Prozess gegen Pitbull-Halter eröffnet

Gut ein Jahr, nachdem drei Pitbull-Hunde in Zürich den kleinen Süleyman zu Tode gebissen hatten, stehen ab Montag der Hundehalter und zwei Mitangeklagte vor Gericht.
Laut der Staatsanwältin hätten die drei Angeklagten den Tod des Sechsjährigen verhindern können, wenn sie richtig reagiert hätten.
Den drei Angeklagten stehen am Prozess in Zürich drei Opfer gegenüber: Die Eltern des kleinen Süleyman und eine 26-jährige Frau, die Zeugin des Dramas wurde und seither unter post-traumatischen Störungen leidet.
Alle werden die letzten Momente des kleinen Süleyman noch einmal durchleben müssen, der am 1. Dezember letzten Jahres von drei Pitbull-Hunden zu Tode gebissen worden war.
Die drei Angeklagten müssen sich wegen fahrlässiger Tötung und schwerer Körperverletzung verantworten. Die Staatsanwältin Susanne Steinhauser beantragt zweieinhalb Jahre Gefängnis für den Hauptangeklagten, 16 Monate bedingt für dessen Freundin und 14 Monate bedingt für den Logisgeber der beiden.
Unbeweglich und unbeschadet
Die letzten Monat veröffentlichte Anklageschrift hält die Ereignisse um den Tod von Süleyman an jenem 1. Dezember zwischen 8.35 und 8.45 Uhr fest. Ein weiteres Kind konnte dank seiner Mutter vom Schlimmsten bewahrt werden.
Die Frau hatte ihren Ältesten zum Kindergarten gebracht und kam mit ihrem 4-jährigen Sohn zurück, als sie den drei Pitbull-Hunden begegneten. Diese belauerten sie über eine Minute lang in Angriffsposition, aus eineinhalb Meter Abstand. Die Mutter und das Kind hielten sich völlig bewegungslos.
Dann kam Süleyman, allein auf seinem Weg zum Kindergarten. Die Hunde nahmen ihn ins Visier und rannten dann zu ihm. Der Knabe versuchte zu fliehen, doch vergeblich. Die Hunde stürzten sich auf ihn.
Zehn Minuten lang verbissen sie sich in das Kind. Verletzt an Kopf und Hals, verlor es schnell viel Blut und starb wahrscheinlich noch, bevor die Hunde von ihm abliessen, schreibt die Staatsanwältin.
Weniger als vier Quadratmeter für fünf Hunde
In der Anklageschrift versucht die Staatsanwältin zu zeigen, dass die Tragödie «mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» hätte verhindert werden können.
Bevor sie ausbrachen, wurden die Hunde in einem improvisierten Unterschlupf auf der Terrasse einer Wohnung gehalten. Zu fünft hatten sie nur gerade 3, 75 Quadratmeter zur Verfügung. Problemlos konnten sie ihren Unterschlupf zerstören und auf die Strasse rennen.
Die Hunde waren zehn Monate alt und nur zwei Tage zuvor legal aus Italien importiert worden. Seit ihrer Geburt wurden sie zusammen mit zwei anderen Hunden in einem von der Mutter des Hauptangeklagten bewohnten Zimmer in Latisana, zwischen Venedig und Triest gehalten.
Die Tiere hatten nie andere Lebewesen gesehen und waren nie aus dem Zimmer rausgekommen. Sie wiesen Spuren von Verletzungen auf, die sie sich wohl gegenseitig zugeführt hatten.
Pflichtverletzung
Die Freundin des Hauptangeklagten hat sich ebenso Pflichtverletzung zu Schulden kommen lassen wie dieser, da sie die Hunde mit ihm zusammen hielt.
Am Tag des Dramas hatte sie zwei der fünf entflohenen Hunde erwischt, war dann aber zurück in die Wohnung gegangen, statt dem angegriffenen Süleyman zu Hilfe zu kommen.
Auch der Wohnungsinhaber, der selbst einen der jungen Pitbulls gekauft hatte, sah die Hunde fliehen, tat aber nichts, um sie wieder einzufangen.
swissinfo, Ariane Gigon Bormann, Zürich
(Übertragung aus dem Französischen: Susanne Schanda)
Der Tod von Süleyman hat in der Öffentlichkeit grosse Emotionen ausgelöst. Der Blick hat eine von 175’000 Leserinnen und Lesern unterzeichnete Petition zum Verbot von Pitbulls lanciert.
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Eine Kommission des Nationalrats beschäftigt sich mit einer gesamtschweizerischen Lösung.
Am 1. Dezember 2005 wurde der 6-jährige Süleyman von 3 entlaufenen Pitbulls zu Tode gebissen.
Der Hundehalter, ein 42-jähriger Italiener, seine 29-jährige Schweizer Freundin und der 39-jährige Schweizer Wohnungsinhaber, müssen sich wegen fahrlässiger Tötung und schwerer Körperverletzung verantworten.
Den Angeklagten drohen Gefängnisstrafen zwischen 14 und 30 Monaten, für die beiden Mitangeklagten bedingt.
Der Prozess wird voraussichtlich bis Donnerstag oder Freitag dauern.

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