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Swissair-Prozess: Mario Corti will nicht gelogen haben

Mario Corti hat am zweiten Tag vor Gericht Kritik geübt. Keystone

Der ehemalige Konzernchef der SAirGroup, Mario Corti, hat sich am Swissair-Prozess gegen die Anklage gewehrt, die Öffentlichkeit über einen Kredit getäuscht zu haben.

Corti nutzte seinen zweiten Tag vor Gericht dazu, das Verhalten mehrerer hochrangiger Beteiligter in dieser Angelegenheit zu kritisieren.

Mario Corti hält auf der Anklagebank des Swissair-Prozesses mit Kritik nicht zurück.

Auch am Dienstag zerpflückte er die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und wies den Vorwurf der Falschaussage zum Milliardenkredit zurück.

“Ich anerkenne nichts aus dieser Anklageschrift”, betonte der letzte Swissair-Konzernchef. Sie enthalte Vermutungen und Unterstellungen und gebe die Wirklichkeit ungenügend klar wieder.

Corti hatte an der Generalversammlung der SAirGroup im April 2001 Angaben über eine Vereinbarung für einen Milliardenkredit mit den Banken Credit Suisse, Deutsche Bank und Citigroup gemacht. Definitiv abgeschlossen worden war der Kreditvertrag allerdings erst am 11. Juli 2001.

Die Staatsanwaltschaft klagt Corti in diesem Punkt wegen “unwahrer Angaben über kaufmännisches Gewerbe” an. Die Staatsanwaltschaft habe nicht richtig verstanden, wie eine Kreditlinie errichtet werde, konterte Corti diesen Anklagepunkt.

Die beteiligten Banken hätten ihn zur Mitteilung der Vereinbarung ermächtigt, sagte Corti. Er habe die Aussagen aufgrund seines damaligen Wissenstandes gemacht.

Corti wies auch die Annahme der Anklage zurück, die Bedingungen für den Kredit seien quasi unerreichbar gewesen. Allerdings räumte er ein, dass die Öffentlichkeit über die Bedingungen besser hätte informiert werden können.

Enttäuscht über UBS

Enttäuscht gab sich Corti über die Schweizer Grossbank UBS, die bei dem Kredit nicht mitmachen wollte.

Vor Cortis Amtsübernahme bei der Swissair-Gruppe habe ihm UBS-Chef Marcel Ospel noch seine Unterstützung zugesichert: “Sonst hätte ich vielleicht einige Entscheide anders getroffen”, erklärte Corti.

Ospel habe ihm damals einige Bedingungen gestellt, mit denen er “keine Probleme” gehabt habe. Neben Sanierungsbemühungen und dem Verkauf von Beteiligungen habe Ospel auch die Auswechslung von Finanzchef Georges Schorderet verlangt, der am Dienstag ebenfalls vor Gericht stand.

Ins Schussfeld Cortis geriet auch der ehemalige Crossair-Präsident Moritz Suter, der Anfang 2001 für 44 Tage die Leitung des Fluggeschäfts des SAir-Konzerns übernommen hatte. Suters schnellen Rücktritt nannte Corti “verantwortungslos”.

Suter habe den Rücktritt mit mangelnden Kompetenzen begründet; “in Tat und Wahrheit wissen wir heute (…), dass Suter auf dringende Empfehlung seines persönlichen Anwalts Professor Peter Böckli sein Mandat niedergelegt hat”, sagte Corti.

Finanzchef verweigert Aussage

Schorderet verweigerte derweil erneut die Aussage vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, Corti geholfen zu haben, die Aktionäre und Anleger über den Milliardenkredit zu täuschen.

swissinfo und Agenturen

Der Prozess findet vom 16. Januar bis am 9. März vor dem Bezirksgericht Bülach statt.

Die Verhandlungen in der 1500 Personen fassenden Stadthalle Bülach sind öffentlich.

Die Einvernahme der 19 Angeschuldigten ist bis am 5. Februar vorgesehen.

Ab 15. Februar folgen die Anklage der Staatsanwaltschaft und die Plädoyers der Verteidigung.

Die Anklageschrift umfasst 100 Seiten. Die Akten füllen 4150 Aktenordner.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat in 40’000 Arbeitsstunden mehr als 300 Personen einvernommen und 20 Haus-Durchsuchungen veranlasst.

Eine erste Version der Anklageschrift vom 30. März 2006 hat das Gericht wegen Mängeln zurückgewiesen. Die überarbeitete Anklageschrift liegt seit dem 31. Dezember 2006 vor.

Zurzeit bereitet die Staatsanwaltschaft eine weitere, zivilrechtliche Anklageschrift vor.

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