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Irakmission – die Schweiz bereitet sich vor

Es wird erwartet, dass UNO-Inspektoren in den Irak zurückkehren. UNSCOM

Schweizer Experten sind auf Abruf für einen allfälligen Einsatz als UNO-Inspektoren im Irak.

Schweizer Chemiker bereiten auch mögliche Analysenarbeiten vor und bilden UNO-Experten aus.

Ein Speziallabor, das sich mit nuklearen, biologischen und chemischen Waffen befasst, spielt seit langem eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Massenvernichtungs-Waffen.

Labor zwischen See und Alpen

Das so genannte Labor Spiez steht in einem Feld zwischen dem Thunersee und den Berner Alpen. Es besteht aus einer Ansammlung von Betongebäuden, Sportfeldern und einem Parkplatz – die Szenerie bliebe kaum im Gedächtnis haften, wären da nicht die drei seltsamen Kamine über dem Komplex.

Die harmlos aussehenden Gebäude sind das Zentrum des schweizerischen Forschungs- und Testprogramms für nukleare, chemische und biologische Waffen.

Das Labor ist zwar schon 75 Jahre alt, zu internationaler Bekanntheit gelangte es aber erst während dem Iran-Irak-Krieg, und zwar als Ort, wo erstmals chemische Waffen untersucht wurden, die im Konflikt von 1984 zum Einsatz kamen.

Spiez – an der Strasse nach Bagdad

Seither spielt die Institution seine Rolle im Kampf gegen Massenvernichtungs-Waffen.

In den 90er-Jahren wurde man wieder auf das Labor aufmerksam, als es bei der Zerstörung von Tausenden von Tonnen chemischer Waffen und giftigen Abfallmaterials in Russland mithalf.

Weltweit berühmt wurde es aber vor allem, weil es sich an den UNO-Programmen zur Inspektion der irakischen Waffen beteiligte. Schon einen Monat nach der Berufung der United Nations Special Commission (UNSCOM) entsandte die Schweiz fünf Spezialisten. Bis zur Ausweisung der UNO-Inspektoren Ende 1998 arbeiteten 15 Schweizer auf 42 Missionen im Irak.

Das irakische Versteckspiel

Nach Ansicht von Heiner Staub, Leiter der Waffenkontrollabteilung des Labors, der bei mehreren dieser Besuche als Industriechemiker dabei war, kann niemand feststellen, ob das Land über Massenvernichtungs-Waffen verfügt.

«Niemand weiss das wirklich, ausser den Irakis selber», sagte Staub gegenüber swissinfo.

«Es war während der Inspektionen [in den 90-ern] klar, dass die Inspektoren irregeführt wurden oder nicht alle Informationen erhielten», fügte er bei.

Lieber Deklaration statt Inspektionen

«Meiner Ansicht nach sollte man nicht an das Problem herangehen, indem man nach Irak zurückkehrt und herumrennt, um rauchende Gewehre zu finden», meint Staub.

«Die Lösung wäre, vollständige Deklarationen zu verlangen und dann zu überprüfen, ob diese Deklarationen die Information bestätigen, die wir bereits haben.»

Wegen der internationalen Spannungen im Golf dürften neue Inspektionen in einer Atmosphäre äussersten Argwohns und Misstrauens stattfinden. Laut Staub könnte dies mit etwas Diplomatie verhindert werden.

Dipolmatie: Wichtig bei der Arbeit im Irak

«Einige unserer Leute vom Labor waren bei Inspektionen dabei, die nicht einfach waren, aber bei jenen, die ich persönlich begleitete, machte ich nie solche Erfahrungen», so Staub.

«Wenn es auch manchmal Spannungen gab, hatten wir doch immer den Eindruck, dass es eher ein Theater war. Es schien, dass sie sich zwingen mussten, uns unfreundlich zu begegnen.»

Staub verliess das Land mit dem Eindruck, dass die Menschen dort «sehr, sehr freundlich» sind.

«Ich denke, wenn man versucht, hart aufzutreten, bis hin zur Unhöflichkeit, wird man bei keiner Inspektion ans Ziel kommen. Man kann zwar bei der Verfolgung seines Ziels hart sein, aber dabei trotzdem höflich bleiben. Vielleicht waren nicht alle Chefinspektoren in Irak diplomatisch genug, um diese Regel einzuhalten.»

Ausbildung für eine bessere Welt

Das Labor Spiez ist ein wichtiges internationales Ausbildungszentrum. Vor kurzem half das Labor mit, die albanische Regierung für die Zerstörung von 20 Tonnen Nervengaswaffen auszubilden. Diese Woche fand in Spiez eine Konferenz von vorwiegend osteuropäischen Delegierten des Chemiewaffen-Abkommens statt.

Spiez ist auch wichtig für die Schweiz selber, um auf mögliche Angriffe mit chemischen oder biologischen Waffen vorbereitet zu sein: Militäroffiziere bilden Behörden wie Polizei, Feuerwehr und Rettungdienste darin aus, wie sie sich im Falle eines biologischen oder chemischen Angriffs verhalten sollen.

Neben den technischen Einrichtungen des Zentrums beherbergt das Labor auch das ständige Koordinationszentrum der Schweizer Armee für potenzielle Angriffe.

«Wir haben die Vision einer Welt, die frei von Massenvernichtungswaffen ist», erklärt Staub. «Dies ist natürlich eine Vision und nicht die Realität. Wir arbeiten aber in diese Richtung.»

swissinfo, Jacob Greber

Das Labor Spiez wurde 1925 gegründet.
98 Mitarbeitende
Budget: 20 Mio. Franken / Jahr
Abrüstung-Unterstützung in Russland.
Untersuchung chemischer Waffen: aus beiden Golfkriegen, Mitarbeit bei den UNO-Inspektionen.

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