The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter

Presseschau vom 28.09. 2002

Treten Ruth Dreifuss und Kaspar Villiger nun gemeinsam von ihren Bundesratsämtern zurück oder doch nicht? Die Schweizer Presse hat einen Blick in die Kristallkugel geworfen.

Landwirtschaftspolitik, Arbeitslosigkeit sowie eine teutonisch-satirische Breitseite runden das Angebot ab.

Der BLICK ist sich bereits sicher: «Dreifuss geht, Villiger bleibt».

Ruth Dreifuss gebe ihren Rücktritt am Montag bekannt, Kaspar Villiger bleibe noch bis nächstes Jahr.

Der BLICK weiss auch: «Wäre Villiger mit Dreifuss gegangen, wäre das Taktieren komplizierter und unberechenbarer geworden.» Und weiter:
«Ist die Nachfolgerin von Ruth Dreifuss eine lateinische Frau, steht die FDP nicht mehr in der Pflicht, eine Frau zu nominieren. Das mindert die Wahlchancen der unbequemen Christine Egerszegi.»

Die BASLER ZEITUNG orakelt über eine eventuelle Neuverteilung der Departemente. Wirtschaftsminister Pascal Couchepin zeige Interesse für das Innendepartement.

«Durch die Gänge im Departement Dreifuss (…) halle jedenfalls schon der Alarmruf: ‚Couchepin ante portas‘.»

Milchverarbeitungs-Debakel

«Düstere Aussichten» macht die BERNER ZEITZUNG nach der Pleite von Swiss Dairy Food aus. Viele Arbeiter haben der Firma Spargelder in der Höhe von insgesamt 1,7 Mio. Franken anvertraut. Die BZ schreibt über die Sorgen der Angestellten:

«Für sie ist die Ungewissheit total. Neben der Angst um den Job müssen sie sich auch noch Sorgen um ihre Ersparnisse machen.»

Da der Bund den beteiligten Bauern mit 63 Mio. Franken unter die Arme greift, sind diese vergleichsweise gut weggekommen – bis jetzt.

«Mittel- bis langfristig können die Bauern aber auch zu den grossen Verlierern gehören: Denn sie sind auf Gedeih und Verderb von den Milchverarbeitern abhängig.»

Das ernüchternde Fazit der BZ: «Die Gefahr ist gross, dass die SDF-Pleite nicht als Chance genutzt wird. Eine wirkliche Bereinigung der Überkapazitäten ist nicht in Sicht. Es wird hart um Prestigepositionen gekämpft. Diese Entwicklung ist zu bedauern – und müsste insbesondere den Bauern zu denken geben.»

Gegen Krisen und Massenarbeitslosigkeit

Der TAGES ANZEIGER beschäftigt sich mit dem, seiner Meinung nach lädierten, Weltpolizisten, dem Internationalen Währungsfonds (IWF).

«Sinn und Zweck des IWF bestand ursprünglich darin, mit kurzfristigen Krediten Ländern in wirtschaftlichen Krisensituationen beizustehen und damit Massenarbeitslosigkeit zu verhindern.»

Die theoretischen Grundlagen des IWF stammen von John Maynard Keynes. Diese seien jedoch in den letzten 30 Jahren in Verruf geraten. Sie wurden von neoliberalen Theorien abgelöst.

Der TAGI findet, der IWF sei «nicht mehr länger eine Feuerwehr, die in Not beim Löschen hilft. Der IWF wurde zum Weltpolizisten in Sachen Globalisierung.»

In seiner Rolle als Weltpolizist ist der IWF laut TAGI «eine ideale Zielscheibe für die Bewegung der Antiglobalisierer und (…) Ökonomen».

Das TAGI-Fazit: «Es geht nicht darum, die Globalisierung zu verhindern. Es geht darum, sie sinnvoll einzusetzen.»

Satirisch ins Wochenende

Das Frankfurter Satiremagezin «Titanic» hat handstreichartig das TAGI-Magazin übernommen. Zwar nur für eine Ausgabe, aber die hat es in sich:

Dem Titel «Blatter nackt! (auf 16 Seiten zum Ausklappen)» werden die teutonischen Satiriker jedoch nicht gerecht. FIFA-Präsident Sepp Blatter wird bekleidet gezeigt, als «ein gut genährtes Erdmännchen im preisreduzierten Ausgehfell von Brioni.»

Das titanische Magazin widmet sich auch so wichtigen Themen wie: «Inkontinenz der Seele und Michael Schumacher auf Wohnungssuche in der Schweiz». Der Schweizer Kultmann «It’s cool, man» Peter Steiger kommt ebenfalls zu Wort. Ausserdem beschäftigt man sich mit Originalen und Fälschungen von Schweizer Produkten.

Auffallend ist auch ein gefälschtes «Weltwoche»-Inserat mit George Bush einmal ohne und einmal mit der Weltwoche unter dem Arm und der Frage: «Mit wem würden Sie lieber einen Angriffskrieg führen?»

Weiter ziehen die Titanic-Macher das schweizerische diplomatische Korps durch den Kakao und Kurt Felix, der als designierter Uno-Botschafter der Schweiz, im Sinn und Geist seiner berühmt-berüchtigten Fernsehsendung «Verstehen Sie Spass» das UNO-Hauptquartier beseelen will.

Felix macht auch schon eine Anspielung auf seinen Antrittsbesuch beim Generalsekretär: «Achten Sie auf Kofi Annans Hosenstall».

swissinfo, Etienne Strebel

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft