Converium: Kniefall vor französischem Angebot

Nach monatelangem Abwehrkampf hat der Schweizer Rückversicherer das feindliche Übernahmeangebot des französischen Konkurrenten Scor angenommen.
Converium ist die zweite grosse Schweizer Versicherungsgruppe, die innerhalb eines Jahres in französische Hände gerät. Im Juni 2006 hatte Axa für 13 Mrd. Franken die Winterthur-Gruppe übernommen.
Entgegen früheren Beteuerungen, dass es kaum Synergie-Effekte gebe, will Converium diese nun «bestmöglich» nutzen, wie es in einer Mitteilung vom Donnerstag heisst.
Verwaltungsrat und Konzernleitung stünden hinter der aufgebesserten Übernahmeofferte des französischen Konkurrenten.
«Was heute vorliegt, ist für Sie, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, eine gute Lösung. Der Verwaltungsrat empfiehlt deshalb die neue Offerte von Scor zur Annahme», sagte Converium-Verwaltungsratspräsident Markus Dennler am Donnerstag an der Generalversammlung (GV) des Rückversicherers in Zürich.
Der Aufschlag zum Schlusskurs vom 16. Februar, bevor die Franzosen die unfreundliche Übernahmeofferte lancierten, betrage 27 Prozent, so Dennler.
Verbessertes Angebot
Die Franzosen bieten neu 0,5 eigene Aktien plus 5.50 Franken in bar je Converium-Aktie. Zudem sieht das neue Angebot vor, dass die von Converium vorgeschlagene Brutto-Dividendenauszahlung von 0.20 Franken nicht vom Kaufpreis abgezogen wird. Zuvor betrug das Angebot eine halbe neue Scor-Aktie plus 4 Franken in bar.
Der von Scor neu gebotene Kaufpreis beläuft sich nun auf 23.20 Franken je Converium-Aktie, basierend auf dem Schlusskurs der Scor-Aktie vom Mittwoch. Dies bewertet die Gesellschaft mit rund 3,4 Mrd. Franken.
Zusätzlich erhalten die Converium-Aktionäre pro angedienter Aktie einen Barbetrag von 0.66 Franken, was 50% des Betrags der pro Scor-Aktie für das Geschäftsjahr 2006 ausbezahlten Dividende entspricht.
Klage zurückgezogen
Auch aus rechtlicher Sicht sieht Converium nun offensichlich keine Probleme mehr. Der Schweizer Rückversicherer zieht die in den USA eingereichte Klage gegen Scor zurück, wie der französische Konzern gleichentags mitteilte.
Mitte April hatte Converium Scor und die Beteiligungsgesellschaft Patinex in den USA wegen angeblicher Verletzung der US-Börsengesetze verklagt. Scor habe in «ungerechtfertigter und unfairer Weise» die US-Aktionäre von Converium von der unaufgeforderten Übernahmeofferte ausgeschlossen, hiess es damals von Seiten Converiums.
Scor und Patinex, hinter der Financier Martin Ebner steht, hätten es zudem versäumt, Kauf und Besitz von Converium-Aktien angemessen offenzulegen. Ebner hatte beim Schnüren der Übernahmeofferte kräftig mitgemischt.
Keine Kapitalherabsetzung
Auch der Antrag auf eine Kapitalherabsetzung, welchen die Generalversammlung (GV) am Donnerstag absegnen sollte, wird von Converium zurückgezogen, wie Scor weiter mitteilte.
Scor schlägt der GV seinerseits vor, ihr Geschäfsleitungsmitglied Gilles Meyer in den Converium-Verwaltungsrat zu wählen.
Scor macht Zugeständnisse
Neben dem aufgebesserten Angebot ging indes auch Scor Kompromisse ein. So akzeptiert der französische Rückversicherer die Arbeitsverträge sämtlicher Mitglieder von Converium in der Schweiz während eines Jahres.
«Uns war es stets ein Anliegen, für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessene Bedingungen herauszuholen. Auch das ist uns gelungen», sagte Dennler.
Scor bekennt sich zudem zu einer starken Präsenz in Zürich und will dieses neben Paris und Köln zu einer der drei europäischen Plattformen der Gruppe machen.
Aktionäre geisseln Kniefall vor Scor
An der Converium-GV haben die Kleinaktionäre den Kniefall des Verwaltungsrates vor dem französischen Konkurrenten Scor gegeisselt. Die kurzfristige Abänderung der Traktandenliste sei nicht rechtsmässig.
Traktanden seien nur dann zulässig, wenn sie 21 Tage im voraus bekannt gemacht würden, sagte ein Kleinaktionär am Donnerstag im Zürcher Kongresshaus. Die Abstimmung über die Wahl des neuen Verwaltungsrates sei ungültig. «Ich werde den Eintrag im Handelsregister auf dem Prozessweg verhindern.»
Converium-Verwaltungsratspräsident Markus Dennler rechtfertigte die Kehrtwende, die wenige Stunden vor der GV überraschend bekannt gegeben wurde: «Wir wären gerne selbstständig geblieben.» Aber wenn jemand 33% an einem Unternehmen besitze, dann dominiere er gewisse Versammlungen.
swissinfo und Agenturen
2006 nahm Converium Brutto-Prämien von 2,4 Mrd. Fr. ein.
Der Gewinn des Rückversicherers betrug 70 Mio. Fr.
Scor kassierte 2006 Brutto-Prämien in der Höhe von 4 Mrd. Fr.
Der Gewinn belief sich auf 500 Mio. Fr. (+134% gegenüber 2005).
In den letzten Jahren waren zahlreiche Schweizer Grossunternehmen Zielscheibe ausländischer Investoren.
In den vergangenen Wochen war viel von Sulzer die Rede. Über 30% der Aktien wurden von der österreichischen Gruppe Victory und der Beteiligungs-Gesellschaft Renova des russischen Milliardärs Viktor Vekselberg aufgekauft.
Vor zwei Jahren übernahm Victory den Unaxis-Konzern (seither in OC Oerlikon umbenannt), nachdem die Österreicher zuvor heimlich ihren Aktienanteil erhöht hatten. Mittlerweilen hält auch die Renova einen Teil der Aktien.
Die österreichische Beteiligungs-Gruppe wiederholte dann ihren Trick mit dem Maschinenbau-Konzern Saurer. Zudem kaufte Victory progressiv Aktien des Telekommunikations-Unternehmens Ascom auf.
Die Schweizer Baugruppe Implenia forderte die Behörden letzten Monat auf, zu untersuchen, wie der britische Hedge-Fonds Laxey Partners heimlich mehr als einen Fünftel der Implenia-Aktien erwerben konnte.
Im Juni 2006 übernahm Axa für 13 Mrd Franken die Winterthur Versicherungs-Gruppe, eine der grössten in der Schweiz.
Die meist diskutierte Übernahme war jene der deutschen Fluggesellschaft Lufthansa, die sich Swiss einverleibte.

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