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Gretag Imaging am Ende

Der überschuldete Hersteller von Fotoverarbeitungs-Maschinen ist bankrott. Keystone Archive

Der Bildverarbeitungs-Konzern Gretag Imaging hat seine Bilanz deponiert. Bis zu 1000 Mitarbeitende sind betroffen, davon 400 in der Schweiz.

Der einstige Börsenstar wurde ein Opfer der digitalen Revolution.

Nach zweijährigem Existenzkampf gibt Gretag auf. Der Stellenbestand war seit 2000 um mehr als die Hälfte reduziert worden, die Banken hatten 170 Mio. Franken abgeschrieben, noch Anfang November wurde Verwaltungsrats-Präsident William J. Recker durch Felix Bagdasarjanz ersetzt.

Dem vom früheren Bührle-Manager Anfang Dezember vorgelegten Sanierungs- und Restrukturierungskonzept ist nun aber wie den früheren Umbauplänen kein Erfolg beschieden.

Der Verwaltungsrat bedauere ausserordentlich, so kurz vor Weihnachten diesen Entscheid bekannt geben zu müssen, teilte das Unternehmen am Montag wenige Stunden vor einer ausserordentlichen Generalversammlung mit. Die Mittel für die Dezembergehälter hätten noch bereitgestellt werden können.

Die Weiterführung der Geschäftstätigkeit im Konzernverbund sei nicht mehr länger zu rechtfertigen, schreibt der seit November vom ehemaligen Esec-Konzernchef Felix Bagdasarjanz präsidierte Verwaltungsrat. Er werde deshalb möglichst rasch dem zuständigen Bezirksgericht die Überschuldung anzeigen.

Teile der Gruppe, insbesondere die Gretag Imaging AG, sollen gerettet werden. Hierzu werde an verschiedenen Lösungen gearbeitet. Wie viele Stellen gerettet werden könnten, lasse sich noch nicht sagen, sagte Gretag-Finanzchef Reto Welte. Im schlimmsten Fall müssten alle rund 1000 Angestellten entlassen werden.

Auch Rosskur helfe nichts mehr

Anfang Dezember hatte Gretag eine Rosskur angekündigt. Sie wollte sich auf die Herstellung von Bildverarbeitungs-Maschinen für Grosslabors konzentrieren. Die Aktionärinnen und Aktionäre sollten an der (heutigen) ausserordentlichen Generalversammlung zudem über eine Bilanzsanierung befinden.

Ein Kapitalschnitt von 90 Prozent sowie eine Kapitalerhöhung in zwei Schritten waren vorgesehen. Die Gründungsaktionäre Eduard Brunner und Hans-Rudolf Zulliger wollten neue Aktien für 15 Mio. Franken zeichnen, falls sich keine anderen Investoren finden lassen. So sollte die Gretag dringend benötigte liquide Mittel erhalten.

Verhandlungen brachten nur Teilerfolge

In intensiven Verhandlungen mit den Gläubigern haben italienische Banken und auch der US-Fotokonzern Kodak mündlich einen teilweisen Forderungsverzicht zugesagt. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die darüber hinaus reichenden Schulden kurzfristig beglichen würden. Dazu hatte die Gretag nicht genügend liquide Mittel, wie Welte sagte.

Zudem hätten sich die Geschäftsaussichten verschlechtert. Dies hätte umfangreiche Bewertungskorrekturen von Beteiligungen, Lagerbeständen sowie Verbindlichkeiten zwischen den Gruppengesellschaften erfordert, heisst es im Communiqué.

Angesichts der komplexen finanziellen und juristischen Verflechtungen innerhalb des Konzerns sehe der Verwaltungsrat unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sowie innerhalb der kurzen, zur Verfügung stehenden Zeit keinen gangbaren Lösungsweg.

Viertelmilliarde Verlust im 2001

Gretag war seit Ende der fünfziger Jahre im Vollbesitz des Basler Spezialitätenchemie-Konzerns Ciba-Geigy. Im Sommer 1990 wurde die Gruppe über einen Management-Buyout in die Eigenständigkeit entlassen.

Im letzten Jahr schrieb die Gruppe tiefrote Zahlen. Während sich der Umsatz praktisch halbierte auf 460,7 Mio. Franken, resultierte ein Reinverlust von 285,7 Mio. Franken. Im ersten Halbjahr 2002 verringerte sich der Verlust auf 5,2 Mio. Franken.

swissinfo und Agenturen

Der Gretag-Aktienkurs fiel innerhalb eines Jahres um 95%.
Die Aktie war im Sept. 2000 407 Fr. wert, am 23. Dez. 2002 noch 0,22 Fr.
Seit Ende 2000 hat das Unternehmen über 1500 Mitarbeiter entlassen.

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