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Die Fünfte Schweiz tagt in Bern

Der Auslandschweizerrat zählt 148 Mitglieder aus der ganzen Welt. Keystone Archive

Der Auslandschweizer-Rat trifft sich am Samstag im Berner Bundeshaus zu einer ausserordentlichen Sitzung.

Zentrales Thema ist die politische Partizipation der Fünften Schweiz.

Seltene Gäste treffen sich ab Samstag im Saal des Nationalrats im Bundeshaus: Die Delegierten des Auslandschweizer-Rates (ASR).

Zum ersten Mal ist im vergangenen Jahr die Zahl der in Wahlregistern eingetragenen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer auf über 100’000 geklettert. Ende 2005 waren es genau 105’212.

Zahl steigt

Seit 1992 das briefliche Stimm- und Wahlrecht für die Auslandsgemeinde eingeführt wurde, ist die Zahl der Wahl- und Abstimmungsteilnehmer ständig gestiegen: Von anfänglich 14’000 auf 56’000 im Jahr 1995 und 73’000 im Jahr 2000.

Für die christlichdemokratische Nationalrätin Thérèse Meyer-Kaelin stellt die Beteiligung der Auslandschweizer am politischen Leben der Schweiz eine grosse Bereicherung dar. Am Samstag wird sie als Rednerin auftreten.

Ihrer Meinung nach muss die politische Partizipation noch weiter ausgebaut werden: “Ein elektronisches Abstimmungs- und Wahlverfahren könnte viel verbessern. Ich hoffe, dass dieses System bis zu den nationalen Wahlen von 2011 eingeführt wird.”

Passives Wahlrecht mit Schwierigkeiten

Schweizerinnen und Schweizer im Ausland können sich auch wählen lassen. Allerdings müssen sie zu diesem Zweck auf einer Liste in einem Kanton kandidieren. Da die Auslandschweizer wenig bekannt sind, haben sie kaum Chancen gewählt zu werden.

Eine Regelung wie in Italien, wo eine bestimmte Zahl von Sitzen im Parlament emigrierten Landsleuten vorbehalten ist, kennt die Schweiz nicht. “Über ein System wie in Italien haben wir schon nachgedacht, aber es ist noch nicht spruchreif”, sagt Meyer-Kaelin. Denn dazu sei eine Verfassungsänderung nötig.

Ein weiteres Thema an der Sitzung wird das Stimmverhalten der Auslandschweizer sein. “Dieses divergiert nicht systematisch von demjenigen der im Heimatland ansässigen Schweizer”, bemerkt Claude Longchamp, Leiter des auf Wahlanalysen spezialisierten Instituts gfs.bern. Auch er wird als Redner in Bern auftreten.

Zünglein an der Waage

Longchamp hat aber drei Konstanten im Wahl- und Abstimmungsverhalten der Auslandschweizer eruieren können: “Es zeigt sich ein grössere Sympathie für die EU, weniger Zustimmung für ausländerfeindliche Vorlagen oder für Verschärfungen im Asylrecht. Ausserdem zeigt sich ein stärkerer Rückhalt für eine Wirtschaft mit mehr Wettbewerb.”

Mit 100’000 Wahlberechtigten und einer Wählerbeteiligung von 65% ist der Einfluss der Auslandschweizer auf Wahlen und Abstimmungen minimal. Gleichwohl können sie das Zünglein an der Waage spielen, wie in der Abstimmung zur Volksinitiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP) gegen Missbräuche im Asylwesen.

Die Vorlage scheiterte am 24. November 2002 äusserst knapp mit 50,1% Nein-Stimmen. “Ohne die Auslandschweizer wäre die Volksinitiative angenommen worden”, sagt Longchamp.

swissinfo, Daniele Mariani
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Der Auslandschweizer-Rat (ASR) ist das höchste Organ der Auslandschweizer-Organisation (ASO).

Als “Parlament der Fünften Schweiz” zählt der ASR zur Zeit 148 Mitglieder, von denen einige auch in der Schweiz wohnen.

Aufgabe des Rats ist es, die Interessen der im Ausland lebenden Schweizer zu vertreten.

Der ASR tagt zwei Mal jährlich. Eines dieser Treffen findet zeitgleich mit dem Jahreskongress der Auslandschweizer statt.

Ende 2005 betrug die Zahl der im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer 634’216.
Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Zuwachs von 11’159 Personen.
395’397 Auslandschweizer leben in Europa
18’017 in Afrika
163’122 in Amerika
30’451 in Asien
27’229 in Ozeanien

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