The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter

Keine Toleranz für Schein-Ehen

Im Film "Green Card" endete die Schein-Heirat von Georges (Gérard Depardieu) mit wahrer Liebe - in der Realität wohl eher ein seltener Fall. swissinfo.ch

Schein-Ehen sollen mit Strafe bedroht, illegal Anwesende in Haft genommen werden. Dies will die Staatspolitische Kommission des Ständerates. Ein Vorschlag zuhanden des Parlamentes, der eine grosse Frage offen lässt: Wie sollen Schein-Ehen bewiesen werden?

Die Tricks zum Tarnen ihrer Schein-Ehe waren so charmant, dass Zuschauerinnen und Zuschauer von ganzem Herzen hofften, der Betrug würde nicht auffliegen. Die New Yorkerin Bronte und der Franzose Georges setzten im Film «Green Card» alles daran, dass Georges dank Heirat das Dokument erschleichen konnte, das ihm den Aufenthalt im fremden Land möglich machte. Obwohl der Film schon bald zu den Klassikern gehört, hat er an Aktualität nichts verloren, auch hierzulande nicht.

Rund 10’000 binationale Ehen werden jedes Jahr in der Schweiz geschlossen. Behörden begegnen den Paaren häufig mit Misstrauen, vermuten eine Scheinheirat. Eine Ehe also, die einzig dem Zweck dient, einer ausländischen Person ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu verschaffen. Wie gross der Anteil der Schein-Ehen ist, steht in den Sternen. Was hingegen bekannt ist, ist der Preis: «Eine Heirat kostet etwa 30’000 Franken», weiss Albrecht Dieffenbacher von Bundesamt für Ausländerfragen.

Ständeratskommission gegen Missbräuche

Nun schlägt die Staatspolitische Kommission vor, dagegen vorzugehen, dass der Aufenthalt in der Schweiz mit Heirat erschlichen wird. Nach geltendem Recht ist es nicht strafbar, sich durch falsche Angaben Anwesenheitsrechte zu verschaffen. Nicht strafbar sind damit auch Scheinehen. Durch eine Revision des Asyl- und Ausländerrechtes soll nun diese Gesetzeslücke geschlossen werden, meint die Kommission.

«Wie beweisen?»

Ernst Isler, Kassier des Zentralvorstandes des Schweizerischen Verbandes der Zivilstandsbeamten will zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht Stellung nehmen zum Vorschlag der ständerätlichen Kommission. Generell jedoch wünscht er, dass Schritte gegen die Scheinehe unternommen werden, schon bevor sie geschlossen wird. Wenn nun auf Scheinehe eine Strafe drohen soll, dränge sich für ihn eine Frage in den Vordergrund: «Wie wollen sie eine Scheinehe beweisen?».

Der Verband der Zivilstandsbeamten hat im letzten Jahr bei der Vereinigung der kantonalen Fremdenpolizeichefs mit einer Eingabe darauf hingewirkt, Schritte zur Bekämpfung der Scheinehen zu unternehmen. Als Zivilstandsbeamter oder -beamtin habe man oft Vermutungen, könne aber nicht handeln, meinte Isler.

Binationale Ehe mehr als Zweckverbindungen

Es ist allerdings zu einseitig, die binationale Ehe in erster Linie als eine Zweckverbindung zu sehen, die hilft, in der Schweiz das Aufenthaltsrecht zu erlangen. Dies zeigt ein von Nationalfonds unterstütztes Forschungsprojekt über die binationale Ehe. «Es gibt unzählige Gründe für Heirat, unzählige Gründe für Immigration», sagte Ethnologin Barbara Waldis bei der Präsentation der Studie. «Was im Moment der Wahl zufällig sein mag, kann im Nachhinein als Strategie gedeutet werden». Dieser Interpretationsspielraum ist Alltag für die Behörden, konkret für die Entscheide der Fremdenpolizei.

Haft für illegal Anwesende

Die ständerätliche Kommission hat neben der Scheinehe eine weitere Missbrauchs-Möglichkeit ausgemacht. Wird eine Person aufgegriffen, die seit längerer Zeit illegal im Land ist, kann sie ein Strafgesuch stellen. Was heisst dass die Person nicht in Untersuchungshaft gesetzt werden darf, um das Weisungsverfahren durchführen zu können. Sie kann untertauchen. Auch dies will die Kommission ändern: Illegal Anwesende sollen in Haft genommen werden.

swissinfo und Agenturen

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft