3’000 Tassen Nescafé pro Sekunde

Wer in diesen Tagen einen Nescafé trinkt, sollte an Max Rudolf Morgenthalter denken: Der Erfinder des wasserlöslichen Kaffeepulvers wurde vor 100 Jahren, am 20. Mai 1901, in Burgdorf geboren.
Max Rudolf Morgenthaler entstammte einem alten Bernergeschlecht. Sein Bruder war der Schriftsteller Hans Morgenthaler («Hamo»), sein Vetter der Kunstmaler Ernst Morgenthaler. Max Morgenthaler studierte Chemie in Bern und promovierte 1924. Nach Arbeiten an der Milchwirtschaftlichen und Bakteriologischen Anstalt in Liebefeld BE trat er 1929 in die Firma Nestlé ein.
Sieben Jahre Forschung
Dort erhielt er den Auftrag, eine Kaffeekonserve zu entwickeln, bei der das Aroma erhalten blieb. Die brasilianische Regierung hatte sich wegen der Kaffee-Überproduktion im Lande an das Unternehmen gewandt, wie dem «Biographischen Lexikon verstorbener Schweizer» und der Nescafé-Website zu entnehmen ist.
Nach siebenjähriger teils mühsamer Forschung (zeitweise wollte Nestlé das Projekt stoppen, weil man an seiner Durchführbarkeit zweifelte) gelang Morgenthaler 1936 der Durchbruch. Das wasserlösliche Kaffeepulver erhielt den Namen Nescafé, aus Nestlé und Café. Am 1. April 1938 wurde es auf dem Markt eingeführt. Kurz darauf entstanden Nescafé-Fabriken für die Kriegswirtschaft in den USA, Frankreich, Deutschland und England.
Stark zur Verbreitung des löslichen Getränks trugen im Zweiten Weltkrieg und danach die amerikanischen Soldaten bei: es gehörte zu ihren Verpflegungsrationen. In den Fünfziger Jahren zählte Nescafé – wie Nylonstrümpfe und Rock’n’Roll – zum Lebensgefühl der Wirtschaftswunder-Generation. Heute werden laut Nestlé-Schätzungen weltweit rund 3’000 Tassen Nescafé pro Sekunde getrunken.
Grundlage für Nestlé-Erfolg
Das Getränk war auch ein wesentlicher Faktor für die sprunghafte Entwicklung des Nestlé-Konzerns. Nestlé-Verwaltungsratspräsident M.C.J. Abegg bezeichnete 1954 den Nescafé als «eine der revolutionärsten Erfindungen des Jahrhunderts in der Lebensmittelbranche».
Morgenthaler erhielt höchste Auszeichnungen. Offenbar führten aber Meinungsverschiedenheiten über Qualitätsverminderungen zu Differenzen mit der Nestlé-Führung. Der Vater des Nescafés wurde laut dem «Biographischen Lexikon» auf anderen Gebieten eingesetzt und 1955 frühzeitig pensioniert – mit der Auflage, nicht mehr auf den Gebieten Kaffee, Tee und Cacao zu arbeiten.
Bis zu seinem Tode am 8. September 1980 lebte Morgenthaler oberhalb von Vevey im Kanton Waadt, wo er in seinem eigenen Labor forschte und sich einige Patente erwarb.
swissinfo und Agenturen

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch