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Besuch des Dalai Lama ärgert China

Der Dalai Lama, hier bei einem Gebet für die Opfer der Tsunami-Katastrophe im Januar. Keystone

Der Dalai Lama trifft während seines Besuchs von dieser Woche in der Schweiz auch Innenminister Pascal Couchepin. Nicht zur Freude Chinas.

Das spirituelle Oberhaupt der Tibeter betreibe «unter dem Vorwand der Religion anti-chinesische Aktivitäten», so die chinesische Botschaft in Bern.

Der Dalai Lama beehrt die Schweiz mit einem Novum: Während acht Tagen erteilt er in Zürich – und somit erstmals ausserhalb seines Exils in Indien – Unterweisungen in buddhistischer Meditation.

Der Besuch des höchsten tibetischen Würdenträgers hat aber auch politische Dimension: Der Dalai Lama wird am Donnerstag mit Bundesrat Pascal Couchepin zusammentreffen. Zwar nicht bei einem offiziellen Besuch im Bundeshaus in Bern, sondern im Rahmen einer Veranstaltung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH).

«Anti-chinesische Aktivitäten»

Das stösst der chinesischen Botschaft in Bern sauer auf: «Der Dalai Lama ist nicht eine rein religiöse Person, sondern ein Politiker, der seit langem die Teilung Chinas anstrebt und unter dem Deckmantel der Religion die nationale Einheit unterminiert», heisst es in einer Stellungnahme.

«Die Regierung Chinas lehnt entschieden sämtliche anti-chinesischen Aktivitäten des Dalai Lama und seiner Anhänger in allen Ländern ab, die auf die Teilung Chinas abzielen», so die scharfe Reaktion. Besuche oder Treffen offzieller Regierungsvertreter mit dem Dalai Lama würden deshalb nicht goutiert.

Viertes Treffen mit Bundesräten

Das Schweizer Innenministerium verteidigte das Treffen. Mit René Felber, Flavio Cotti und Ruth Dreifuss hätten bereits früher drei Mitglieder der Schweizer Regierung den Dalai Lama getroffen. Das in den Jahren 1991, 1995 und 2001.

«Die Schweiz betrachtet den Dalai Lama als spirituelles Oberhaupt der tibetisch-buddhistischen Gemeinschaft», sagte Katja Zürcher, Sprecherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI). Bundesrat Couchepin werde den Würdenträger denn auch in jener Funktion treffen.

In stetigem Kontakt

Zürcher bestätigte gegenüber swissinfo, dass die chinesischen Behörden ihre Bedenken gegen das geplante Treffen eingewendet hätten. «Die Schweiz pflegt aber regelmässigen Kontakt mit der chinesischen Seite, um unsere Position zu erklären.»

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schweiz wegen der Frage Tibets den Zorn Pekings erregt. 1999 hatte der damalige Premierminister Jiang Zemin bei seinem Besuch in Bern dem Gastgeberland wutentbrannt die Freundschaft aufgekündigt, nachdem pro-tibetische Aktivisten neben dem Bundesplatz für die Unabhängigkeit Tibets demonstriert hatten.

Couchepin in Tibet

Couchepin hatte im vergangenen Oktober als erster Schweizer Bundesrat Tibet besucht. Dabei erinnerte er die chinesischen Behörden daran, die Menschenrechte zu respektieren.

Der Dalai Lama war 1959 aus Tibet geflüchtet. 30 Jahre später wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Damit wurden seine Verdienste um eine gewaltfreie Befreiung Tibets von der chinesischen Besatzung geehrt.

Kulturelle und religiöse Autonomie

Zum Auftakt seines Besuchs in der Schweiz sprach der Dalai Lama von drei Verpflichtungen seines Lebens. Die erste sei es, der Menschheit und der Welt zu dienen. Er versuche, innere Werte wie Mitgefühl, Toleranz oder Frieden zu fördern. Als zweite Verpflichtung nannte er die Förderung der Harmonie zwischen den verschiedenen religiösen Traditionen.

Die dritte Verpflichtung gelte dem Wohlergehen des tibetischen Volkes. «Es geht nicht um eine Separation von China», präzisierte der Dalai Lama. Er kämpfe für die kulturelle und religiöse Autonomie Tibets. Er bedankte sich für die politische Unterstützung aus der Schweiz, die trotz der Macht Chinas sehr hilfreich sei.

Die Unterweisungen des Dalai Lama in Zürich werden vom 5. bis 12. August stattfinden. Auf dem Programm stehen neben dem Treffen mit Couchepin ein interreligiöses Symposium in Einsiedeln, ein neurowissenschaftlicher Kongress an der Universität Zürich sowie ein Abstecher zum tibetischen Kloster in Rikon.

swissinfo, Matthew Allen in Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Die Schweiz beherbergt die mit 3000 Personen drittgrösste Tibeter-Gemeinde auf der Welt.
Der Dalai Lama wurde 1935 als Lhamo Dhondrub im Dorf Taktser im Nordosten Tibets geboren.

China ist über das geplante Treffen des Dalai Lama mit Bundesrat Pascal Couchepin im Rahmen eines Symposiums an der ETH Zürich erzürnt.

Das geistige Oberhaupt der Tibeter wird in Zürich Unterweisungen in der Lehre Buddhas abhalten. Sie dauern vom 5. bis 12. August.

Er wird insbesondere über zwei seiner Lieblingstexte der buddhistischen Philosophie sprechen.

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