Bundesrätlicher Mutterschaftsurlaub: Kritik von allen Seiten
Die bundesrätlichen Vorschläge für einen von den Arbeitgebern finanzierten Mutterschaftsurlaub erhalten in der Vernehmlassung schlechte Noten. Für FDP, CVP und SP gehen die Vorschläge zu wenig weit. Die SVP beharrt dagegen auf einem bloss achtwöchigen Mutterschaftsurlaub.
Der Bundesrat unterbreitete zwei Varianten zur Revision des Obligationenrechts, um die Lohnfortzahlungs-Pflicht der Arbeitgeber bei Mutterschaft zu regeln. Nach dem ersten, abgestuften Modell erhält die Mutter im ersten und zweiten Dienstjahr den vollen Lohn während acht Wochen; das Maximum von 14 Wochen wird mit dem achten Dienstjahr erreicht. Das zweite Modell sieht generell während zwölf Wochen den vollen Lohn vor.
Die FDP stellt sich in der Vernehmlassungsantwort, wie am Parteitag vom 18. August beschlossen, hinter die parlamentarische Initiative von Gewerbeverbands-Präsident Pierre Triponez (FDP/BE), der einen 14-wöchigen Urlaub für erwerbstätige Frauen aus der Erwerbsersatzordnung (EO) finanzieren will. In zweiter Priorität unterstützt die FDP das nach Dienstalter abgestufte Modell des Bundesrates, wie Generalsekretär Guido Schommer sagte.
Die CVP verwirft beide bundesrätlichen Vorschläge. Die abgestufte Variante schaffe Ungerechtigkeiten unter den Frauen, teilte die Partei am Montag (03.09.) mit. Die zweite Variante sei ungenügend, weil der Mutterschaftsurlaub 14 Wochen dauern müsse. Bei beiden von den Arbeitgebern finanzierten Varianten werde zudem der Lohndruck in Branchen mit vielen Frauen erhöht, und insbesondere junge Frauen würden auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt.
Auch werde der Widerstand der Arbeitgeber geweckt und damit die Gefahr eines erneuten Scheiterns grösser. Die CVP favorisiert den Kompromiss von Triponez, hinter den sich mit Therese Meyer (CVP/FR), Jacqueline Fehr (SP/ZH) und Ursula Haller (SVP/BE) Exponentinnen aller Bundesratsparteien stellen.
Die SP fordert vom Bundesrat gar einen 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub. Gänzlich inakzeptabel sei der Ansatz, wonach die Dauer der Lohnfortzahlung von der Anzahl der Anstellungsjahre abhänge. Beim zweiten Bundesrats-Vorschlag sei die Urlaubsdauer zu kurz. Weil der künftige Arbeitsmarkt noch stärker auf die Frauen angewiesen sei, müsse ein bezahlter Mutterschaftsurlaub mindestens das von der EU vorgeschriebene Minimum von 14 Wochen umfassen.
Für die SVP gehen die bundesrätlichen Vorschläge dagegen zu weit. Die Partei will nach der Ablehnung der Mutterschafts-Versicherung durch das Volk lediglich eine achtwöchige Lohnfortzahlungs-Pflicht ins OR schreiben. Weitergehende Lösungen sollen durch die Sozialpartner vereinbart werden. Dies funktioniere bereits heute gut, da 85% der erwerbstätigen Frauen ein 14-wöchiger Urlaub gewährt werde.
Wenig Begeisterung bei Arbeitgebern und Gewerkschaften
Auch der Arbeitgeberverband zeigte sich bisher nicht bereit, über eine achtwöchige Lohnfortzahlungs-Pflicht hinaus zu gehen. Verbandsdirektor Peter Hasler rechnet damit, dass die bundesrätlichen Vorschläge bei der noch laufenden Konsultation bei den Verbandsmitgliedern nicht auf Begeisterung stossen. Für eine abschliessende Meinung zu Triponez‘ Vorschlag sei es noch zu früh, da die Initiative noch einen langen parlamentarischen Weg vor sich habe.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der Christlichnationale Gewerkschaftsbund (CNG) haben die bundesrätlichen Lösungen bereits als ungenügend bezeichnet. Gefordert seien mindestens 14 Wochen.
swissinfo und Markus Brotschi (AP)
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