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Migros darf Denner schlucken

Migros und Denner
Auch nach der Übernahme durch Migros bleibt Denner vorerst selbständig. Keystone / Steffen Schmidt

Der Grossverteiler Migros kann den Discounter Denner übernehmen. Die Wettbewerbskommission hat die grösste Übernahme im Schweizer Detailhandel unter zahlreichen Auflagen bewilligt.


Die Wettbewerbshüter verpflichten Migros dazu, Denner während sieben Jahren selbständig zu lassen. Die Migros kritisierte die staatlichen Auflagen.

“Wir stehen solchen staatlich verordneten Einschränkungen des freien Unternehmertums kritisch gegenüber”, sagte Migros-Chef Herbert Bolliger am Dienstag. Namentlich im Detailhandel, wo der Wettbewerb spiele. Der beste Beweis dafür seien die Preissenkungen, erklärte Bolliger in Zürich.

“Allein in den letzten 18 Monaten, also seit dem Markteintritt von Aldi, sind die Lebensmittelpreise in der Migros im Schnitt um 8,4% gesunken.”

Die in diesem Fall verfügten Auflagen sollten aber die Unabhängigkeit von Denner für die nächsten Jahre sicherstellen. “Weil das ohnehin von Anfang an unsere langfristige Absicht war, werden die Auflagen die erfolgreiche Entwicklung von Denner nicht beeinträchtigen”, so Bolliger weiter.

Von Auflagen überrascht

Er sei aber “überrascht, dass es überhaupt Auflagen gegeben hat”. Denn 7 von 8 juristischen Gutachten seien positiv gewesen. Auch die Lieferanten hätten sich mehrheitlich positiv geäussert.

Störend sei, dass die meisten Auflagen für sieben Jahre gelten würden. “Eine Ewigkeit im schnelllebigen Lebensmittel-Detailhandel”, so der Migros-Chef.

Finanziell hätten die Auflagen keine Auswirkungen für die Migros. Denn die gemeinsame Beschaffung bei grossen Schweizer oder internationalen Firmen sei nicht eingeschränkt.

Für die kleinen und mittleren Lieferanten bedeuteten die Auflagen eine Strukturerhaltung. “Da habe ich zum Teil auch Verständnis”, sagte Bolliger.

Denner erleichtert

Denner-Chef Philippe Gaydoul zeigte sich erleichtert über das grüne Licht der Weko.

olitische und opportunistische, beziehungsweise populistische Überlegungen seien glücklicherweise von den Wettbewerbshütern geringer gewichtet worden als die realistischen Bewertungen der Marktentwicklung. “Dafür sind wir dankbar.”

Allerdings habe er grösste Mühe, derartige Einschränkungen zu verstehen: “Mein wirtschaftspolitisches Credo orientiert sich an den Prinzipien der freien Marktwirtschaft und der damit verbundenen Konkurrenzkultur”, so Gaydoul.

“Aber ich akzeptiere, dass wir auf Zeit mit diesen Einschränkungen leben müssen. Ich betone auf Zeit”, sagte der Denner-Chef. Wenn Aldi und Lidl ihre ehrgeizigen Expansionspläne so schnell umsetzten, wie sie sagten, fielen die Auflagen in überschaubarem Zeitraum wieder weg.

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Weko

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Wettbewerbskommission (Weko) ist dafür zuständig, dass die Schweizer Wettbewerbsregeln nicht missbraucht werden, beispielsweise von Kartellen. Sie wird von einem ständigen Sekretariat in Bern unterstützt, das verdächtige Kartelle prüft und Untersuchungen für die Kommission vornimmt. Die Weko besteht aus 15 vom Bundesrat (Landesregierung) ernannten Mitgliedern. Ihre Aktivitäten sind in drei Kammern aufgeteilt: Produktemärkte, Dienstleistungen und…

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Druck von deutschen Discountern

Der Schulterschluss zwischen Migros und Denner sei in diesem Umfeld strategisch wichtig und richtig, betonte Bolliger. Denn der Discount-Markt wachse überdurchschnittlich im Vergleich zum Rest der Lebensmittelbranche.

Gemäss Prognosen dürften die beiden deutschen Discountgiganten Aldi und Lidl in der Schweiz bis 2013 einen Umsatz von 2,2 Mrd. Franken erreichen. Die Internationalisierung des Detailhandels und der Lebensmittelbranche in der Schweiz sei also Realität. Der Wettbewerb spiele mehr denn je.

“Diese Entwicklung spüren wir Tag für Tag”, so Bolliger. Der Druck auf die Preise nehme zu. Die Margen schrumpften. Der Restrukturierungsbedarf steige.

Kooperationen seien also zwingend, um grössere Beschaffungsvolumen und damit tiefere Kosten zu erzielen. Dies gelte auch für Denner.

swissinfo und Agenturen

Migros-Zahlen 2006:
Marktanteil: 16,6%
Umsatz 20,6 Mrd. Fr.
Gewinn: 754 Millionen Fr.
Beschäftigte: 79’200
Denner-Zahlen 2006:
Marktanteil: 2,3%
Umsatz: 2,6 Mrd. Fr.
Beschäftigte: über 3000

Die genossenschaftlich organisierte Migros wurde 1925 von Gottlieb Duttweiler gegründet. Die Geschäftsidee war, den Zwischenhandel auszuschalten und die Kunden damit mit billigeren Nahrungsmitteln zu versorgen.

Migros begann mit “Duttis” legendären Verkaufswagen und richtete bereits in den 1950er-Jahren die ersten Selbstbedienungsläden ein.

Heute ist Migros nicht nur der grösste Detailhändler der Schweiz, sondern betreibt auch eigene Produktionsbetriebe, Restaurants, eine Bank, ein Tankstellennetz, eine Buch- und Medienkette, ein Reisebüro und anderes mehr. Der Migros-Konzern ist der grösste Arbeitgeber des Landes.

Auch Denner ist, wie die Migros, eng mit dem Namen eines Mannes verknüpft: Karl Schweri. Er übernahm 1951 die Mehrheit an der Import- und Grosshandels AG, die ihrerseits zuvor die 1860 gegründete Consumgesellschaft Denner & Co übernommen hatte.

Schweri war massgeblich an der Demontage des Alkohol- und Tabak-Kartells beteiligt, aber auch an der Beseitigung der Preisbindung für Markenartikel 1967. Vor 40 Jahren eröffnete er den ersten Denner-Discount in Zürich.

Karl Schweri verstarb 2001 im Alter von 84 Jahren. Ein Jahr zuvor hatte er die Führung des Konzerns seinem Enkel Philippe Gaydoul übertragen.

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