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Schwingen: Schweizer Tradition – und ein Millionen-Business

Tradition und Geschäft: Der Sieger des Weissenstein Schwinget, Matthias Aebischer im Juli 2022. © Keystone / Peter Klaunzer

Schwingen ist in der Schweiz zum Hype geworden. Die authentische Tradition lässt sich peferkt vermarkten. Honorare und Sponsoring-Verträge der besten Schwinger steigen stetig.

Am Wochenende feiert die Schweiz das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest, das nur alle drei Jahre stattfindet. Erwartet während drei Tagen über 400’000 Zuschauer und Zuschauerinnen. Dazu kommen Hunderttausende, die die Wettkämpfe von Zuhause aus mitverfolgen.

Einen grösseren Sportanlass gibt es in der Schweiz nicht. Das Budget dafür beträgt 42 Millionen Franken. Seit 2004 sei Schwingen im Aufwind, sagt Rolf Gasser vom Eidgenössischen Schwingerverband. “Unser Sport hat sich etabliert und wird heute sehr stark wahrgenommen, er ist Hype.”

Grösster Sportanlass der Schweiz: Christian Stucki vor dem 6. Gang am Eidgenössischen Schwing und Älplerfest 2019. Keystone / Urs Flueeler

Er erklärt sich das damit, dass Tradition und die eigene Kultur in der Schweiz wieder einen höheren Stellenwert hätten. Schwingen sei authentisch. Das ist auch für Sponsoren attraktiv: In den letzten zehn Jahren haben die Schwinger darum immer mehr mit Werbeverträgen eingenommen. Insgesamt 2,2 Millionen Franken waren es letztes Jahr.

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Die grosse Masse der Sportler verdiene aber nicht am Schwingen, sagt Rolf Gasser. Von insgesamt rund 3’000 Schwingern nehmen nur 70 bis 80 Schwinger überhaupt etwas mit Sponsoring ein: Einige gerade mal 500 Franken, andere bis zu 100’000 Franken pro Jahr. Richtig lukrativ sind die Verträge nur für die Besten.

“Die reine Spitze kann etwas verdienen, etwa fünf bis zehn Schwinger könnten eigentlich vom Schwingen leben. Aber sie verdienen nicht so viel, dass sie nach der Karriere ausgesorgt hätten”, so Gasser.

Eine illustrierte Anleitung durchs Eidgenössische für Laien:

Doch immerhin: Ein Schwingerkönig verdient mit Werbeverträgen mehrere hunderttausend Franken pro Jahr. Nach drei Jahren Regentschaft als König kann er so rund eine Million verdienen. Für eine Sportart, die nur in der Schweiz stattfindet, seien die Sponsoringbeträge beachtlich, findet Hans-Willy Brockes, Geschäftsführer des Marketing Netzwerks ESB.

Und dies auch im Vergleich zu Sportarten, die olympisch seien oder bei denen es Europa- und Weltmeisterschaften gäbe. Der Schwingsport sei ein gutes Beispiel dafür, wie man sich als Sportart positionieren könne, die eigentlich als Randsportart gelte. Er sagt: “Schwingen ist ein gigantischer Erfolg.”

In einem normalen Jahr werden mit Schwingen rund 50 Millionen Franken umgesetzt, in einem mit Schwingfest doppelt soviel, hat die Zeitung “BlickExterner Link” ausgerechnet.

Schweizerische Werte

Der Verband, die Veranstalter und die Sportler hätten vieles richtig gemacht. “Die Atmosphäre, das Traditionelle und die Swissness und damit eine riesiege Authentizität. Damit läuft man bei Sponsoren offene Türen ein”, so Brockes. Und deshalb werben auch Unternehmen wie die grossen Detailhändler Lidl und Aldi, die Swissness suchen, weil sie die nicht von Haus her hätten, mit Schwingern, sagt er. Sie können sich so als schweizerisch verkaufen.

Schwingerkönig Kilian Wenger, gekrönt 2010, gilt als der kommerziell erfolgreichste: Er wurde zum Einkommensmillionär. Keystone

Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest selber nimmt der König nach seinem Sieg den Muni entgegen. Auch wenn er ihn meist nicht mit nach Hause nimmt, der Jungstier gehört dazu, selbst wenn erund die anderen Preise nur ein Beibrot sind, wie das Rolf Gasser vom Schwingerverband beschreibt. Symbolträchtig ist die Übergabe des kräftigen Tiers allemal. Und die schönen Bilder, die dabei entstehen, freuen auch die Sponsoren.

Die fünf Teilverbände es Eidgenössischen Schwingerverbandes definieren eigenständig, welche 280 Aktivschwinger an einem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest teilnehmen dürfen. Zusätzlich stehen auch zehn Startplätze für Auslandschwinger zur Verfügung. Das Kontingent umfasst diesmal auch zwei Kanadier und vier Amerikaner. Unter ihnen sind die Brüder Thomas und Roger Badat. Die beiden kanadisch-schweizerischen Doppelbürger, deren Eltern 1993 von Gommiswald nach Kingsey Falls in der Provinz Quebec ausgewandert sind, waren schon 2019 dabei.

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