
Mit fairem Handel gegen die Armut

Fairer Handel ist gerade in der Schweiz schon lange kein Fremdwort mehr. Eine Messe in Bern soll für das Thema sensibilisieren.
Noch immer sind Hunger und Armut die grössten Probleme der Dritten Welt. Ein fairer und gerechter Welthandel sollte diese beiden Bedrohungen beseitigen können.
Die Verträge der Welthandels-Organisation (WTO) müssten mit den Anliegen der Entwicklungsländer besser in Einklang gebracht werden. Dies forderte Bundesrat Joseph Deiss am Montag an einem Symposium im Rahmen der ersten «Fair Trade Fair» in Bern.
Für mehr Fairplay im Welthandel müssten die Entwicklungsländer in der Welthandels-Organisation mehr Mitsprache haben. Weiter müsse ihnen bei der Umsetzung der WTO-Normen mehr Flexibilität eingeräumt werden, führte Deiss aus.
Denn auch nach der letzten WTO-Konferenz in Doha würden trotz der Lippenbekenntnisse immer noch ungerechte Verhältnisse vorherrschen.
Die ungleiche Verteilung des Nutzens der Globalisierung werde mehr und mehr zu einer Gefahr für eine offene Weltwirtschaft. Denn, so Deiss: «Armut ist nicht nur ein Problem der Armen.»
Der Wirtschafts-Minister wird die Schweizer Delegation an der fünften WTO-Ministerkonferenz im mexikanischen Cancún leiten.
Was kann die Schweiz tun?
Seit den 70er-Jahren sind in der Schweiz viele Weltläden und andere Nischen-Unternehmen entstanden, die sich dem fairen Handel verschrieben haben. Nach vielen Jahren im Schatten der Grossverteiler findet man heute auch in deren Regalen Fair-Trade-Produkte.
Heute steht die Schweiz an erster Stelle in Sachen fairer Handel: Schweizerinnen und Schweizer kaufen Fair-Trade-Produkte wie nirgendwo auf der Welt. Jede vierte in der Schweiz verkaufte Banane trägt bereits das Gütesiegel für fairen Handel.
«Die Schweiz ist für uns ein Modellbeispiel, wie Konsumentinnen und Regierung sich dem fairen Handel verschreiben haben», sagt Max-Havelaar-Chefin Paola Ghillani gegenüber swissinfo. Sie ist auch Präsidentin der «Fairtrade Labelling Organisation», eines Dachverbandes mit Mitgliedern aus 17 Ländern.
Wirtschaftsminister Deiss führte aus, wie der faire Handel weltweit verstärkt werden könnte: «Wir setzen uns für dieses Labelling ein, denn es erlaubt Produzenten, mit Markenprodukten auch international Erfolg zu haben», sagt er zu swissinfo.
Fairer Handel fördere bei Unternehmern das Bewusstsein, dass sich sozial- und umweltgerechtes Handeln wirtschaftlich lohnten. Der faire Handel müsse das Nischendasein überwinden.
Die WTO, multinationale Unternehmen und die Entwicklungs-Zusammenarbeit müssten daher den fairen Handel propagieren, erklärte der Bundesrat.
Schlicht besser
Am Symposium diskutierten internationale Fachleute anschliessend in Workshops Themen wie fairer Baumwollhandel, nachhaltige Geldanlagen oder Globalisierung als Bewährungsprobe für den fairen Handel.
Dass Fair-Trade-Produkte in der Schweiz nicht mehr Nischenprodukte sind, habe aber nichts mit dem sozialen Gewissen der Grossverteiler zu tun, erklärte Hans-Peter Egler, Leiter Handels- und Umwelttechnologie-Kooperation im Staatssekretariat für Wirtschaft (seco).
«Es sind gute Produkte», sagte er gegenüber swissinfo. «Viele realisieren heute, dass der faire Handel bessere Produkte anbietet, die erst noch unter besseren sozialen und ökologischen Bedingungen entstanden sind.»
Handelspolitisches Fussballspiel
Nicht nur im Konferenzlokal, auch auf den Strassen Berns war am Montag «Fair Trade» angesagt. Zahlreiche Marktstände auf dem Waisenhausplatz boten beispielsweise ihre Produkte aus fairem Handel an.
Im Bahnhof traten die Industrieländer in einem inszenierten Prominenten-Fussballspiel gegen die Entwicklungsländer an, wobei dieses Team mit schweren Schuhen, Rucksäcken und Gewichten antreten musste. Kam dazu, dass der Schiedsrichter parteiisch für die Erste Welt pfiff.
Damit solle verdeutlicht werden, dass Industrie- und Entwicklungsländer noch immer mit ungleich langen Spiessen kämpften, so die Veranstalter.
Eine Fair Trade Fair soll auch parallel zur WTO-Ministerkonferenz in Cancún vom 10. bis 14. September stattfinden.
seco-Büro vorübergehend besetzt
Eine Gruppe von etwa 15 Globalisierungskritikern besetzte am Montagmorgen das Büro des seco in Bern.
Die Gruppe kritisierte in einer Mitteilung, dass das seco als Hauptsponsor der Fair Trade Fair auftrete und gleichzeitig «neoliberale Positionen bei der WTO-Konferenz in Cancún vertritt, die alles andere als fair sind».
swissinfo, Samantha Tonkin und Christian Raaflaub
Typische Fair-Trade-Produkte:
Bananen
Schokolade
Mais
Honig
Rum
Teppiche
Fair-Trade-Produkte sind zwar rund 10 bis 20 % teurer als vergleichbare Produkte.
Dafür erhalten die Bauern in der Dritten Welt mehr als doppelt so viel, wie wenn sie ihre Produkte über den «normalen» Welthandel vertreiben.
Ausserdem werden über einen Fonds Schulen und medizinische Betreuung finanziert.

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