Parkplätze – eine bedrohte Art

Die Frage, wo Autos hingestellt werden dürfen, beschäftigt alle Schweizer Städte. Überall geht die Tendenz in Richtung einer Beschränkung. Besonders in der deutschsprachigen Schweiz erhält das Konzept "autoarmes Wohnen" Rückenwind.
Ein «Ja» in den Urnen hätte Basel vom Rest der Schweizer Städte isoliert und dem «Öko-Image» der Stadt am Rhein, die für ihre weitentwickelten Velo-Infrastrukturen bekannt ist, einen Dämpfer versetzt.
Eine Volksinitiative hatte verlangt, ausserhalb des historischen Zentrums Parkplätze auf privaten Grundstücken völlig uneingeschränkt erstellen zu dürfen.
Doch Anfang Februar hat das Basler Stimmvolk die so genannte «Parkraum-Initiative» klar bachab geschickt, mit fast zwei Dritteln der Stimmen.
Das Volksbegehren widersprach den allgemeinen Bestrebungen in der Schweiz, den motorisierten Privatverkehr in den Stadtzentren durch die Reduzierung der Anzahl Parkmöglichkeiten zu vermindern.
«Parkieren ist eine der grossen Herausforderungen, um die Mobilitätsprobleme zu lösen», sagt Gianluigi Giacomel, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Mobilitäts-Observatorium der Universität Genf.
«Viele Studien haben ergeben, dass man eher mit dem Auto fährt, wenn man weiss, dass am Ziel der Reise ein Parkplatz zur Verfügung steht.»
Daher haben die Schweizer Städte seit Beginn der 1990er-Jahre mit der Reduktion des Parkplatz-Angebots begonnen, oder sie haben die weissen Zonen (gratis und unlimitiertes Parkieren erlaubt) in blaue Zonen (Parkieren für maximal 1½ Stunden erlaubt) umgewandelt oder eine Parkuhr dazugestellt.
Immer weniger
Dabei nimmt die Tendenz zu weniger Parkplätzen weiter zu: So haben etwa Zürich, Winterthur und Schaffhausen kürzlich ihre Parkplatzverordnungen in diesem Sinn geändert. Genf dürfte seinen Masterplan in diesem Bereich bald abschliessen.
Basel ist noch eine der wenigen grossen Deutschschweizer Städte, die über zahlreiche weisse Zonen verfügt (12%). Doch die Situation wird sich bald ändern: Gemäss einer neuen Parkplatzverordnung sollen die verbleibenden Parkplätze bis 2016 Schritt für Schritt abgebaut werden.
Gesperrte Rheinbrücke
Die spektakulärste Änderung betrifft die «Mittlere Brücke». Die älteste Brücke über den Rhein zwischen dem Bodensee und der Nordsee, nahe der Anlegestelle der Fähre, wird für alle Fahrzeuge geschlossen, ausser zu Anlieferungszeiten.
«Das ist ein symbolträchtiger Schritt, der das Stadtzentrum verändern wird. Velos werden auf einigen Achsen passieren können, Autos aber nicht mehr», sagt Alain Groff, Leiter des Ressorts Verkehr im Kanton Basel-Stadt.
Was das Parkieren betrifft, will Zürich, bereits die restriktivste aller Städte, bereits die nächste Stufe in Angriff nehmen. Vorausgesetzt, ein Rekurs gegen die neue Verordnung betreffend Parkieren auf privatem Grund wird abgelehnt.
Die öffentlichen Parkplätze im historischen Zentrum Zürichs hingegen sind das Objekt eines «historischen Kompromisses» unter den Geschäften und der Stadt. Dieser sieht eine gewisse Kompensation von aufgehobenen Parkplätzen in Parkhäusern vor.
Ausnahmen möglich
Zürich dürfte auch die erste Stadt sein, die das Konzept des «autoarmen Wohnens», das gegenwärtig in der Deutschschweiz als der letzte Schrei gilt, in einem Gesetzestext festgehalten hat.
Auch wenn diese Anordnung in jener Verordnung festgeschrieben ist, die derzeit noch unter Rekurs steht, könne sie bereits angewendet werden, sagt Erich Willi vom Zürcher Tiefbauamt, Projektleiter bei der Verkehrsplanung und zuständig für das Parkplatzkonzept.
Winterthur hat ein ähnliches Konzept gutgeheissen, und Bern hat es bei einem Immobilienprojekt ausnahmsweise erlaubt. In der Deutschschweiz hat fast die Hälfte aller Haushalte kein Auto.
Die Nachfrage nach Ausnahmeregelungen für «autoarmes Wohnen» nimmt zu. Um akzeptiert zu werden, müssen sie von einem Mobilitätskonzept begleitet sein. Willi erwähnt als Beispiel eine neue Wohnsiedlung, derzeit im Bau, wo «ein Teil der Kosten des Abonnements für die öffentlichen Verkehrsmittel in der Miete eingeschlossen sein wird. Diese Genossenschaft wird auch teure Parkplätze anbieten, das heisst, teurer als im Normalfall».
Wohnen ohne Auto
Noch weiter geht eine Genossenschaft im Zentrum der Stadt Zürich: Sie wird im Mietvertrag von ihren Kunden die Bestätigung verlangen, dass sie kein Auto besitzen. Das in dieser Siedlung geplante Restaurant will dies auch von seinen Angestellten verlangen.
Alain Groff plädiert entschieden für eine proaktive Politik: «Ich glaube nicht allzu sehr an die Überzeugungskraft von Sensibilisierungs-Kampagnen. Die Leute denken rational: Sie entscheiden sich für das vorteilhafteste und praktischste Verkehrsmittel. Die Schweizer sind nicht unbedingt ökologischer als andere, aber sie können auf ein öffentliches Verkehrsnetz von hoher Qualität zählen. Überall reagieren die Leute auf Restriktionen, wie beispielsweise bei den Parkplätzen.»
Zunehmender Verkehr bei einer Erhöhung des Angebots an Parkplätzen ist jedoch ein Phänomen, das nicht nur bei den Autos zu beobachten ist: «Je mehr Plätze es für Velos gibt, desto mehr müssen wir nach Möglichkeiten suchen, um deren Anzahl in den Griff zu bekommen, denn es werden immer mehr», so Groff.
Daher hat Basel nun die maximale Parkdauer für Velos, die auf den Parkplätzen um den Hauptbahnhof abgestellt werden, auf 10 Tage beschränkt.
Laut einem Vergleich der Winterthurer Behörden im Januar 2011 zwischen Winterthur, Zürich, Basel, Luzern und Bern ist Zürich die restriktivste Stadt, was Parkplätze betrifft.
In fast allen der untersuchten Kategorien von Parkplätzen auf privatem Grund (Wohnen, Dienstleistungen und Lebensmittel-Geschäfte) bot Zürich am wenigsten Parkplätze an.
Einzig Luzern bietet im Bereich Lebensmittelgeschäfte noch weniger Parkplätze an.
Was Wohnbereiche betrifft, erlaubt Zürich maximal 14 Plätze für die grösste in der Untersuchung berücksichtigte Fläche (die Quadratmeterzahl wurde im Vergleich nicht erwähnt), Basel 19, Luzern 21, Winterthur 23 und Bern 24.
Im Bereich Dienstleistungen (auch hier in der Kategorie der grössten Fläche) erlaubt Zürich 32 Plätze, Basel 37, Bern 38, Luzern 48 und Winterthur 60.
Bei Lebensmittelgeschäften sind in Luzern auf der grössten Fläche 14 Parkplätze erlaubt, Zürich erlaubt 16, Winterthur 37, Bern 46 und Basel 51.
Bleibt anzumerken, dass gegen die neue Parkplatzverordnung in Zürich momentan noch ein Rekurs hängig ist.
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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