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Sommer 1954: Die Schweiz im Fussball-Fieber

Die Schweizer Nationalmannschaft mischte auf dem Rasen tüchtig mit, und erreichte das Viertelfinale.

Ralph Zloczower, heute Präsident des Schweizerischen Fussball-Verbandes, war beim Finale als junger Platzanweiser dabei. Er erinnert sich.

Für Ralph Zloczower, den heutigen Präsidenten des Schweizerischen Fussball-Verbandes, ist’s, als wär’s erst gestern gewesen. Als Platzanweiser auf der Nordtribüne wurde der junge Fussball-Begeisterte an diesem 4. Juli 1954 bei strömenden Regen Zeuge des Wunders von Bern.

In der Schweiz sei man für die Ungaren gewesen, beschreibt er gegenüber swissinfo die Stimmung. Niemand habe am Sieg der als Wunder-Elf geltenden Magyaren gezweifelt. Ein Wermutstropfen sei zwar schon gewesen, dass die Legenden wie Puskas, Hidegkuti und Bozsik das kommunistische Ungarn vertreten hätten.

Trotz Kommunismus für Ungaren

„Die Schweizer waren sicher nicht anti-deutsch eingestellt. Aber sie haben nicht vergessen, was der Nachbar Deutschland weniger als eine Dekade zuvor während 12 Jahren über Europa gebracht hatte“, so Zloczower.

Den sensationellen Sieg habe man den Deutschen aber gegönnt, denn die Mannschaft sei mit ihrem Kampfwillen und der Spielfreude „ein guter Botschafter für das junge und demokratische Land“ gewesen.

Sönke Wortmanns Film hat sich der Schweizer Fussball-Boss in einer exklusiven Vor-Premiere ansehen können. Trifft er das Geschehen auf dem Wankdorf-Rasen? Ja, bescheinigt der Zeuge.

„Der Film hat die Situationen gut herausgearbeitet. Auf dem Spielfeld, als die Deutschen das Ruder unter ihrem Kapitän und Antreiber Fritz Walter noch herumreissen konnten. Und auch in Deutschland selber, das nach dem Titel endlich wieder Hoffnung schöpfen konnte.“

Kein helvetisches Wunder von Bern

Die Schweiz hatte sich 1954 aber nicht mit der Rolle der Gastgeberin zufrieden gegeben. Die Nationalmannschaft unter Trainer Karl Rappan besiegte in der Vorrunde zweimal die als halbe Fussball-Götter eingestuften Italiener. Die Partie gegen Lehrmeister England ging 0:2 verloren. Die sensationellen Siege gegen die Squadra Azzurra in Lausanne (2:1) und Basel (4:1) kamen vor allem dank einer disziplinierten Abwehr zustande.

Im Viertelfinale gegen Österreich erlebten die Schweizer Fussballer dann aber statt des anvisierten kleinen helvetischen Fussball-Wunders ein veritables Waterloo: Das Spiel ging mit 5:7 verloren, nachdem die Eidgenossen nach 19 Minuten bereits 3:0 geführt hatten. Mitschuldig soll auch die Hitze gewesen sein, die den Akteuren arg zugesetzt hatte.

swissinfo, Renat Künzi

Die Rundfunk-Rechte betrugen 1954 87’000 Fr., die Fernseh-Rechte 15’000 Fr.

Die WM 1954 war für die Schweiz auch ein Wirtschaftsfaktor.

Sie war Sprungbrett für das Tourismus-Geschäft.

Dieses hat sich zwischen 1950 und 1960 fast verdreifacht, von 6 Mio. auf 15 Mio. Gäste pro Jahr.

Wichtigstes Herkunftsland war Deutschland.

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