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Die Erde – eine unerschöpfliche Energiequelle

Die Erde, ein heisses Eisen. Tropenhaus Frutigen

Warum ist die Erde warm? Um diese Frage dreht sich eine Ausstellung zu den Themen Geothermie und natürliche Radioaktivität im Tropenhaus Frutigen. Die Besucher werden auf eine Reise zurück zum Urknall und ins glühende Innere der Erde mitgenommen.

Dass die Geschichte unseres Planeten vor über 13 Milliarden Jahren mit dem Urknall begann, haben wir in der Schule gelernt. Dass die Erde ursprünglich eine glühende Kugel war, die sich vor Milliarden Jahren langsam abzukühlen begann, sich dann eine feste Kruste bildete, wissen wir. Denn auf dieser Erdkruste leben wir.

Unter uns ist es warm, und je tiefer man dringt, desto heisser wird es. Würde man 6370 km bis ins Innerste der Erde bohren, wäre es 6900 Grad heiss. Unvorstellbar.

In der Sonderausstellung in Frutigen erfahren wir, dass die Wärme im Erdinneren mit Radioaktivität zu tun hat, die einerseits bei der Entstehung des Universums entstanden ist, – eine Art Restwärme also – andererseits vom Zerfall natürlicher radioaktiver Elemente stammt.

Ein Riesenpotenzial

“Es ist schon erstaunlich, dass unter uns sehr viel flüssige Wärme ist, die für die nächsten Jahrmillionen reichen würde, um uns energetisch zu versorgen”, sagt Samuel Moser, Leiter Forschung und Entwicklung im Tropenhaus Frutigen.

Dass diese Ausstellung im Tropenhaus stattfindet, ist kein Zufall: Das warme Erdinnere und das Tropenhaus Frutigen stehen in engem Zusammenhang: Denn ohne das warme Bergwasser aus dem Lötschberg-Basistunnel, der 2007 eröffnet wurde, gäbe es dieses Projekt gar nicht.

Im Tropenhaus wird warmes Wasser, quasi ein Nebenprodukt des Tunnelbaus, für die Gewächshäuser genutzt, wo Bananen, Papaya und Ananas wachsen, sowie zur Zucht von sibirischen Störfischen und Flussbarschen.

Denn das 20 Grad warme Wasser, das am Nordportal des Tunnels in grossen Mengen austritt, könnte von den lokalen Gewässern nicht aufgefangen werden, ohne ohne die Fortpflanzung der Seeforelle zu beeinträchtigen.

“Das warme Bergwasser war immer ein Grundstein der ganzen Ausstellung, es wurde aber nie richtig thematisiert”, sagt Samuel Moser.”Die Frage, warum es warm ist und wie es sich im Berg sammelt, kam von Seiten des Publikums immer wieder – deshalb die Ausstellung.”

Kein Standort für geothermisches Kraftwerk

Frutigen gilt als pionierhaft in Sachen erneuerbare Energien. Ein idealer Standort für ein Geothermie-Kraftwerk ist der Berner Oberländer Ort dennoch nicht, auch wenn man für den Bau des Lötschberg-Tunnels 2000 Meter unter der Erde durchgebohrt hat und “Tiefen erreichte, die geothermisch interessant sind”, wie Moser sagt.

Beim Tunnelbau bohrt man horizontal, für die Gewinnung von Wärme müsste man jedoch vertikal in die Erde eindringen, was zu aufwändig und mit den Sicherheitsvorschriften im Tunnel zu kompliziert geworden wäre.

“Wichtig für ein Geothermie-Kraftwerk ist zudem die Nähe zur Agglomeration, welche die Bodenwärme braucht”, betont Samuel Moser: “Es macht keinen Sinn, irgendwo in der Pampa ein Projekt zu bauen, das dann viel Wärme bringt, aber über Kilometer mit teuren Rohren erschlossen werden muss. Also sucht man Standorte wie St. Gallen oder Basel.”

Strahlende Steine

Die Geothermie ist nicht ganz einfach zu verstehen. Als Beispiel kennt der Normalbürger allenfalls die Vulkane, die von Zeit zu Zeit feurige Lava ausspucken. Dann ist das Wissen schon erschöpft.

