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Gestaffelte Abgabe für umweltgefährdende Emissionen

Lenkungsabgabe: Wer weniger CO2 produziert bezahlt weniger. swissinfo.ch

Der Nationalrat hat sich am Mittwoch für eine gestaffelte Einführung einer CO2-Abgabe auf Heizöl ausgesprochen.

Von den verschiedenen Varianten hat sich ein Mitte-Links-Kompromiss durchgesetzt. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen, da der Ständerat noch darüber befinden muss.

Die CO2-Abgabe auf Heizöl soll in Etappen eingeführt werden. Der Nationalrat, die grosse Kammer, hat am Mittwoch mit 110 zu 71 Stimmen einen Kompromissvorschlag der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) übernommen. Er lehnte es ab, einen Teil des Ertrags für die Energiesanierung von Gebäuden einzusetzen.

Der Nationalrat hatte die Qual der Wahl mit Anträgen, die von 0 bis 78 Franken pro Tonne Kohlendioxid gingen. Für eine Null-Lösung setzte sich die Schweizerische Volkspartei (SVP) ein, für die Maximallösung das grüne Lager. Die Freisinnig-demokratische Partei (FDP) wollte die Abgabe an den Heizölpreis binden. In einer Kaskade von sechs Abstimmungen setzte sich die CVP durch.

Klimatisches Pulverfass

Nach Meinung von FDP und SVP hat sich mit dem Anstieg des Erdölpreises das Problem der Senkung des CO2-Ausstosses von selbst gelöst. Die vorgesehene Erstattung der Abgabe via Krankenkasse – im Jahr 2008 etwa 20 Franken – bringe nur administrative Umtriebe, sagte SVP-Vertreter Hans Rutschmann.

Die Bürgerlichen hätten noch nicht begriffen, was der Treibhauseffekt bewirke, entgegnete die Grüne Franziska Teuscher: Die Schweiz sei ein klimatisches Pulverfass. Der Alpenraum werde zum lebensgefährlichen Lebensraum. Die Politik und nicht die Lobbyisten müssten die Schweiz regieren.

Glauwürdigkeit der Politik

Umwelt- und Energieminister Moritz Leuenberger erklärte, die Schweiz habe eine international eingegangene Verpflichtung einzulösen. Es gehe letztlich um die Glaubwürdigkeit der Politik überhaupt. Der CVP-Antrag auf eine etappierte Einführung der CO2-Abgabe sei ein Minimum.

Das Parlament habe mit dem CO2-Gesetz die Reduktionsziele für Emissionen aus fossilen Energien verankert, sagte Leuenberger. Damit habe es auch beschlossen, eine Abgabe einzuführen, falls die freiwilligen Anstrengungen der Wirtschaft und weitere Massnahmen nicht ausreichten.

Beginn mit drei Rappen

Gemäss Nationalratsbeschluss startet die CO2-Abgabe ab 2008 mit einem Satz von 12 Franken pro Tonne CO2 oder drei Rappen je Liter Heizöl. Der Satz wird bis auf 36 Franken erhöht, wenn der CO2-Ausstoss nicht messbar abnimmt. Der Bundesrat hatte einen Satz von 35 Franken oder 9 Rappen vorgeschlagen.

Die Schweiz hat sich im Kyoto-Protokoll verpflichtet, die Emission von sechs Treibhausgasen bis 2012 um 8% unter das Niveau von 1990 zu senken. Das Parlament hat sich vorbehalten, die Höhe der Lenkungsabgabe festzulegen. Bereits erhoben wird eine Abgabe von 1,5 Rappen auf Benzin und Diesel(Klimarappen).

Mit 144 zu 11 Stimmen lehnte der Nationalrat eine Teilzweckbindung des Abgabenertrags bis 2017 ab, wie sie seine Kommission vorgeschlagen hatte. Pro Jahr hätten vorweg jährlich 100 Millionen zur Erstellung und Sanierung von umwelt- und energiefreundlichen Bauten verwendet werden sollen.

Umweltverbände und Wirtschaft unzufrieden

Der Nationalrat hat mit seinem Entscheid zur CO2-Abgabe weder die Erwartungen der Umweltverbände noch jene der Wirtschaft erfüllt. Die Allianz für eine verantwortungsvolle Klimapolitik, der 50 verschiedene Umweltverbände, Hilfsorganisationen und Gewerkschaften angehören, sprach nach der Debatte von einem schwachen Kompromiss, der für den Klimaschutz nicht genüge.

Für den Wirtschaftsdachverband economiesuisse hingegen hat der Nationalrat über das Ziel hinausgeschossen. Der Beschluss ignoriere die hohen Ölpreise und beruhe auf einer unklaren Entscheidgrundlage, kritisierte er.

Denn die CO2-Emissionen, auf die bei der Bemessung der Abgabe nun abgestellt werden soll, könnten wegen der Lagerhaltung von Heizöl nur geschätzt werden. Eine Korrektur durch den Ständerat sei notwendig.

swissinfo und Agenturen

Bis 2010 soll die Schweiz ihre CO2-Emissionen um 10% unter die Werte von 1990 reduzieren (gemäss dem Kyoto-Protokoll)

Zwischen 2008 und 2001 müssten die CO2-Emissionen um 1,8 Mio. Tonnen pro Jahr vermindert werden.

Mit der CO2-Abgabe soll der Ausstoss von CO2 verringert werden.

Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist es für Firmen wichtig, von den Abgaben befreit zu werden.

Dazu müssen sie ihre CO2-Emissionen verringern. Über 300 Firmen haben sich bereits Reduktions-Ziele gegeben.

Es handelt sich dabei nicht um eine Steuer, sondern um eine Lenkungsabgabe (Gebühr).

Die Erträge (schätzungsweise 650 Mio. Franken jährlich) würden der Bevölkerung via Krankenversicherung und der Wirtschaft durch Unterstützung der Pensionskassen zurückgegeben.

Kürzlich hat die Umwelt-Stiftung PUSCH die Abgaben auf fossilen Brennstoffen einem europäischen Vergleich unterzogen.

Demnach hat die Schweiz die tiefsten Preise auf Heizöl und Benzin.

Auch nach der Einführung der CO2-Abgabe hätte die Schweiz europaweit die zweittiefsten Heizölpreise.

Für 1000 Liter Heizöl sind heute 7,10 Franken Abgaben zu entrichten.

In Europa variieren diese Abgaben zwischen 16 Franken (Luxemburg) und 633 Franken (Italien).

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