Das Jahr der Pfanne

Dem Grossverteiler Coop ist ein Marketing-Meisterstück gelungen: die Pfannen-Aktion. Über 3 Millionen wurden bisher verkauft. Damit ist wohl der Markt nachhaltig gesättigt.
Pro 10 Franken Einkauf erhalten die Kunden einen Markenpunkt. Für 30 Markenpunkte gibt es eine massiv verbilligte Qualitätspfanne.
Es begann ganz unscheinbar im vergangenen September. In sämtlichen Coop-Läden der Schweiz standen spezielle Gestelle, gefüllt mit Pfannen, die ein Schweizerkreuz auf der Verpackung trugen.
So nebenbei kriegte der Durchschnittkunde mit, dass es sich um Pfannen der bekannten Schweizer Marke SIGG handelte. Doch auf die Frage der Kassenfrau: «Sammeln sie Pfannenpunkte?», schüttelten viele den Kopf, sie dachten: «Eigentlich habe ich genug Pfannen zu Hause.»
Allmählich begannen Kolleginnen und Kollegen von ihren neuen Pfannen zu erzählen. An der Coop-Kasse spielten sich bald einmal eigenartige Szenen ab: «Nein, für 87.50 gibt es nur acht Bons», sagte die Kassenfrau schon leicht genervt. «Na gut, dann kaufe ich halt noch ein Multipack Kaugummi», so der Kunde. «Gut, jetzt kriegen Sie neun Bons.»
Als fast jede und jeder in der Schweiz jemanden kannte, der bat: «Würdest Du für mich die Pfannenbons mitnehmen, wenn du sie schon nicht selber brauchst», wurde dem Hinterletzten klar, dass da etwas Spezielles im Gange war.
Millionen von Pfannen
Für 10 Franken Einkaufswert gibt es (noch bis Ende Januar) einen Pfannenpunkt. Diesen klebt man fein säuberlich auf einen Sammelbogen. Sind die 30 Felder überklebt, kann eine Pfanne der Schweizer Marke SIGG aus dem Hause Kuhn Rikon zu einem massiv vergünstigten Preis bezogen werden. Für den Grossverteiler Coop heisst das: pro Bogen haben die Kundinnen für 300 Franken eingekauft.
Inzwischen seien – so Jörg Birnstiel, Sprecher bei Coop in Basel gegenüber swissinfo – über 3 Mio Pfannen umgesetzt worden. «Bis die Aktion endgültig fertig ist, rechnen wir gar mit 4 Mio.»
Die Aktion sei über erwarten gut gelaufen, sagt Birnstiel weiter. So gut, dass es nicht selten zu Lieferengpässen kam. Zurzeit gehen gar keine Pfannen mehr über die Ladentische. Um die Aktion sauber abzuschliessen, nimmt Coop nun die Adressen derjenigen, welche noch eine volle Bonkarte haben, auf und liefert die gewünschte Pfanne bis Mitte April nach.
Pfannen aus China
Erst glaubten (fast) alle, dass es sich um Pfannen «Made in Switzerland» handelt. Denn es prangt das grosses Schweizerkreuz auf der Verpackung.
Erst nach und nach realisierten die Kunden – die Presse und das Schweizer Fernsehen berichteten darüber – dass die Pfannen im SIGG-Werk in China hergestellt wurden. «Nach Schweizer Qualitätsvorgaben», wie Jörg Birnstiel betont.
Das hat aber der Aktion nicht geschadet. Im Gespräch mit swissinfo sagte eine Kundin in Solothurn lachend: «Wenn die Chinesen einen Menschen ins Weltall schiessen können, werden sie wohl auch in der Lage sein, eine gute Pfanne herzustellen.»
Umsatz schon, aber Mehrumsatz?
Wie es mit dem Mehrumsatz für Coop steht – nebst der Kundenbindung das zweite Ziel – kann oder will sich Birnstiel nicht festlegen. «Wenn Sie sehen, wie viele Pfannen umgesetzt werden, dann haben wir sicher auch entsprechend Umsatz gemacht», sagt er.
Coop hat 2003 einen Gesamtumsatz von 14,5 Mrd. Franken erzielt. Bei 4 Mio. Pfannen brauchten die Kundinnen und Kunden Einkäufe für 1,2 Mrd. Franken. Das macht keine 10% des Gesamtumsatzes aus. Der Mehrumsatz für Coop dürfte demnach nicht sehr gross sein. «Aber die Aktion hat uns im Gespräch gehalten», sagt Birnstiel.
Gemischte Reaktion beim Hersteller
Tatsache ist aber auch, dass der Schweizer Markt nun durch die Coop-Aktion für eine gewisse Zeit mit Qualitäts-Pfannen gesättigt wurde. Ist das dem Hersteller der Pfannen, der Firma Kuhn-Rikon, bewusst?
«Ja», sagte Wolfgang Auwärter, Verwaltungsratspräsident von Kuhn Rikon gegenüber swissinfo. «Wir sind auch nicht so unheimlich begeistert über die Aktion.»
Doch man habe gewusst, dass Coop die Aktion in jedem Fall durchziehen wollte. «So dachten wir, dann sollen die das mit unserer Firma tun, so erhalten wir wenigstens die Lizenzgebühren.» Kuhn Rikon hatte das Pfannenprogramm von SIGG im Jahre 1998 übernommen.
Auwärter gibt auch zu bedenken, dass es gar nicht möglich gewesen wäre, die jetzt umgesetzte Menge an Pfannen in der Schweiz herzustellen. Zumal es sich um eine kurzfristige Aktion von Coop gehandelt habe. «Schon für das erste Hunderttausend hätte uns der Rohstoff gefehlt», sagt Auwärter.
Fasnachtsujet
Die Aktion hat das Land bewegt. Sie hat alles, um eine der höchsten Würden der Schweiz zu erhalten, indem sie zum Fasnachtssujet wird. Die Chancen dazu stehen gut, zumal Coop seinen Hauptsitz in Basel – der Hochburg der Fasnacht – hat.
«Wir haben gehört, eine Clique wolle tatsächlich als Pfannen durch Basel ziehen», sagt Jörg Birnstiel. Und wie man die Basler an der Fasnacht kennt, wird die Pfannenaktion von bissigen Kommentaren begleitet sein.
swissinfo, Urs Maurer
In vier Monaten verkaufte der Grossverteiler Coop in der Schweiz 3 Millionen Pfannen zu einem Spezialpreis.
Der Erfolg der Aktion übertrifft die Erwartungen der Marketingstrategen.
Die Pfannen der Schweizer Marke SIGG werden in China produziert.

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