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Die Kuh macht muh

Hereinspaziert. Priscilla empfängt die Austellungsgäste. Naturmuseum Luzern

Das Naturmuseum Luzern zeigt bis Herbst 2004 eine "Viehschau " und bringt dem Besucher die Kuh ganz nahe.

Eine Herde lebensgrosser Holzkühe dienen in der Ausstellung als Trägerinnen von Informationen über ein vermeintlich bekanntes Tier.

“Die Kuh ist heute Sympathieträger für die Schweiz”, sagt Peter Herger, der Direktor des Naturmuseums Luzern, gegenüber swissinfo. Im Ausland kenne man die Milka-Kuh, auch die Lovely-Kuh sei bekannt.

Damit spricht der Museumsdirektor indirekt an, dass die Kuh für viele in der Öffentlichkeit ein Werbeprodukt geworden ist, ein Gag, der Fussball spielt oder tanzt. Mit dem wahren Rindvieh hat das alles nicht mehr viel zu tun.

Priscilla

Deshalb steht im Mittelpunkt der Ausstellung in Luzern eine “lebensechte” Kuh: Priscilla. Sie ist ein Braunvieh und wurde am 6. Europäischen Präparatoren-Wettbewerb in Dortmund ausgezeichnet. Selbstredend in der Kategorie “Best of show”, und sie erreichte Platz zwei in der Kategorie der Säugetiere.

Die ausgestopfte Priscilla steht mitten im Ausstellungsraum im Zentrum. “Damit die Kinder mal den Grössenvergleich zu einer echten Kuh kriegen”, sagt Herger.

Rund um Priscilla gruppiert sind 15 lebensgrosse “Sandwich-Kühe”. Jede Kuh steht für ein Thema. Das reicht “vom Stier zum Köfferlimuni”, der künstlichen Besamung, bis zu “The cows drama”, einem englischen Film, in dem man 35 Minuten nichts anderes sieht als den Alltag einer Kuh.

(Fast) alles über das Rindvieh

So nach und nach beginnt sich der Besucher, die Besucherin, in das Allerwelts-Thema “Rindvieh” einzuleben. Etliche Dinge nimmt nur wahrhaftig wahr, wer sich den bereitgestellten Melkstuhl umbindet und sich mal auf einem Stuhlbein vor die Kuh setzt. Erst dann kann man loslegen und am Übungsobjekt versuchen, eine Kuh zu melken.

Die Ausstellung im Luzerner Naturmuseum informiert über (fast) alles zum Thema Kuh: Abstammung, Haustierwerdung, Rassen, Körperbau, Biologie und Verhalten, was vorne reingeht und hinten rauskommt.

Dann über Milch und Milchprodukte, über Milchpolitik, Haltungsformen, Biotechnologie über “Kuhltur” und “Kuhlinarisches”.

Aber auch weniger angenehme Dinge kommen zur Sprache, wie die Länge des Dünndarms eines Rindes. Die “Darmmeter” werden übrigens sehr eindrücklich dargestellt. Da staunt der Laie.

Kuhschweizer, einst ein übles Schimpfwort

Natürlich fehlt der “Kuhschweizer” nicht, der, soviel sei aus der Ausstellung auch noch verraten, ursprünglich von einem üblen Schimpfwort abstammt.

“Kuegyer” nannte man die Schweizer, weil in gewissen Teilen der Eidgenossenschaft Melken Männersache war. Ganz im Gegensatz zum restlichen Europa, wo die Frauen die Arbeit mit dem Vieh erledigten.

“Kuegyer” war eine schlimme Beleidigung, welche die europäischen “Machos” den Schweizern nachriefen. Die Bezeichnung enthielt den Vorwurf der Sodomie, was im Mittelalter einer Todsünde gleichkam.

Später wandte sich der Begriff “Kuhschweizer” ins Positive. Verstand man darunter doch mehr und mehr den vorbildlichen Hirten aus der Schweiz.

Uristier

All das Wissen wurde von einem vierköpfigen Team unter der Leitung von Museumsdirektor Herger zusammengetragen.

Da stiess das Ausstellungs-Team auch auf den Kanton Uri, ganz in der Nähe von Luzern. Dort ist ein Stier schon längst, seit es die Eidgenossenschaft gibt, Symbol: der Uristier, das Wappentier des Kantons Uri. Bekanntlich zusammen mit Ob- und Nidwalden “Gründungsmitglied” der Schweiz.

Peter Herger, Oberhirte der Ausstellung “Viehschau – das Rind im Museum”, sagte kürzlich an der Eröffnung: “Der Stier von Uri ist die allegorische Figur für den Kanton Uri, so wie die Helvetia für die Schweiz.”

Schiller lasse den Stier von Uri gar in seinem “Wilhelm Tell” auftreten, er dürfe zwei Sätze mit drei Worten sprechen: “Hier bin ich, was soll ich”, dann werde er aufgefordert, auf seinem Harschhorn zum Sturm auf die Burgen zu blasen.

“Die Harschhörner der Urner wirkten offenbar auf die Habsburger wie Josuahs Posaunen auf Jericho, sie fielen vor Schreck um”, sagt Herger.

swissinfo, Urs Maurer, Luzern

Die Sonderausstellung “Viehschau – das Rind im Museum” dauert bis zum 17. Oktober. Sie ist, zusammen mit andern Ausstellungen, im Naturmmuseum in Luzern zu sehen.

Nicht alle Völker vertragen Milch

Der Mensch ist nicht von Natur aus ein “Milchverwerter”. Viele Menschen verlieren nach dem Säuglings- und Kleinkindalter die Fähigkeit, Milch zu verdauen.
Sie können Milchzucker nicht mehr vollständig abbauen und reagieren auf den Genuss von Milch und Milchprodukten mit Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall und Übelkeit.
Vor allem Mittel- und Nordeuropäer können dank einer Genmutation Milch, Joghurt, Käse etc. auch als Erwachsene ohne Nebenwirkungen geniessen.
Im südöstlichen Asien hingegen weist fast die ganze Bevölkerung eine Milchzucker-Unverträglichkeit (Laktose-Intoleranz) auf. Ähnlich ist die Situation in Afrika.

Aus “Rindvieh”, der Begleitbroschüre zur Ausstellung.

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