
Internationale Adoption:Wohl des Kindes obsiegt

Internationalen Adoptionen ist eine besondere Problematik eigen: Die Aufnahme eines Kindes aus einem fremden Kulturkreis stellt hohe Anforderungen an Adoptiv-Eltern. Kinder aus Dritt-Welt-Ländern sollen nun besser vor Missbrauch und Fehlplatzierung geschützt werden.
Was lange währt, wird endlich gut: Sechsmal wurde der Beitritt zum Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern im Schweizer Parlament beraten. Am Montag (11.06.) zum siebten und vorletzten Mal.
Eine Einigungskonferenz musste vorschlagen, ob der Bund oder die Kantone für die Bewilligung und Aufsicht über die Adoptions-Vermittlung zuständig sein soll. Der Entscheid: Der Bund – aber unter Mitwirkung der Kantone. Diesem stimmte die Kleine Kammer «contre coeur» zu. Das Wohl der Kinder obsiegte über den Kantönligeist.
Worum es geht
Mit dem Beitritt zum Haager Übereinkommen verpflichtet sich die Schweiz, kriminellen Machenschaften wie Kinderraub und -handel einen Riegel zu schieben. Für das Verfahren und die Zusammenarbeit von Herkunfts- und Aufnahmestaat werden mit dem Übereinkommen Mindeststandards festgelegt.
Konkret: Die Behörden im Herkunftsland des Kindes müssen prüfen, ob eine internationale Adoption dem Wohl des Kindes dient. Gleichzeitig müssen sie untersuchen, ob die nötigen Bewilligungen und die Zustimmung der Mutter nicht gekauft wurden. Die Behörden im Aufnahmestaat des Kindes nehmen die künftigen Adoptiveltern unter die Lupe: Es geht nicht darum, einen Kinderwunsch zu erfüllen, sondern elternlosen verlassenen Kindern geeignete Eltern zu finden. Auch stellen die Behörden sicher, dass das Kind einreisen darf und eine Aufenthaltsbewilligung erhält.
Durch das Haager Übereinkommen werden die in den Vertragsstaaten bewilligten Adoptionen gegenseitig anerkannt. Damit laufen die adoptierten Kinder nicht mehr Gefahr, plötzlich staatenlos zu werden, falls die Adoption scheitert.
Noch in dieser Session geht das Geschäft zum letzten Mal an den Nationalrat. Dieser wird dem Einigungsantrag zweifellos zustimmen, entspricht er doch den Vorstellungen der Grossen Kammer. Dann endlich ist der Weg frei für die Ratifizierung des Vertragwerkes.
Verbesserungen gegenüber geltendem Recht
Heute können ausländische Kinder erst nach einer zweijährigen Probezeit adoptiert werden. Während dieser Zeit haben sie keinen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung, sie erben nichts, wenn die Adoptiveltern sterben. Zudem können die Schweizer Behörden nur mangelhaft kontrollieren, ob eine Adoption unter korrekten Bedingungen zu Stande gekommen ist.
Hinzu kommt, dass beispielsweise Chile keine Kinder mehr in die Schweiz vermittelt, weil die Schweiz das Haager Übereinkommen nicht ratifiziert hat. 500 bis 700 Kinder werden jährlich aus dem Ausland in die Schweiz geholt. 1997 kamen 73 aus Kolumbien, 77 aus Indien, 68 aus Brasilien.
Das Haager Abkommen über den Schutz von Kindern hat nur Gültigkeit zwischen Ländern, die es ratifiziert haben. Bis heute sind dies 31 an der Zahl – grösster Erfolg der Haager Konferenz.
Rebecca Vermot

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