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Bob Dylan am Rheinknie

Bob Dylan, Mann der Texte und Töne, nicht der grossen Show. Keystone

Auf seiner Tournee, die als "never ending" bezeichnet wird und seit Ende der 80er Jahre andauert, beehrt der Altmeister wieder einmal die Schweiz. Am 14. April spielt Dylan in der St. Jakobshalle in Basel.

Über Bob Dylan kann eigentlich niemand mehr etwas schreiben, weil schon mehr als alles geschrieben, gefilmt, dokumentiert, aufgenommen und veröffentlicht wurde. Und doch tun es alle.

Dabei fällt auf, die Mehrheit der Dylanologen beschäftigt sich mit den Äusserungen, den Texten und der Poesie von Dylan. Deshalb wird seit Jahren versucht, Bob Dylan für den Literatur-Nobelpreis zu nominieren.

Hits für die andern

Allerdings, der viel Geehrte wird in Basel keine Vorlesung halten, sondern Musik machen. Er ist nämlich auch Musiker.

Adrian König, Gymnasiallehrer und eingefleischter Dylanfan seit den ersten Tagen, sagt gegenüber swissinfo: “Es stimmt, die ersten rund zehn Jahre seines Schaffens hat mich seine Musik überhaupt nicht interessiert. Ich glaube fast, ich habe sie damals gar nicht wahrgenommen. Erst Mitte der 70er Jahre, mit der Rolling Thunder Revue, entdeckte ich auch den Musiker und Komponisten in Dylan.”

Dabei hat Dylan seit Anbeginn seiner Karriere einzigartige Melodien geschrieben. Aber irgendwie erinnert er an den heute völlig vergessenen Singer/Songwriter John D. Loudermilk, der in den 60ern ebenfalls tolle Songs schrieb und von dem es damals hiess: er könne seine Lieder einfach nicht interpretieren. Andere hatten aber riesigen Erfolg mit Loudermilk-Songs. Zum Beispiel Don Fardons Version von “Indian Reservation” – ein Welthit 1968.

Wie Loudermilk so Bob Dylan. Seine Kompositionen wurden in dieser Zeit Riesenhits für andere. Wer kennt sie nicht: Die Byrds mit “Mister Tambourine Man” oder Manfred Mann mit “Mighty Quinn”. Was wäre Van Morrison und seine Band Them ohne das einzigartige “It’s All Over Now Baby Blue”? Zum Glück haben sie sie übernommen, denn Dylans Versionen sind, gelinde gesagt, wenig erbauend.

Wigwam – ein “la-la-Song”

Kurz: Dylan-Songs wurden unzählige Male gecovert. Die Internetseite DylanCover.com listet allein für “Knocking On Heavens Door” über 500 Versionen auf.

Dass Bob Dylan auch Musik macht, hat die Welt zum ersten Mal wahrgenommen, als er seine akustische Gitarre mit der elektrischen vertauschte.

An einem Konzert in Manchester 1966 erschall der mittlerweile legendäre Ruf “Judas” zu Dylan auf die Bühne. Die Puristen konnten sich einfach nicht daran gewöhnen, dass ihr Idol eine Begleitband um sich scharte und auch laute Musik machen wollte.

Dylan selber hat sich wohl einen Spass daraus gemacht und die Textlastigkeit seiner Fans auf die Schippe genommen und einen seiner schönsten Songs mit gar keinem Text versehen.

Kein Instrumental sondern ein simpler “la-la-Song” ist das heute fast vergessene “Wigwam” geworden. Ein Lied, das eigentlich in die Gesangsbücher der Schulen gehört.

Texte und Musik werden eins

Zunehmend hat auch Dylan selber die Qualität seiner Interpretationen gesteigert und gute Musiker um sich geschart. Übrigens, der immer wieder auf den Platten aufgeführte Produzent Jack Frost ist Dylan selber.

Dylans Musik hat sich der Qualität seiner Texte angenähert. Wer sich “The Levees Gonna Break” auf der CD “Modern Times” (2006) zu Gemüte führt, kann sich selber davon überzeugen.

Hier sind Text und Musik eins geworden. Ob es ein Lied ist über die Flutkatastrophe in New Orleans sei dahingestellt.

Der Rätselhafte

Dieser Bob Dylan, mittlerweile 67 Jahre alt geworden (was ihm angeblich zu schaffen macht, wie den meisten die älter werden), tritt nun am 14. April in Basel auf.

Das wird keine lodernde Bühnenshow werden. Dylan-Konzerte sind ruhige Angelegenheiten. Zuerst wird eine Art Lebenslauf verlesen, dann beginnt die Band ihr Spiel und Bob tritt dazu. Wenn es hoch kommt, nuschelt er den ersten Titel ins Mikrofon und dann geht es los. Song für Song. Fotografiert darf nicht werden.

Dylan selber wird seinen Kopf hinter einem Hut verbergen und das Publikum wird – wie eh und je – versuchen, zu erraten, was Dylan denn nun genau spielt. Er liebt es seine Songs so zu verfremden, dass die Identifikation in der Regel nicht auf Anhieb gelingt.

Das hat bei ihm Methode. Was er genau meinte, galt es immer zu interpretieren. Rätselhaftigkeit als Charakter oder Masche? Bob Dylan hat selten (einige finden sogar nie) ganz klar Stellung bezogen. So etwa wie Country Joe and the Fish.

swissinfo, Urs Maurer

Bob Dylan – keyb, gtr, harp
Tony Garnier – bass
George G. Receli – dr
Stu Kimball – rhythm gtr
Denny Freeman – lead gtr
Donnie Herron – steel gtr, violin, viola, banjo, mandolin

Bob Dylan spielt nicht an jedem Konzert die selben Songs.

Die Setliste vom Konzert in Hannover am 31. März 2009 gibt einen Hinweis auch für Basel.

Leopard-Skin Pill-Box Hat (Blonde on Blonde, 1966

The Man In Me (New Morning, 1970)

Just Like Tom Thumb’s Blues (Highway 61 Revisited, 1965)

Chimes Of Freedom (Another Side of Bob Dylan, 1964)

The Levee’s Gonna Break (Modern Times, 2006)

Sugar Baby (Love And Theft, 2001)

John Brown (MTV Unplugged 1995)

Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again (Blonde on Blonde, 1966)

Masters Of War (The Freewheelin’ Bob Dylan, 1963)

Shooting Star (MTV Unplugged 1995)

Highway 61 Revisited (Highway 61 Revisited, 1965)

Nettie Moore (Modern Times, 2006)

Summer Days (Love And Theft, 2001)

Like A Rolling Stone (Highway 61 Revisited, 1965)

All Along The Watchtower (John Wesley Harding, 1967)

Dignity (Bob Dylan’s Greatest Hits III, 1994)

Thunder On The Mountain (Modern Times, 2006)

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