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In Frankreich leben: Das müssen Schweizer beim Auswandern wissen

Frau vor Eifelturm
Blick auf den Eiffelturm, Wurzeln in der Schweiz – nirgendwo im Ausland leben mehr Schweizer:innen als in Frankreich. (C) Emilyprofamily | Dreamstime.com

Über 210’000 Schweizer:innen haben Frankreich als neue Heimat gewählt. Dieser Teil unserer Serie über das beliebteste Auswanderungsland beleuchtet die Herausforderungen des Alltags: Arbeit, Lebenshaltungskosten, Gesundheit, Schule, Steuern und Mobilität.

Was sind die Herausforderungen für Schweizer:innen in Frankreich?

Wie steht es um den Arbeitsmarkt in Frankreich?

Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in Frankreich im Vergleich zur Schweiz?

Was müssen Schweizer Expats über das französische Gesundheitssystem wissen?

Wie funktioniert das Schulsystem in Frankreich?

Welche steuerlichen Pflichten haben Schweizer:innen in Frankreich?

Wie kommt man in Frankreich von A nach B?

Nützliche Link

Was sind die Herausforderungen für Schweizer:innen in Frankreich?

Viele Neuankömmlinge stolpern über die Komplexität der französischen Bürokratie. Ariane Rustichelli, ehemalige Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO), nennt die häufigsten administrativen Hürden: 

  • «Die Anmeldung bei den lokalen Behörden. 
  •  Die Eröffnung eines Bankkontos in Euro, um die täglichen Finanzen zu regeln. 
  • Den Erhalt einer Sozialversicherungsnummer (Schweizer:innen mit Wohnsitz in Frankreich müssen sich dem französischen Sozialversicherungssystem anschliessen oder eine anerkannte private Versicherung abschliessen). 
  • Das französische Steuersystem: Um Fehler bei der Steuererklärung zu vermeiden, gilt es, die Regeln genau zu verstehen. Durch das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Frankreich und der Schweiz ist es zudem zentral, sich über die Steuerpflichten in beiden Ländern zu informieren. 
  • Die offizielle Anerkennung in der Schweiz erworbener Diplome: Für bestimmte reglementierte Berufe in Frankreich ist sie erforderlich – oft ein langwieriges und komplexes Verfahren.»
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Ein Hinweis für Deutschschweizer:innen und Tessiner:innen: Ohne Grundkenntnisse in Französisch wird es schnell schwierig, sich in einem Dorf zu integrieren oder Behördengänge zu erledigen. 

Zudem ist Vorsicht geboten: Manche Unternehmen und Immobilienagenturen versuchen, vom als hoch wahrgenommenen Kaufkraftniveau der Schweizer:innen zu profitieren. 

Insgesamt sei das Image der Schweiz sehr positiv, sagt Anna Lupina-Wegener, Professorin für Interkulturelles Management an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, die lange in Frankreich gelebt hat:

«Die Schweiz wird oft mit Innovation, Genauigkeit und Pünktlichkeit in Verbindung gebracht – Qualitäten, die in Frankreich in der Regel für einen positiven Empfang sorgen.” 

Anna Lupina-Wegener, Professorin für Interkulturelles Management an der ZHAW

Wie steht es um den Arbeitsmarkt in Frankreich?

Der französische Arbeitsmarkt ist dynamisch, aber auch hart umkämpft. Die Arbeitslosigkeit bleibt eine Herausforderung, insbesondere für junge Menschen und gering qualifizierte Arbeitnehmer: innen. 

Im März 2025 meldete das nationale Statistikamt (InseeExterner Link) eine Arbeitslosenquote von 7,4 % gegenüber einem EU-Durchschnitt von 6 %. Gleichzeitig herrscht in wichtigen Sektoren wie Industrie, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Landwirtschaft Arbeitskräftemangel. 

Die reguläre Wochenarbeitszeit liegt bei 35 Stunden. Der gesetzliche Mindestlohn lag 2024 bei rund 1766 Euro brutto im Monat. Laut InseeExterner Link verdienten Angestellte in der Privatwirtschaft im Jahr 2023 durchschnittlich 2730 Euro netto pro Monat (umgerechnet auf Vollzeit): Führungskräfte verdienten durchschnittlich 4570 Euro netto, Angestellte 1960 Euro und Arbeiter:innen 2030 Euro. 

