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Gökhan Inler

Göhkan Inler gilt in der italienischen Meisterschaft als ein Top-Spieler. swissinfo.ch

Der Schweizer Nationalspieler GökhanInler durchlebt bei seinem Klub Udinese Calcio einen magischen Moment seiner Karriere. Im swissinfo-Interview berichtet der Mittelfeldspieler über seine Eindrücke und Gefühle.

“Inler…Inler…Schuss…Tor!!!” Ein älterer Zuschauer imitiert während des Trainings von Udinese Calcio einen Fussballreporter. Seine Freunde lachen.

Die beschriebene Szene ist durchaus real. Denn zwei Tage zuvor hat der Schweizer Spieler mit türkischen Wurzeln ein herrliches Tor geschossen. Er brachte seine Mannschaft gegen Fiorentina in Führung. Schliesslich gewann Udinese 3:1.

Der Einsatz von Inler ist nicht unbeobachtet geblieben. Die “Gazzetta dello Sport”, die italienische Fussball-Bibel, gab ihm die Note 7,5 mit folgendem Kommentar: “Der beste Mann auf dem Platz ist wieder einmal eine Erfindung des Vereins und seines Patrons Pozzo. Es handelt sich um Göhkan Inler, den man für wenige Cents eingekauft hat, und der jetzt schon mehrere Millionen wert ist.”

Gemäss einigen Sportzeitungen wäre eine Ablösesumme von 10 bis 15 Millionen Franken nötig, um den jungen Inler von Udinese Calcio freizukaufen. Dort hat er einen Vertrag bis 2012 unterschrieben.

Jeder Tag eine Herausforderung

Spitzenklubs wie Juventus Turin und Barcelona haben schon Interesse angemeldet. Da stellt sich spontan die Frage, wie man es schafft, nicht abzuheben und mit beiden Beinen auf der Erde zu bleiben.

Göhkan Inler antwortet auf diese Frage am Sitz von Udinese Calcio: “Man muss im Fussball alles geben, sich ganz auf die Arbeit konzentrieren und nicht wegen des Erfolgs selbstgefällig werden. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung.” Er habe sich in seiner Profikarriere als Fussballer immer an diese Regel gehalten.

Obwohl Inler bereits in der Schweiz auf höchstem Niveau spielte, ist er der Auffassung, dass sein Job in Italien eine Nummer grösser ausfällt: “Der Druck ist wirklich gross, und die Medien sind viel präsenter. Der Fussball in Italien verlangt höchsten Einsatz.”

Privatsphäre schützen

Umso wichtiger ist es für Inler, dass er sich ab und zu in sein Privatleben zurückziehen kann. “Ich lebe mit meiner Partnerin ausserhalb der Stadt. Dies erlaubt mir etwas Abgeschiedenheit und mehr Ruhe.”

Göhkan ist Muslim und er hat immer einen bescheidenen Lebensstil gepflegt. “Ich bin kein Partymensch, ich rauche und trinke nicht. In der Freizeit bin ich am liebsten zu Hause, spiele mit meinen beiden Hunden und halte die Kontakte zu meiner Familie und zu meinen Freunden in der Schweiz aufrecht. So kann ich meine Batterien wirklich aufladen.”

Diese Einstellung begleitet Inler seit dem Beginn seiner Karriere: “Ich habe mich immer auch auf meine Ziele konzentriert. Ich habe geschaut, dass ich die idealen Bedingungen habe, um meine Ziele zu erreichen. So war es bisher und so wird es auch in Zukunft sein.”

Talent allein reicht nicht

Sportliches Talent zu haben sei wichtig, reiche allein aber nicht. “Im Fussball kann sich alles schnell ändern. Deshalb muss man hart und seriös arbeiten, auch ausserhalb des Spielfelds”, meint Inler.

Im übrigen versucht er, sich gegenüber den Fans und Journalisten immer korrekt zu verhalten, auch wenn die Mannschaft verliert und seine Leistung vielleicht nicht so überragend war.

“Das Gleiche gilt auch für die Gerüchte um mögliche Transfers. Der Fussballer muss immer das Beste für seine Mannschaft geben und dafür arbeiten. Um den Rest kümmern sich die Manager. Man darf sich von diesen Fragen nicht ablenken lassen”, sagt Inler.

Ständiger Druck

Wie unterscheidet sich die italienische Meisterschaft von jener in der Schweiz? “In Italien muss du taktisch wie auch konditionell bestens vorbereitet sein. Der kleinste Fehler wird sofort mit einem Tor der Gegner bestraft.”

Eine Mannschaft mit vielen jungen Spielern wie Udinese könne angesichts dieses hohen Niveaus viel Erfahrung sammeln. Dabei bleibt auch der Erfolg nicht aus. “In der Stadt träumen manche schon von der Champions League, aber so weit sollten wir nicht gehen. Wir müssen immer nur an das nächste Spiel denken”, mahnt Inler.

swissinfo, Andrea Clementi, Udine
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Gökhan Inler wird am 27.Juni 1984 in Olten geboren (Kanton Solothurn). Er wächst mit den Eltern und dem Bruder Volkan auf.

Im Alter von sechs Jahren beginnt er im Jugendklub seiner Heimatstadt Fussball zu spielen. Schon bald wechselt er zum FC Solothurn, wo er mit nur 16 Jahren bereits in der ersten Mannschaft spielt. Der FC Basel wird auf den jungen Mittelfeldspieler aufmerksam, und in der Saison 2004/2005 spielt er im Team U21 des FCB. Ein Jahr später nimmt Inler im Trikot des FC Aarau an der Super League teil und wird in die U21-Nationalmannschaft aufgenommen.

Inler wechselt im Januar 2006 zum FC Zürich und wird Schweizer Meister. Er ist gerade 22 Jahre alt. Nach einem weiteren Meisterschaftstitel 2007 mit derselben Mannschaft entschliesst sich das junge Talent, im Ausland sein Glück zu versuchen und heuert bei Udinese (Italien) an. Sein Debut ist am 27.August 2007 im Stadion San Siro von Mailand (gegen Inter). Zwei Monate später schiesst er sein erstes Tor für Udinese (gegen Torino).

Der Verein Udinese Calcio ist einer der ältesten Fussballklubs Italiens. Es ist der Klub der Stadt Udine und damit der ganzen Region Friaul-Venezien (Nord-Ost-Italien).

Das beste Resultat der Mannschaft ist ein zweiter Platz in der Meisterschaftsserie der ersten Liga (1954/55) und der dritte Platz in der Saison 1997/98. Es gab mehrfache Uefa-Cup-Teilnahmen und eine Teilnahme an der Champions-League 2005/2006.

Der Verein setzt stark auf junge Nachwuchstalente, die dann an finanziell stärkere Mannschaften verkauft werden. Zu den Berühmtheiten bei Udinese gehörten Weltmeister Vincenzo Iaquinta (später Juventus) und Europameister Oliver Bierhoff (später Milan) sowie der Brasilianer Márcio Amoroso.

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