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Morde und Vergiftung wegen Goldabbau

Daniel Owusu-Koranteng aus Ghana bei der Verleihung des Public Eye Awards in Davos. swissinfo.ch

Die Gewinner der zwei Schmähpreise, die von der Erklärung von Bern und von Greenpeace an den Public Eye Awards in Davos Dorf vergeben werden, sind die Unternehmen Neste Oil und Anglo Gold Ashanti.

“Eines idealen Tages wird es die Public Eye Awards nicht mehr brauchen”, sagte Oliver Classen, der Organisator des Events von der Erklärung von Bern (EvB) an der Medienkonferenz, an der die Gewinner der zwei Schmähpreise vorgestellt wurden.

“Nämlich dann, wenn die Unternehmen ihre Verantwortung selbst wahrnehmen.” Doch zur Zeit brauche es die öffentliche Aufmerksamkeit mehr denn je.

Die diesjährigen Gewinner der zwei Schmähpreise seien gute Beispiele dafür, meinte Classen. Nicht zu vergessen sei jedoch, dass es sich bei den Unternehmen nur um einzelne Beispiele, stellvertretend für viele andere, handle.

Dass die Public Eye Awards dieses Jahr nicht an einem öffentlichen Anlass, sondern nur an einem Medienevent vergeben werden, habe damit dazu tun, dass die Mittel der Erklärung von Bern und von Greenpeace weit weniger als ein Tausendstel der 140 Millionen Franken betragen, die das World Economic Forum (WEF) als Budget ausweise.

Der grösste Teil des Budgets sei in die Online-Abstimmung geflossen, an der sich über 53’000 Personen beteiligt haben, ein Rekord. Mehr als doppelt so viele Leute hätten sich beteiligt als letztes Jahr, hiess es.

Gift und Mord

Bei dem Gewinner des Public Eye Jury Awards, der Firma Anglo Gold Ashanti, handelt es sich um einen Bergbaukonzern, der in Ghana Gold abbaut und dabei die Umwelt und die Menschen in Mitleidenschaft zieht.

Gemeldet wurde die Firma dem Public Eye von der ghanesischen Nichtregierungs-Organisation Wacam. Der Geschäftsführer von Wacam, Daniel Owusu-Koranteng, begründete an der Medienkonferenz, warum der Konzern in die Kritik geraten war.

“Trotz hohen Preisen für Mineralien wie Gold, die unter den multinationalen Bergbaukonzernen einen wahren Run auf unsere Rohstoffe ausgelöst haben, ist Ghana nach wie vor ein armes Land.”

Laut Schätzungen lebten fast 80 Prozent der Einwohner von weniger als 2 Dollar pro Tag. Ghana ist trotz Rohstoffreichtum ein Entwicklungsland.

Täglich werden von Anglo Gold Ashanti 30 Kilo Gold gefördert; dafür müssen 6000 Tonnen Gestein abgebaut werden. Das Gestein wird gemahlen und in Tanks mit Zyanid vermischt. Die giftigen Minenabfälle lagern in grossen Seen, vergiften Flüsse, Brunnen und ganze Dörfer, die dieses Wasser trinken.

Doch nicht nur das: laut Owusu-Koranteng werden “Verdächtige” auf dem Minengelände von Kampfhunden getötet oder in betriebseigenen Arrestzellen gefoltert.

Am Vortag der Verleihung, erzählte Owusu-Koranteng, sei er vom Anglo-Gold-Ashanti-Konzern angerufen worden. Sie hätten versucht zu verhindern, dass ihnen dieser Schmähpreis verliehen werde.

Denn obwohl die Public Eye Awards kein grosses Budget haben, werden sie international beachtet. Dies zeigte auch die Anwesenheit der internationalen Medien an der Pressekonferenz.

Biodiesel: Nicht immer Bio

Gewinner des Schmähpreises (People’s Award), den die Internet-Öffentlichkeit vergeben hat, ist der finnische Energiekonzern Neste Oil. Neste Oil ist weltweit der grösste Anbieter von so genanntem Biodiesel. Dieser Diesel jedoch stammt zum grössten Teil aus abgeholzten indonesischen und malaysischen Regenwäldern. Dort leben die letzten vom Aussterben bedrohten Orang Utans.

Obwohl dieser Diesel nicht nachhaltig ist – er sei sogar klimaschädlicher als herkömmliches Benzin, schreibt die EvB – wurde Neste Oil mit mehreren Nachhaltigkeitslabeln ausgezeichnet. Einen Tag vor der Public Eye Award-Verüffentlichung hat sich die finnische Fluggesellschaft Finnair von einem Projekt mit Neste-Kerosin distanziert.

UNO-Sonderbeauftragter

Wie der Experte der Erklärung von Bern, Andreas Missbach, erklärte, existiert seit 2005 ein UNO-Sonderbeauftragter für Unternehmen und Menschenrechte, John Ruggie.

Die Verantwortung der Unternehmen besteht darin, die Rechte anderer nicht zu verletzen, wurde Ruggie von Missbach zitiert. In seinem Bericht an den Menschenrechtsrat von 2010 habe Ruggie unmissverständlich festgehalten, dass nur wenige Unternehmen ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten glaubwürdig umsetzen und dies auch belegen könnten.

Die Public Eye Awards sind so genannte Schmähpreise, die an unverantwortlich handelnde nationale oder internationale Konzerne verliehen werden.

Die Verleihung der Preise will einen Gegenpol zum World Economic Forum (WEF) bilden und die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren, dass Firmen der Umwelt und den Menschen gegenüber in der Verantwortung stehen.

Einer der Preise wird von der Internet-Community vergeben, der andere von einer Jury.

Die Verleihung der Public Eye Awards wird von den Nichtregierungs-Organisationen Erklärung von Bern (EvB) und Greenpeace veranstaltet.

Nach der Verleihung der Public Eye Awards in Davos trat der Mitbegründer der neuen Whistleblower-Plattform OpenLeaks, Daniel Domscheit-Berg, vor die Medien und erklärte, wie die Plattform funktionieren sollte.

Domscheit-Berg war bis vor kurzem Sprecher des deutschen Ablegers der Enthüllungs-Plattform Wikileaks.

Es gehe ebenfalls darum, mehr Transparenz und Ethik bei den Firmen zu erreichen, sagte er.

Im Erfolg des digitalen Whistleblowings sieht Domscheit-Berg ein Signal an die Wirtschaftswelt.

“Wer Transparenz nicht proaktiv etabliert, läuft zunehmend Gefahr, dass sie von unten durch Whistleblower geschaffen wird”, sagte er.

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