Frau an Demo
Die Protestbewegung gegen die Rentenreform mobilisierte in Frankreich über Monate hinweg Millionen Menschen. Keystone / Teresa Suarez

Alle Arbeitenden haben Anspruch auf mindestens fünf Wochen bezahlte Ferien pro Jahr. Die Rechte der Arbeitnehmer:innen sind stark verankert – Frankreich gilt beim StreikrechtExterner Link als eines der liberalsten Länder der Welt. Soziale Proteste sind häufig und sorgen regelmässig für Schlagzeilen. 

Die Rentenreform, die im März 2023 höchst umstritten verabschiedet wurde, sieht eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre bis 2030 vor. Ein weiteres Sorgenkind ist das HaushaltsdefizitExterner Link: Es lag 2023 bei 5,5 Prozent des BIP, nach 4,8 Prozent im Vorjahr.  

Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in Frankreich im Vergleich zur Schweiz?

Die Lebenshaltungskosten sind je nach Region sehr unterschiedlich. Die grossen Metropolen und Grenzregionen sind deutlich teurer als Kleinstädte oder ländliche Gebiete. 

Das Wohnen beansprucht in der Regel den grössten Teil des Haushaltsbudgets. In Paris kostet der Quadratmeter Miete durchschnittlich 38,70 Euro, was einer Monatsmiete von 1311 Euro für 34 m² entspricht – rund 85 % mehr als in der Provinz, insbesondere im Zentrum und Südwesten des Landes. 

Lebensmittel sind in Frankreich durchschnittlich 60% günstiger als in der Schweiz. Gewisse Produkte wie Fleisch, Wurstwaren oder Käse kosten pro Kilogramm bis zu viermal weniger als hierzulande. 

Weitere hilfreiche Artikel zum Auswandern und Leben im Ausland finden Sie auf unserer Seite «Auswandern leicht gemacht». Offizielle Informationen des Bundes sind auf der Seite des EDA verfügbar, für weiterführende Beratungen steht die Auslandschweizer-Organisation (ASO) zur Verfügung.

Allerdings liegt der Durchschnittslohn etwa 1,7-mal tiefer als in der Schweiz – ein Grund, warum immer mehr Schweizer:innen in Grenzregionen wie Haut-Rhin, Doubs, Jura, Ain, Haute-Savoie oder Territoire de Belfort ziehen und weiterhin in der Schweiz arbeiten. So profitieren sie von den Schweizer Löhnen und dem günstigeren Lebensstandard in Frankreich. 

Wie die Französ:innen selbst ihre Lebensqualität einschätzen, zeigt das IPSOS-Barometer zu den Lebenshaltungskosten (2024)Externer Link. Einen internationalen PreisvergleichExterner Link bietet das Bundesamt für Statistik. 

Was müssen Schweizer Expats über das französische Gesundheitssystem wissen?

Einst als eines der besten Gesundheitssysteme der Welt gerühmt, steht das französische Gesundheitswesen heute unter Druck: lange Wartezeiten, Skandale in Pflegeheimen (EHPAD) und ein zunehmend ungleicher Zugang belasten das System. 

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Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Emilie Ridard

Welche Vor- und Nachteile empfinden Sie als Auslandschweizerin oder Auslandschweizer am Leben in Frankreich?

Was macht das Leben dort Ihrer Meinung nach angenehm? Was lässt Ihnen die Haare zu Berge stehen?

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Der Mangel an Pflegepersonal, verschärft durch den Widerwillen von Ärzt:innen, in ländlichen Regionen zu arbeiten, erschwert die medizinische Versorgung in vielen abgelegenen Gemeinden. 2023 gaben in einer Umfrage des Montaigne-InstitutsExterner Link über 50 % der Französ:innen an, dass der Zugang zu den benötigten Gesundheitsdiensten «kompliziert, langwierig oder unvollständig» sei.  

Gilbert Casasus, schweizerisch-französischer Doppelbürger und emeritierter Professor für Europastudien an der Universität Freiburg, relativiert:

«Das französische Sozialversicherungssystem ist sicherlich reformbedürftig, doch es garantiert der Mehrheit den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung.»

