
Mit der UNO in den Abstimmungskampf

Die Schweiz bleibt auch als Mitglied der UNO neutral, hält der Bundesrat im bereits veröffentlichten Beitrittsgesuch fest. Doch die politische Rechte lässt sich damit nicht besänftigen, sie bereitet sich auf einen erbitterten Abstimmungskampf vor.
Vier von zehn Sätzen im UNO-Beitrittsgesuch des Bundesrates halten fest an der Neutralität der Schweiz bei einem allfälligen Beitritt: Die Bundesversammlung und die Regierung erhalten die Aufgabe, die Massnahmen zur Wahrung der Neutralität zu treffen; der neutrale Status der Schweiz sei im Völkerrecht verankert; die Neutralität sei mit der UNO-Charta vereinbar. Ganz unmissverständlich: «Die Schweiz bleibt auch als Mitglied der Vereinten Nationen neutral.»
Die frühe Veröffentlichung des Beitrittsgesuchs soll es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, in voller Kenntnis der Sache zu entscheiden, verlautete aus dem Bundesrat. Mit der Festsetzung des Urnengangs hat der Bundesrat laut Aussenminister Joseph Deiss die Kampagne offiziell lanciert.
Der Bundesrat habe die Erklärung von seinen Spezialisten prüfen lassen und auch mit der UNO Kontakt aufgenommen. Es sei aber ausser Diskussion gestanden, sich die schweizerische Neutralität von der UNO «homologieren» zu lassen.
Deiss rechnet mit Mitgliedschaft Herbst 2002
Der UNO-Beitritt stelle die Neutralität nicht in Frage, sagte Deiss auch vor dem Hintergrund der US-Militärschläge gegen Afghanistan. Hier gehe es nicht um einen Krieg zwischen zwei Staaten, sondern um den Kampf gegen den Terrorismus. Wenn die UNO mit 189 zu 0 Stimmen eine Resolution verabschiede, könne sich die Schweiz nicht distanzieren: «Gegenüber dem Terrorismus sind wir nicht neutral.»
Deiss rechnet damit, dass die Aufnahme der Schweiz im Herbst 2002 besiegelt wird.
Bundesrat engagiert sich: 1,2 Millionen bereitgestellt
Die Kampagne für den UNO-Beitritt werde von den Parteien und Organisationen zu führen sein, sagte Deiss. Auch alle Mitglieder des Bundesrates stünden mit Überzeugung hinter dem Ziel und würden sich dafür engagieren – so auch in einer landesweiten Diskussion über die Neutralitätsdebatte, wie sie der Ständerat mit einem Postulat angeregt hat.
Die Verwaltung wird nach Auskunft von Deiss nicht in die Kampagne eingreifen. Sie soll aber für Informationen zur Verfügung stehen. Dafür seien im Budget 1,2 Mio. Franken eingestellt.
SVP: Abstimmungs-Nein ab 24. November erkämpfen
Für die Schweizerische Volkspartei (SVP) ist das Beitrittsgesuch des Bundesrates nicht konkret genug: «Die schönen Worte werden keine Auswirkungen haben. Nach unserer Überzeugung ist die Neutralität nicht mit der UNO-Charta vereinbar», erklärt SVP-Pressesprecher Yves Bichsel gegenüber swissinfo.
Die SVP ist dagegen, dass sich die Schweiz beispielsweise allen Wirtschafts-Sanktionen anschliessen müsste. «Die fünf ständigen Mitgliedsstaaten im Sicherheitsrat werden immer ihre Interessen durchsetzen», gibt Bichsel zu bedenken.
Darum will die SVP mit der Parolen-Fassung am 24. November in Luzern den Abstimmungs-Kampf beginnen. Wird es wieder ein emotionales Plakat-Sujet geben? SVP-Sprecher Bichsel: «Sicher werden wir unsere Haltung zum Ausdruck bringen und die Gegner werden uns wieder mit der Karte der politischen Korrektheit angreifen.»
AUNS mit neuem Komitee
Ebenfalls kämpferisch tönt es von der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS). Nationalrat und AUNS-Geschäftsführer Hans Fehr gegenüber swissinfo: «Das Beitrittsgesuch ist Bauernfängerei. Je öfter der Bundesrat die Neutraltität deklamiert, desto weiter hat er sich innerlich davon verabschiedet.» So werde zum Beispiel nicht zwischen der schweizerischen Neutralität und derjenigen von Finnland oder Österreich unterschieden. «Für uns ist das Gesuch ein Wisch für den Papierkorb», sagt Fehr.
Darum hat die AUNS ein überparteiliches Abstimmungs-Komitee gegründet -das «Schweizerisches Aktionskomitee gegen den Beitritt zur politischen UNO». Das Geld für den Abstimmungs-Kampf sei zwar noch nicht zusammen; aber der Aufbau laufe, versichert Fehr. «Für uns ist die Preisgabe der Neutralität durch den Bundesrat ein gefundenes Fressen.»
Philippe Kropf und Agenturen

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