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Die Schweiz im europäischen Forschungsraum

Die Schweiz liegt auf Platz 12 bezüglich Anzahl Teilnehmer am EU-Forschungsprogramm. Keystone

Das 7. Rahmenprogramm der EU für Forschung und technologische Entwicklung ist gestartet. Die Schweiz nimmt vollumfänglich daran teil, wenn nicht in letzter Minute noch etwas schief läuft.

Monique Calisti vom Zürcher Software-Unternehmen Whitestein, ist der Auffassung, dass das Programm Schweizer Unternehmen eine Reihe guter Gelegenheiten bietet.

“Ich glaube, das Glas ist mehr als halb voll. Vor allem ist wichtig: Es gibt das Glas. Die Alternative wäre, nicht mitzumachen. Aber das ist keine wirkliche Alternative.” So antwortete der Staatssekretär für Bildung und Forschung, Charles Kleiber, am Dienstag auf die Frage, ob es für die Schweiz überhaupt nützlich sei, sich am Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung zu beteiligen.

Während der viertägigen Auftaktveranstaltung zum 7. Forschungs-Rahmenprogramm der EU (Bern, 16.- 19. Januar) haben sich vor allem Wirtschaftsvertreter kritisch geäussert. Rudolf Walser, Mitglied der Geschäftsleitung des Arbeitgeberverbandes economiesuisse, und Walter Steinlin, Leiter der Abteilung Innovation bei Swisscom, nannten eine Teilnahme am FP 7 zwar prinzipiell interessant, weil dadurch die Mobilität und internationale Vernetzung der Forschung gefördert werde. Trotzdem sei FP 7 unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht unproblematisch.

Bürokratische Hürden abbauen

Tatsächlich ist es nicht einfach, alle Teilnehmenden unter einen Hut zu bringen: Universitäten, Unternehmungen, einzelne Forscher, auch wenn die Verantwortlichen des Forschungsprogramms versucht haben, den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden und die bürokratischen Hürden abzubauen. Grundlagenforschung soll intensiviert und die Beteiligung an Forschungsprojekten kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) von 50 auf 75% aufgestockt werden.

In diesem Zusammenhang wollte swissinfo von einem Schweizer KMU-Unternehmen wissen, welche Bedeutung die europäische Forschung im Alltag hat. Es handelt sich um das Software-Unternehmen Whitestein aus Zürich.

Lernen und finanzieren

Whitestein zählt Giganten der Logistik-Branche wie DHL zu seinen Kunden. Es müssen Programme entwickelt werden, welche die Transportflüsse optimieren. Kunde ist auch Swisscom als grosser Telekommunikationsanbieter. Für diesen werden Informatik-Tools geschaffen, welche mobilen Nutzern einen Internet-Zugang gewährleisten.

“Wer in der Hi-Tech-Branche tätig ist, muss die neuesten Technologien nicht nur anwenden, sondern auch an ihrer Entwicklung beteiligt sein”, sagt Monique Calisti, Leiterin der Forschungsabteilung bei Whitestein. Das Unternehmen mit 80 Mitarbeitenden kann nicht alles allein machen. Die Verwendung von Forschungsergebnissen dritter sei unabdingbar: “Wir haben zwar unser eigenes Rezept. Aber die Zutaten müssen auch von anderen kommen.”

Eine gute Gelegenheit

Aus diesem Blickwinkel stellen die europäischen Forschungsprogramme eine gute Gelegenheit dar, weil sie die Kooperation mit anderen Partnern erleichtern. “Wir lernen andere Technologien kennen, die uns ein Know-how vermitteln, zu dem wir ansonsten kaum Zugang hätten”, sagt Calisti.

Dazu kommt die Tatsache, dass es für Schweizer KMU ausserhalb des europäischen Rahmenprogramms praktisch keine Möglichkeiten gibt, finanzielle Unterstützung für Forschungsprojekte zu erhalten.

Jeder Fall wird einzeln geprüft

Doch das Angebot finanzieller Zuschüsse allein reicht häufig nicht aus, KMU zu einer Teilnahme an einem Forschungsprogramm zu animieren. Der bürokratische Aufwand wirkt häufig abschreckend. “Wir prüfen jeden Fall genau”, sagt Monique Calisti, “denn manchmal kommen wir alleine schneller voran als im Rahmen eines Programms. Und Schnelligkeit ist heute auf dem Markt gefordert.”

Umfang, Laufzeiten und Verwaltungskosten haben einen direkten Einfluss auf die Rolle der KMU innerhalb der Forschungsprojekte. “Eine kleine Firma kann es sich nicht leisten, als Projektkoordinator aufzutreten; der Verwaltungsaufwand wäre zu gross.”

Hoffnung auf baldige Vertrags-Unterzeichnung

Angesichts dieser Situation hofft das Unternehmen, dass die Schweiz und die EU möglichst bald den neuen Vertrag zum Forschungsabkommen PF 7 unterzeichnen. Bundesrat Pascal Couchepin versprach, dies “vor dem Sommer” zu tun. Monique Calisti hofft, dass dies vor dem 8.Mai, dem Stichtag zur Einreichung von Projekten, der Fall sein wird.

Wenn – wie es noch bei FP 6 der Fall war – die Schweizer nicht mit ihren europäischen Partnern vollumfänglich gleichgestellt sind, verdoppelt sich der Verwaltungsaufwand. “Und dies wünschen wir uns wirklich nicht”, schliesst Calisti.

swissinfo, Doris Lucini
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Seit 1987 beteiligen sich Schweizer Institutionen an den europäischen Forschungsprogrammen.

Bis zum ersten Teil des 6.Rahmenprogramms wurde die Beteiligung je nach Projekt entschieden, ohne Gelegenheit einer Projektkoordination.

2004 haben die Schweiz und die EU ein Abkommen abgeschlossen, das der Schweiz die Vollmitgliedschaft am Rahmenprogramm zusichert.

Das 7. Rahmenprogramm (2007-1013) verfügt über ein Budget von 54 Mrd. Euro (87 Mrd. Franken); die Schweiz beteiligt sich mit 2,8%.

Das Schweizer Parlament hat einen Rahmenkredit von 2,54 Mrd. Franken gesprochen.

Im fünften und sechsten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung (FP) waren die Schweizer Forscher in den Bereichen der Lebenswissenschaften, Gesundheit, Informationstechnologie, Nanotechnologie, Materialwissenschaften und Umwelt (Energie und Verkehr) gut vertreten. Dies ergab die Auswertung der Programme.

Im FP 6 erreichte die Schweiz den 12. Platz in Bezug auf die Anzahl der Teilnehmer. Angesichts der Einwohnerzahl der Schweiz ist dies ein erstaunliches Ergebnis.

32% der Schweizer Teilnehmenden stammten von den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen, 25% von den Universitäten, 18% von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), 11% von grossen Unternehmungen. Die Fachhochschulen haben nur an 19 Projekten teilgenommen (2%).

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