
Swissair: Teilkonkurs oder Teilrettung?

Nach einem von Krisensitzungen geprägten Wochenende beherrscht das Schicksal der angeschlagenen Swissair Group am Montag erneut die Schlagzeilen der Schweizer Presse. An der Börse wurde indessen der Handel mit Swissair und Crossair-Papieren vorläufig suspendiert.
Auch nach dem Angebot der Grossbanken UBS und Credit Swiss Group, dem maroden Konzern mit einem Überbrückungs-Kredit von einer Milliarde Franken unter die Flügel zu greifen, bleibt die Zukunft der nationalen Airline unsicher. Die Lösung läuft offenbar auf eine Auffanggesellschaft unter Führung der Crossair hinaus, doch noch sind keine Details bekannt.
«Noch nicht gerettet»,
schreibt denn auch der Kommentator des ST. GALLER TAGBLATT. Mit dem Angebot der beiden Banken sei die darbende Swissair noch längst nicht erlöst. Das Banken-Angebot sei nur ein Lösungsvorschlag, mehr nicht.
«Eine Gesamtrettung der Gruppe ist damit definitiv nicht mehr möglich. … Zumindest eines lässt hoffen: Um die Hilfe zu bekommen, musste die Swissair an diesem Wochenende alle ihre Wunden schonungslos offen legen.»
Die NEUE LUZERNER ZEITUNG titelt:
«Die Wirtschaft erfüllt ihre Pflicht.»
Und weiter:
«Also doch noch: Die Wirtschaft verkriecht sich nicht, wenn es brenzlig wird. Lange Zeit sah es nämlich am Wochenende so aus, als wollte sie den schwarzen Peter dem Bund weiterreichen. … Hätten die beiden Grossbanken nicht in letzter Minute Hand für eine Übergangslösung geboten, wäre es um die Glaubwürdigkeit der Wirtschaftselite und ihrer politischen Vertreter geschehen gewesen.»
Aus dem Schneider sei die Swissair zwar mit dem Banken-Angebot noch nicht. Aber es verschaffe zumindest etwas Luft.
Swissair ist tot
«Die Swissair ist tot»,
schreibt der Kommentator der BASLER ZEITUNG zu den letzten Tagen.
«Die Vernunft siegt. Das Erfolgskonzept der Crossair scheint national zum Durchbruch zu kommen. Also doch, die Grossbanken wollen das Fluggeschäft – und nur das Fluggeschäft – der Swissair retten.»
Durch den Überbrückungskredit sei die Krise nicht gelöst, sondern nur hinausgezögert worden. Einen Rettungsplan für die marode Gesellschaft brauche es nicht mehr, heisst es in der BASLER ZEITUNG weiter.
«Das Unternehmen Swissair ist tot, nur der Firmenname wird überleben.»
Der Berner BUND fragt:
«Rettung oder Gnadenstoss?»
Und ergänzt:
«Die Swissair-Saga ist um ein Kapitel reicher. Seit über einem Jahr macht die Fluggesellschaft negative Schlagzeilen. Die Ereignisse des Wochenendes waren noch eine Spur dramatischer.»
Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, meint aber auch der BUND und kommt auf den Bundesrat zu sprechen, der sich am Montag erneut mit der Krise und allfälliger Hilfe des Bundes an den serbelnden Konzern befassen wird.
«Crossair übernimmt Swissair»
titelt das Boulevard-Blatt BLICK und schreibt im Zusammenhang mit den Sitzungen vom Wochenende von einem
«Krimi im Bernerhof».
Für die BERNER ZEITUNG brachte der Sonntag eine «rätselhafte Wende», und die Zeitung spricht dabei die Haltung von UBS-Chef Marcel Ospel an, der sich bisher wenig gewillt zeigte, dem Swissair Konzern weiter unter die Arme zu greifen.
«Hat Ospel Angst, dass sich ein Swissair-Konkurs negativ auf das Image der Banken auswirkt? Oder wittert er letztendlich ein gutes Geschäft? Übernehmen die Banken mit dem Notkredit indirekt bei Crossair die Macht? Viele Fragen sind offen.»
«Helfer in der Not?»
fragt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG in ihrem Kommentar.
Die Befürchtung, dass der Bittgang Mario Cortis dazu führen könnte, dass der Bund der maroden Swissair unter die Flügel greifen müsse, sei vorerst nicht eingetreten. Das sei erfreulich, in letzter Minute sei eine privatwirtschaftliche Lösung gefunden worden.
«Es wäre aber verfrüht aufgrund dieser Initiative nun den Schluss ziehen zu wollen, die Schweizer Airline brauche die Unterstützung des Staates nicht mehr. Zu viel ist noch im Fluss. … Es gibt keinen Grund, von Entwarnung zu sprechen.»
Die Swissair sei noch lange nicht aus der schlimmsten Krise ihrer Existenz heraus.
Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen
Der Zürcher TAGES-ANZEIGER schreibt unter dem Titel «Die neue Sachlichkeit»:
«Die gute Nachricht lautet: Die Banken machen eine Milliarde Franken Rettungskapital für die trudelnde Swissair locker. Und die schlechte Nachricht: Mit dieser Finanzspritze wird auch das Ende der Swissair, wie wir sie bisher kannten, eingeläutet.»
Wenn die Swissair nach den Rezepten von UBS-Chef Opsel saniert werde, stehe ihr eine Rosskur bevor, schreibt die Zeitung und kommt auch darauf zu sprechen, dass die neue Sachlichkeit des UBS-Planes mehr sei als eine persönliche Niederlage für Swissair-Konzernchef Mario Corti.
«Sie bedeutet auch den Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen. Zudem ist sehr unsicher, ob der Plan juristisch überhaupt durchführbar ist.»
«UBS und Credit Suisse wollen das nationale Fluggeschäft retten, nicht Swissair», titelt die Westschweizer Zeitung LE TEMPS.
«Car l’heure est très grave. … Swissair risque la mort» – Die Stunde sei sehr ernst. … Swissair könnte sterben.
Rita Emch

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