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Das Hörbuch behauptet sich

Hören statt lesen: Hörbücher werden immer beliebter, ihr Marktanteil ist allerdings gering. E' dedicato alla multimedialità il prestigioso premio

Die Buchhandlungen der Deutschschweiz haben mit jenen Deutschlands am Unesco-Weltbuchtag (23.04.) zum Besuch geladen. Mit Aktionen wollten sie für die Lust am Lesen werben. Eine Lust, die in den Buchhandlungen selbst Konkurrenz erfährt: durch das Hörbuch.

Hören ist beliebt. Es gibt kaum Buchhandlungen, die nur das Medium Buch anbieten. Immer mehr Platz im Angebot beanspruchen andere Medien wie DVD oder CD-Roms. Fest eingerichtete Stationen zum Hören von Audio-Büchern auf Kassetten oder CDs gehören zum Inventar und sind mittlerweilen in den Geschäften prominent platziert.

Es gibt fast alles zu hören, was auch in Buchform erhältlich ist: von Michel Houellebecq über Rosamunde Pilcher bis Friedrich Dürrenmatt, sei es als Hörspiel, oder gelesen vom Autor selbst oder von bekannten Schauspielern. Zum Teil werden neue Buchausgaben und dazugehörige Hörbücher praktisch gleichzeitig lanciert. Die Zeiten, als das Hörbuch vor allem als Produkt für Blinde galt, sind vorüber.

Hohe Zuwachsraten und Grenzen

“Wir registrieren eine Zuwachsrate von 40 bis 50 Prozent”, sagt Herbert Winkler, Leiter Einkauf der Buchhandlung Stauffacher in Bern. Er betont allerdings, dass der Anteil am Umsatz gering sei. Von “konstantem Wachstum” spricht Christoph Reber, Filialleiter der Basler Buchhandlung Jäggi, die seit fünf Jahren eine eigene Abteilung für Hörbücher führt.

Doch Men Haupt, Präsidenten des Schweizerischen Buchhändler- und Verleger-Verbandes SBVV, sieht trotz gegenwärtigem Wachstum Grenzen im Potential der Hörbuchmarktes. Verglichen mit heute werde der Marktanteil noch bis höchstens acht Prozent zunehmen. Dann werde eine Sättigungsstufe erreicht sein. Verlässliche Zahlen, was den Gesamtanteil des Hörbuchs am Schweizer Buchhandel betreffe, gebe es keine. Haupt schätzt, dass es nicht mehr als drei Prozent sind.

Zürcher Hörbuchverlag mit grossem Erfolg

Ein Stück von diesem Markt-Anteil schneidet sich der Zürcher Kein&Aber-Verlag ab, der rund 80 Prozent seiner Produkte in Deutschland absetzt. 1997 wurde das Unternehmen als Zweimann-Betrieb gegründet, der Umsatz betrug eine halbe Million Franken. Fürs letzte Jahr wird bereits mit einen Umsatz von drei Millionen Franken gerechnet. Klein&Aber “pflückt nicht irgendwelche erfolgreichen Romane heraus, um sie dann als Hörbuch zu produzieren”, sagt die Mitarbeiterin Katharina Blarer. Der Sprecher müsse vielmehr eine besondere Affinität zum Stoff haben. So werde zum Beispiel Senta Berger in einer neueren Produktion ihr Lieblingsmärchen “Der Zauberer von Oz” lesen.

Warum erfolgreich?

Die Gründe für den Erfolg des Hörbuches können nur vermutet werden. Vielleicht ist es einfach reizvoll, dass Hören eine Autofahrt kürzer macht und das Bügeln von Wäsche um einiges leichter. Herbert Winkler von der Buchhandlung Stauffacher sieht die Gründe in den immer stärker technisierten Haushalten, sowie in einem verstärkten und verbesserten Marketing. Men Haupt nimmt an, dass Hörbücher vorallem von jenen Leuten konsumiert werden, die weniger lesen und sich lieber “über das Gehör etwas zuliebe tun wollen”.

Auch in Bibliotheken

Auch in Bibliotheken erfährt das Hörbuch “rasanten Absatz”, sagt Ruth Fassbind, Leiterin der Volksbibliotheken der deutschen Schweiz. Die Volksbibliothek überlässt Bibliotheken in der Schweiz Material, das diese weiterverleihen können. Angeboten werden sogenannte Non-Books-Sets mit DVDs, CD-Roms und Hörbüchern. “Das Interesse der Bibliotheken an diesem Set ist riesig”, weiss Ruth Fassbind. Im Bereich Hörbuch gebe es lange Wartelisten.

Welt(hör)buch-Tag

Keine Wartelisten, aber vielleicht Warteschlangen könnte es am Weltbuchtag in den Buchhandlungen gegeben haben. Der Tag ist für die Buchhändler einer der umsatzstärksten des Jahres. Sicher wird auch das eine oder andere Hörbuch über den Ladentisch gegangen sein.

Kathrin Boss Brawand

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