. Marxers Bruder Benedikt ist Landgerichtspräsident. Ritters Bruder Michel ist stellvertretender Regierungschef und Minister für Soziales, Gesundheit und Wirtschaft. Im Falle Marxers hob der liechtensteinische Landtag noch am Samstag in einer nicht öffentlichen Sondersitzung die Immunität des Parlamentariers auf.
Die Einvernahmen liefen auch am Sonntag auf Hochtouren. Untersuchungsrichter Heeb schloss nicht aus, dass es zu weiteren Verhaftungen kommen wird.
Spitzer hatte Anfang April das Land zwar vom Vorwurf entlastet, von Geldwäschern der internationalen Drogenmafia unterwandert zu sein. Schon damals hatte er aber über Ermittlungen gegen ein Dutzend Personen berichtet. Die jüngsten Ereignisse lassen die scharfe Zurückweisung der Vorwürfe des deutschen Auslandgeheimdienstes durch die Vaduzer Regierung in einem anderen Licht erscheinen.
Regierungschef Mario Frick räumte am Sonntag ein, dass auf den ersten Blick ein Widerspruch bestehe und dass die familiären Beziehungen zweier der Inhaftierten mit höchsten Amtsträgern in Politik und Justiz «denkbar ungünstig» seien. Er hielt aber dennoch daran fest, dass Liechtenstein kein Staat von Geldwäschern und Kriminellen sei. Das kompromisslose Vorgehen sei zudem der Tatbeweis dafür, dass Liechtenstein ohne Rücksicht auf Namen gegen die Kriminalität auf dem Finanzplatz vorgehe.
Anlässlich eines Routinetreffens mit dem liechtensteinischen Justizminister Heinz Frommelt liess sich am Samstag auch Bundesrätin Ruth Metzler über die jüngste Entwicklung orientieren.
swissinfo und Agenturen

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