Den Ausstellungsmachern gelingt es dennoch weitgehend, die Informationen so herunter zu brechen, dass sie für ein breites Publikum verständlich sind. Sie tun dies anhand von Tabellen, Grafiken, Objekten und Modellen.

Ein Modell stellt die Erde als Apfel dar. Lediglich dem leichten Anritzen der Schale würden dann die tiefsten Bohrungen entsprechen, die der Mensch an der Erdkruste je vorgenommen hat (12,2 km).

Besondere Aufmerksamkeit – vor allem bei jungen Besuchern – geniesst der Geigerzähler, der die natürliche Radioaktivität im Gestein misst. “Die Besucher können live miterleben, dass dieses eisenhaltige Gestein aus dem Wallis eine ganz hohe Strahlung aussendet – Alpha-, Beta- und Gammastrahlen – also radioaktiv ist”, erklärt Samuel Moser.

Zusammenhang mit AKW-Diskussion?

Von natürlicher Radioaktivität ist viel die Rede in der Sonderausstellung, die von den Bernischen Kraftwerken (BKW), der Betreiberin des AKW Mühleberg, sowie der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) gesponsert wird.

Da stellt sich die Frage, ob die Ausstellung in einem Zusammenhang mit der laufenden Atomdebatte und der in den nächsten Jahren geplanten nationalen Abstimmung über den Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz steht.

Laut Samuel Moser geht es um eine Versachlichung der Diskussion. “Radioaktivität wird gemeinhin mit AKW gleichgesetzt, was per se schon eine negative Bedeutung hat.”

Es sei ein wertvoller Input, dass Radioaktivität als natürliches Phänomen erfasst werde. “Atomkraftwerke konzentrieren einfach diesen natürlichen Zerfall und nutzen die dabei entstehende Energie aus.”

In der Schweiz werden rund 30% der Neubauten mit Erdwärme geheizt.

In Sachen Tiefen-Geothermie steckt die Schweiz noch in den Anfängen.

In Basel wurde ein geothermisches Heizkraftwerk-Projekt 2006 auf Eis gelegt, als infolge von Bohrungen dort die Erde bebte.

In Deutschland und Frankreich gibt es bereits geothermische Kraftwerke. Weit fortgeschritten bei dieser Technologie ist auch Island.

Ein Viertel der in der Schweiz verbrauchten Energie ist elektrische Energie, also Strom.

Zusammensetzung der Stromproduktion:

Wasserkraft: 55,8%
 
Kernkraft: 39,3%
 
Andere: 2,9%
 
Neue erneuerbare Energien
(aus Abfall, Biomasse und Biogas, Sonne, Wind): 2%.

3/4 der nicht elektrischen Energie bestehen aus Erdöl und Erdgas.

 
(Quelle: Bundesamt für Energie)

Das Tropenhaus wurde am 21. November 2009 eröffnet.

Es nutzt warmes Bergwasser aus dem Lötschberg-Basistunnel für die Aufzucht von tropischen Früchten und Fischen, vor allem Störfischen und Egli.

Pro Sekunde gelangen 100 Liter 18-20 Grad warmes Wasser aus dem Nordportal des Tunnels.

Die thermische Leistung des Wassers wird für die Fischzucht sowie die Beheizung der Gewächshäuser und von Gebäuden im Rahmen eines Nahwärme-Verbundes genutzt.

Das Tropenhaus bietet den Besucherinnen und Besuchern zudem Ausstellungen sowie einen Energiepark zum Thema erneuerbare Energien.

Auch die tropische Plantage, wo Bananen, Papaya, Ananas und vieles mehr wachsen, kann besichtigt werden.

Auch die tropische Plantage, wo Bananen, Papaya, Ananas und vieles mehr wachsen, kann besichtigt werden.

Bis am 18. Mai wird das Thema Gewürzstrasse und indisches Curry mit Pflanzen und Menus präsentiert (bis 18. Mai 2011).

2010 zählte das Tropenhaus Frutigen über 120’000 Besucher in der Ausstellung.

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