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Didier Burkhalter: Sachpolitiker der Mitte

Keystone

Als erster Kandidat hatte Didier Burkhalter Anfang Juli seine Karten aufgedeckt und sich offiziell für den Bundesrat empfohlen. Der als Berufspolitiker der Mitte bekannte Neuenburger Freisinnige zeichnet sich weniger durch Charisma als durch Hartnäckigkeit in der Sache aus.

Anfang Juli gab der Vorstand der Neuenburger Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) bekannt, dass sich Didier Burkhalter um die Nachfolge von Pascal Couchepin im Bundesrat bewirbt.

Schon bevor FDP-Bundesrat Couchepin seinen Rücktritt ankündigte, galt Ständerat Burkhalter als Favorit.

Am Mittwoch ist er nun im vierten Wahlgang mit 129 Stimmen gewählt worden, gegen seinen christlichdemokratischen Konkurrenten Urs Schwaller, auf den 106 Stimmen entfielen.

Der mit 49 Jahren im Kollegium noch als jung erachtete Magistrat ist der neunte Bundesrat aus dem Kanton Neuenburg.

Die Neue Zürcher Zeitung bezeichnete Burkhalter im Juli als einen “reformorientierten Freisinnigen, wirtschaftspolitisch liberal und aussenpolitisch offen”. Er habe es mit seinem politischen Profil weder mit rechts noch mit links verdorben.

“Eher trockener Sachpolitiker”

Die NZZ zitierte aus einem Brief von Burkhalter an den FDP-Kantonalvorstand: Danach liege die Hauptaufgabe des Bundesrates erstens “in der inhaltlichen Regierungsarbeit und nicht in der vorschnellen Mediatisierung derselben” sowie zweitens “in der Suche nach tragfähigen Lösungen zum Wohle des Landes und nicht in der exzessiven Personalisierung der politischen Ideen”.

Tatsächlich kenne man Burkhalter, der 14 Jahre lang Neuenburger Stadtrat und vier Jahre Nationalrat war und seit zwei Jahren seinen Kanton im Ständerat vertritt, als eher trockenen Sachpolitiker, urteilte die NZZ.

Der Ökonom sei weder charismatische Führungsperson noch forscher Parteipolitiker, könne aber in der Sache durchaus hartnäckig sein.

Dies habe sich bei Themen wie der Sicherheitspolitik und der Regierungsreform gezeigt.

Sicherheitspolitisch habe Burkhalter seine Partei konsequent auf Reformkurs geführt (mehr Auslandeinsätze und Durchdiener zum Beispiel). Aber auch eine Beteiligung an der “Atalanta”-Piratenbekämpfung befürwortet.

Ins Sicherheits-Thema fällt auch sein Engagement bei Kindsentführungen: Als einer der Ersten setzte er sich für ein kantonsübergreifendes Alarmsystem ein.

In der Europapolitik befürworte der Neuenburger nicht den EU-Beitritt, sondern das Weitergehen des bilateralen Wegs.

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Bilaterale Abkommen

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Neues Departement

Im Parlament hat sich Burkhalter für eine grosse Regierungsreform eingesetzt: Und zwar nicht nur für ein neues Departement für Bildung beispielsweise, sondern auch für eine andere Struktur der Departemente, inklusive einer Stärkung der Rolle des Bundespräsidenten.

Über seine politische Mitte-Persönlichkeit gibt auch das Abstimmungs-Rating im Nationalrat Auskunft. In den Entscheiden von 2003 bis 2007 kommt Burkhalter auf einen Wert von 1,9.

Das positioniert den fliessend Deutsch und Englisch sprechenden Romand in der Mitte seiner freisinnigen Fraktion, deren Vizefraktionschef er ist.

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FDP.Die Liberalen

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Gründer des Schweizerischen Bundesstaates von 1848 waren die Vorfahren der Freisinnig-Demokratischen Partei Schweiz (FDP). Sie wurde offiziell erst 1894 gegründet. Bis 1891 waren ausschliesslich Freisinnige im Bundesrat und bis 1943 vertraten sie dort die Mehrheit, während vieler Legislaturen auch im Parlament. Seit 1983 hat die Wirtschaftspartei, wie sie sich bezeichnet, stetig an Wähleranteil verloren,…

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Burkhalter und die Auslandschweizer

Was seine Prioritäten für die 5. Schweiz betrifft, stellte sich Burkhalter schon Anfang September den Fragen von swissinfo.ch. Beim Budget 2008 stimmte er, wie sein Konkurrent Schwaller auch, für die Erhöhung des Bundeskredits für die Schweizer Schulen im Ausland.

