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Dem Image der Schweiz einen positiven Drall geben

Mit neuester Technologie erfasst die Schweiz, wie sie in ausländischen Medien wahrgenommen wird. Keystone

Käse und Roger Federer, Steuerflucht und Minarett-Verbot. Welche Themen des sozialen und politischen Diskurses der Schweiz werden im Ausland wahrgenommen? Und wie geht die Regierung gegen Falschinformationen in der ausländischen Presse vor?

Mit dem Ziel, ein positives Bild der Schweiz im Ausland abzugeben, setzt die Bundesagentur Präsenz Schweiz seit kurzem neuste Technik ein.

Mit einem Programm – von einer Firma kreiert, die ein ähnliches Programm für den israelischen Geheimdienst Mossad entwickelt hat – soll überwacht werden, wann, warum und von wem die Schweiz in ausländischen Publikationen erwähnt wird.

Nicolas Bideau, Chef von Präsenz Schweiz, bezeichnet seine Organisation als “Kommunikationsagentur des Bundes”, die immer “genau” wissen müsse, wie die Schweiz in den ausländischen Medien dargestellt werde. Das Programm überwacht ständig mehr als 100 klassische Medienhäuser aus 15 Ländern, wie auch die sozialen Netzwerke, wenn nötig.

“Würden wir klassisches Monitoring benutzen, um herauszufinden, wie die Schweiz positioniert wird, hätten wir tausende Artikel und keine Chance, diese alle zu lesen. Wir brauchten eine differenziertere Lösung”, sagt Bideau gegenüber swissinfo.ch.

Die Resultate von Januar bis Ende März 2012 zeigten, dass 41 Prozent der Berichte, welche die Schweiz erwähnten, sich auf Wirtschaft, Handel und Finanz konzentrierten. 16 Prozent betrafen Kriminalität und Justiz, 13 Prozent Politik. 8 Prozent schliesslich behandelten den Sport. Themen wie Kunst und Kultur, Gesundheit und Soziales kamen lediglich auf geringe einstellige Anteile.

Dem Newsfluss folgen

Dass man nun genau wisse, in welchem Zusammenhang und Ton die Schweiz erwähnt werde, ob positiv oder negativ, erlaube seiner Agentur, zu reagieren, sollten Journalisten etwa schlecht informiert sein oder nur eine Seite eines Themas präsentieren.

“Wir können mit diesem Programm Modelle erstellen, um zu erfassen, woher die News kommen, wer sie macht und veröffentlicht, wer ihnen folgt, welche Logik dahintersteckt, welche Themen die internationalen Nachrichtenagenturen abdecken”, so Bideau. “Wir können damit die Mechanik verstehen und diese dazu einsetzen, Dinge zu korrigieren.”

So habe man etwa herausgefunden, dass ein Grossteil der international publizierten Berichte über die Beziehungen der Schweiz mit den USA von der Agentur Reuters in Zürich ausgegangen und von anderen Medien aufgegriffen worden seien.

“Für uns ist es daher wichtig, dass die Reuters-Journalisten in Zürich über die Positionen der Schweiz zu hundert Prozent informiert sind”, sagte er.

Positives Image?

Im Grossen und Ganzen habe die Schweiz im Ausland ein positives Image, sagt Stefan Feiger, Geschäftsführer der Marketing-Agentur HTP, die 2010 gemeinsam mit der Universität St. Gallen eine Umfrage bei 3700 Personen in über 50 Ländern durchgeführt hatte. Es war bereits die dritte Image-Studie der Agentur. Eine Vierte soll in den nächsten sechs bis 12 Monaten folgen.

Das Bild der Schweiz unterscheide sich von Land zu Land, sagt Feiger gegenüber swissinfo.ch. Dabei liessen sich Personen aus den Nachbarländern der Schweiz eher von eigenen Erfahrungen leiten als Leute aus ferneren Ländern, wo die Medien eine grössere Rolle dabei spielten, wie die Schweiz wahrgenommen wird.

So konzentrierten sich in Asien die Diskussionen über die Schweiz hauptsächlich auf den Tourismus, da die Leute in diesen Ländern wenig über das Land wüssten, so Bideau. Dagegen sorge die Frage der Schweizer Haltung gegenüber der Europäischen Union (EU) in Europa für ein viel grösseres Medieninteresse.

“In Europa finden wir Artikel über Tourismus meist dann, wenn etwas Besonderes geschehen ist. Etwa wenn jemand den Eiger besteigt, oder wenn es – wie kürzlich leider wieder – zu tragischen Unfällen in den Bergen kommt.”

Beliebte Exporte

Laut Feiger zeigt die Umfrage auch, dass das Image der Schweiz grösstenteils durch beliebte Produkte bestimmt wird, welche die Leute kennen. “So ist beispielsweise das Schweizer Armeemesser eine weltweit beliebte Marke. Viele andere ähnliche Produkte und Dienstleistungen sind zu einem grossen Teil für das Image verantwortlich”, erklärt Feiger.

In den Augen von “Herrn und Frau Jedermann” würden Qualitätsprodukte wie Käse und Schokolade einen grossen Teil des positiven Images der Schweiz ausmachen, sagt auch Bideau.

Das Image der Schweiz in den Medien sei aber “eine andere Geschichte”: “In den Medien wird ziemlich negativ berichtet, namentlich über unsere so genannten Probleme mit Steuern, die mit der Stabilität der Schweiz in dieser Zeit der Wirtschaftskrise in Zusammenhang gebracht werden”, betont er.

“Und dann gibt es die Positionen, die Regierungen gegenüber der Schweiz einnehmen und die in Ländern wie Deutschland, Grossbritannien und den USA sehr hart sind, was die Medien lieben. Sie drucken selten gute Nachrichten, meistens bevorzugen sie schlechte Nachrichten.”

Globaler Moralkompass

Durchgeführt wurde die Studie von 2010 kurz nach dem Eingeständnis der Grossbank UBS, US-Kunden bei der Umgehung von Steuern geholfen zu haben. Auch hatte zuvor das Stimmvolk in einer hochemotionalen Abstimmung den Bau neuer Minarette verboten. Auffallend sei, dass diese Themen das Image der Schweiz in den Augen der Befragten nicht belastet hätten, sagt Feiger.

Ein Grund dafür könnte laut dem HTP-Geschäftsführer folgender sein: “Die Schweiz ist nicht das einzige Land, über das in der Presse negativ berichtet wird. Zwar litt das Image des Schweizer Bankensektors ein wenig, doch auch jenes der US-amerikanischen und spanischen Banken war betroffen.”

Während aber die Probleme eines einzelnen Unternehmens keinen grossen Einfluss auf die Wahrnehmung der Schweiz im Ausland hätten, zeige das grosse internationale Thema der nachrichtenlosen Holocaust-Vermögen aus den 1990er-Jahren auch 20 Jahre danach noch Auswirkungen auf das Schweizer Image, so Feiger. “Sobald eine moralische Dimension in die Diskussion hineinspielt, wird es für das Image eines Landes gefährlicher.”

Wirtschaft, Handel, Finanz: 41%

Kriminalität, Recht, Justiz: 16%

Politik: 13%

Sport: 8%

Arbeit: 4%

Unfälle: 4%

Gesundheit: 3%

Kultur: 3%

Konflikte und Kriege: 3%

Soziales: 2%

Wissenschaft und Technologie: 1%

(Quelle: Präsenz Schweiz)

(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

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