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Trotz Verpflichtung der Schoggi-Industrie wird in Afrika weiter gerodet

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Keystone / Legnan Koula

Neue Daten zeigen, dass in den westafrikanischen Ländern Ghana und Côte d'Ivoire immer noch Wälder für den Kakaoanbau abgeholzt werden. Dies, obwohl sich die Unternehmen im Jahr 2019 dazu verpflichtet haben, mit dieser Praxis aufzuhören.

Zwei Prozent weniger Waldfläche in der Elfenbeinküste. Und sogar 3,9 Prozent weniger in Ghana seit 2019. Das zeigen Untersuchungen der amerikanischen NGO Mighty EarthExterner Link. Und dies trotz der 2019 eingegangenen Verpflichtung der Cocoa & Forests Initiative (CFI), die Schweizer Schokoladehersteller zu ihren Partnern zählt.

Die Analyse von Satellitendaten und Feldbesuche ergaben, dass Ghana seit der Verpflichtung 39’497 Hektar Wald und Côte d’Ivoire 19’421 Hektar in den Kakaoanbaugebieten verloren haben. Der gemeinsame Verlust an Waldfläche entspricht der Grösse von Madrid, Seoul oder Chicago.

«Die Gebiete, die wir besucht haben, werden für Kakao abgeholzt. Die meisten der abgeholzten Flächen enthalten bereits junge Kakaopflanzen», sagt Glenn Hurowitz, Geschäftsführer von Mighty Earth, gegenüber SWI swissinfo.ch.

Er räumt zwar ein, dass Mais und andere Nahrungspflanzen wie Tomaten, Papaya und Auberginen auch in kürzlich entwaldeten Gebieten angebaut werden. Doch sei ihr Anbau nicht das Hauptziel der Bauern: «Sie bauen dieses Gemüse für den Eigengebrauch an, während sie auf die Reifung des Kakaos warten», sagt er.

Hurowitz ergänzt, dass der in diesen gerodeten Gebieten angebaute Kakao oft in Kakao-Kooperativen lande, die eine Lieferbeziehung zu Rohstoff-Unternehmen wie Cargill, Barry Callebaut, Olam, Sucden, Touton und Ecom unterhalten würden. Diese wiederum liefern Kakaobohnen an Schokoladehersteller wie Nestlé und Lindt.

Die Weltkakaostiftung, welche die Cocoa & Forest Initiative unterstützt, lehnte es auf Anfrage von swissinfo.ch ab, die Ergebnisse des Mighty Earth-Berichts zu kommentieren.

Gefährdete Regionen

In Guémon, dem Kakaoanbau-Gebiet im Westen von Côte d’Ivoire, wurde seit 2019 eine Entwaldungsrate von 14% verzeichnet. Der in dieser Region gelegene Mont-Péko-Nationalpark hat allein im Jahr 2020 350 Hektar Wald verloren.

Es sind jedoch die als weniger geschützt klassifizierten Wälder, die am stärksten von der Kakaoexpansion betroffen sind. Die Regierung hat beschlossen, Teile dieser Wälder für agroforstwirtschaftliche Zwecke zu nutzen – in der Hoffnung, den Baumbestand in diesen Gebieten wiederherstellen zu können.

In Ghana sind die Regionen Ashanti und Ahafo am stärksten betroffen. Sie sind auch die wichtigsten Kakaoanbau-Regionen des Landes. In den Waldreservaten und Nationalparks des Landes kam es 2020 ebenfalls zu einem sprunghaften Anstieg der Abholzung.

«Die Regierung trägt zwar eine grosse Verantwortung, doch sollten wir uns klar machen, wer die Mittel zum Handeln hat: Der Jahresumsatz von Nestlé liegt bei 85 Milliarden Franken, der von Mars bei 37 Mrd. Im Gegensatz dazu beläuft sich der jährliche Staatshaushalt Ghanas auf 11 Mrd. Franken und jener der Elfenbeinküste auf 9 Mrd.», sagt Hurowitz.

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Schweizer Verpflichtungen

2017 unterzeichneten die Regierungen Ghanas und der Elfenbeinküste sowie die grössten Schokolade- und Kakaofirmen (darunter auch Schweizer Unternehmen) auf der UNO-Klimakonferenz (COP23) die Cocoa & Forests Initiative Frameworks for Action. Im Jahr 2019 veröffentlichten die Unterzeichnerfirmen Aktionspläne, in denen sie darlegen, wie sie die Abholzung von Kakao aufhalten wollen.

Darüber hinaus haben sich Schweizer Unternehmen individuell verpflichtet, die Abholzung in ihren Lieferketten zu beenden: Nestlé bis 2020 und sowohl Lindt & Sprüngli als auch Barry Callebaut bis 2025.

Der Schweizer Lebensmittel-Gigant Nestlé hat sein Ziel, bis 2020 keine Abholzung zu betreiben, nicht erreicht und will nun bis Ende 2025 zu 100% entwaldungsfreien Kakao beziehen.

«Um dies zu erreichen, bauen wir unsere Beschaffung so um, dass wir alle von uns eingekauften Kakaobestandteile von der Herkunft bis zur Fabrik trennen und zurückverfolgen können», sagt eine Sprecherin.

«Wir haben bereits die Grenzen von mehr als 80% der Kakaofarmen kartiert, von denen wir direkt aus der Elfenbeinküste beziehen, und von 95% solcher Farmen in Ghana. Damit stellen wir sicher, dass unser Kakao nicht aus geschützten Gebieten stammt.»

Barry Callebaut versucht ebenfalls, seinen gesamten Kakao bis zu den Farmen zurückzuverfolgen, um festzustellen, ob Kakao, der durch Abholzung verursacht wurde, in seiner Lieferkette landet. In den Jahren 2020/21 kartierte das Unternehmen 240’570 Farmen in seiner direkten Lieferkette, die sich in einem Umkreis von 25 Kilometern um ein Waldschutzgebiet befinden.

«Mit diesen Informationen waren wir in der Lage, systematisch auf relevante Bauerngruppen und Organisationen zuzugehen, um Massnahmen zu ergreifen, die der Abholzung entgegenwirken», so eine Sprecherin.

(Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

(Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

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