Damals erklärte Burkhalter gegenüber swissinfo.ch: “Das Ziel ist nicht, die Schulen zu gefährden, sondern ihre Funktionsweise besser zu verstehen, um ihnen in den Finanzdebatten, die in den nächsten Jahren schwierig sein werden, eine stärkere Position zu sichern.”

Was das E-Voting betrifft, erkennt Burkhalter zwar wie seine Konkurrenten dessen Notwendigkeit. In dieser Frage der Vertretung der 5. Schweiz im Schweizer Parlament (Schaffung eines virtuellen “27.Kantons”) gibt er sich jedoch skeptisch.

Er findet diese von Sozialdemokraten vorgeschlagene Idee zwar interessant, ist jedoch der Meinung, es werde “nicht einfach, einen geeigneten Vorschlag zu finden, der mehrheitsfähig ist”.

Zur Erinnerung: Mit dem “27. Kanton” würde ein neuer Wahlkreis für die auf der ganzen Welt verstreuten rund 700’000 Auslandschweizer geschaffen werden. Dieser wäre eine “direkte Beteiligung der Schweizer Diaspora im Bundesparlament”, wie Burkhalter sagt.

Was das Thema der internationalen Isolation der Schweiz betrifft, meint Burkhalter: “Vor allem muss man Vertrauen in die Haltung der Schweiz haben und diese besser verteidigen und sie besser erklären.” Dabei spricht er sich für mehr diplomatische Offensiven im Ausland aus.

Alexander Künzle und Carole Wälti, swissinfo.ch

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Fünfte Schweiz

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Fünfte Schweiz bezeichnet die Gesamtheit der Schweizer Gemeinden im Ausland. Der Begriff Fünfte Schweiz nimmt Bezug auf die vier sprachregionalen Gemeinden der Schweiz (deutsch-, französisch-, italienisch- und romanischsprachige Schweiz). Über 600’000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland, der grösste Teil in Ländern der Europäischen Union. Ihre Interessen werden durch die Auslandschweizer-Organisation (ASO) vertreten.

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Didier Burkhalter ist am 17. April 1960 in Neuchâtel (Neuenburg) geboren.

Er hat drei Söhne im Alter zwischen 16 und 21 Jahren, seine Frau ist Österreicherin.

Der Berufspolitiker der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP) ist Mitglied des Ständerats, der kleinen Kammer.

Am 16. September 2009 ist der Ökonom als zweiter Freisinniger in die Regierung, das heisst in den Bundesrat gewählt worden.

Von 1988 bis 1990 sass Burkhalter in der Neuenburger Gemeinde Hauterive in der Legislative.

Von 1991 bis 2005 war er in der Stadtregierung von Neuenburg.

Von 1990 bis 2001 war er im Kantonsparlament.

Seit 2005 ist er Vize-Fraktionspräsident der FDP.

Von Dezember 2003 bis Dezember 2007 war er im Nationalrat.

Seither im Ständerat.

Der Königsweg in den Bundesrat führt immer noch durch das Parlament. Wie sein Vorgänger Pascal Couchepin hat auch Didier Burkhalter seine Sporen in den eidgenössischen Räten abverdient.

Die Bundesversammlung bleibt das bevorzugte Reservoir für Bundesräte: Von den bisherigen 112 Mitgliedern der Landesregierung seit 1848 gehörten zur Zeit der Wahl 92 einer eidgenössischen Kammer an, 59 dem Nationalrat, 33 dem Ständerat.

Bisher konnten nur 18 Kantonspolitiker und Ex-Abgeordnete in den Bundesrat einziehen. Von den amtierenden Regierungsmitgliedern schafften dies die Regierungsrätinnen Micheline Calmy-Rey und Eveline Widmer-Schlumpf. Moritz Leuenberger, Doris Leuthard und Ueli Maurer kommen aus dem Nationalrat, Hans-Rudolf Merz sass wie Burkhalter im Ständerat.

Nur gerade zwei Persönlichkeiten gelang ein echter Quereinstieg: 1961 Hans Schaffner als Direktor der Handelsabteilung und 1993 Ruth Dreifuss als Gewerkschaftsfunktionärin.

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