Gilbert Casasus, schweizerisch-französischer Doppelbürger und emeritierter Professor für Europastudien

Das französische System unterscheidet sich deutlich vom Schweizer Modell: Frankreich verfügt über ein universelles Gesundheitssystem. Die «Sécurité sociale» übernimmt einen grossen Teil der Gesundheitskosten, teils auch für Zahnbehandlungen und Brillen – im Gegensatz zur Schweiz. Dank der “Carte Vitale” werden Rückerstattungen oft automatisch abgewickelt, ohne dass Patient:innen eine Vorauszahlung machen müssen. 

Ob eine Schweizer Person mit Wohnsitz in Frankreich dem französischen System angeschlossen ist oder eine schweizerische Versicherung behält, hängt von ihrem persönlichen Status ab (Arbeitnehmende, Rentner:in, Grenzgänger:in etc.) Weitere Informationen finden Sie hier: 

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Wie funktioniert das Schulsystem in Frankreich?

Das französische Bildungssystem beruht auf mehreren Grundprinzipien, zu denen auch der Laizismus gehört, also die strikte Trennung von Religion und Staat. Weitere Informationen finden Sie auf dieser SeiteExterner Link. Schulpflicht besteht ab dem Alter von drei JahrenExterner Link – für alle Kinder, ob Franzosen oder Ausländer. 

«Für kleine Kinder ist das französische Schulsystem strenger und weniger autonom als das schweizerische», sagt Anna Lupina-Wegener, Professorin für Interkulturelles Management. Die öffentlichen Universitäten sind mit Jahresgebühren zwischen 200 und 600 Euro erschwinglich. Die Bildung wird grösstenteils vom Staat finanziert und es gibt zahlreiche Stipendien für Studierende. Dagegen sind die “Grandes Écoles” und Privatschulen deutlich kostspieliger. 

Das Bildungssystem setzt traditionell stark auf akademische Wege, während die Berufsbildung lange als zweite Wahl galt. Doch inzwischen hat die Berufslehre spürbar an Bedeutung und Anerkennung gewonnen. 

Mehr Informationen zu den Formalitäten rund um die Einschulung von Kindern im Ausland finden Sie hier: 

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Welche steuerlichen Pflichten haben Schweizer:innen in Frankreich?

Laut OECD-DatenExterner Link, die die Wirtschaftslage der 38 führenden Industrieländer analysieren, liegt Frankreich mit Pflichtabgaben in der Höhe von 46,1 % des BIP an der Spitze. 

Gemäss einer Umfrage derExterner Link Finanzbehörden finden drei Viertel der Befragten die Steuern zu hoch, und 67 % sind kritisch, was deren Verwendung betrifft. Zu beachten: In Frankreich wird die Einkommenssteuer an der Quelle erhoben. 

Mehr Informationen zu den steuerlichen Pflichten von Auslandschweizer:innen finden Sie in diesem Artikel: 

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Wie kommt man in Frankreich von A nach B?

Das TGV-Netz ermöglicht in Frankreich schnelle Verbindungen zwischen den wichtigsten Städten. In den Metropolen sind die Verkehrsinfrastrukturen gut ausgebaut – allerdings läuft alles weniger pünktlich und weniger eng getaktet als in der Schweiz. 

In ländlichen Regionen hingegen bleibt der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln oft eingeschränkt. Hinzu kommen regelmässige Streiks, die den Verkehr immer wieder lahmlegen. 

Die Ticketpreise sind meist günstiger als in der Schweiz. Dennoch bleibt das Auto in vielen Gegenden das wichtigste Fortbewegungsmittel. Und welche Herausforderung fällt Schweizer:innen in Frankreich besonders auf? «Die Staus», meint Anna Lupina-Wegener. 

«Eine Herausforderung für Schweizer:innen in Frankreich? Die Staus.»

Anna Lupina-Wegener, Professorin für Interkulturelles Management an der ZHAW

Hier eine Auswahl hilfreicher Links für die Schritte bei einer Auswanderung nach Frankreich sowie weitere praktische Ressourcen: 

  • InfobestExterner Link: Informations- und Beratungsplattform für grenzüberschreitende Fragen zwischen Frankreich, Schweiz und Deutschland. 

Editiert von Samuel Jaberg. 

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