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Im Berner Oberland geht der Wolf wieder um

Der Wolf, schon bald wieder der König der Schweizer Wälder? Keystone

Das Tier, das Ende März in Thierachern bei Thun sechs Schafe gerissen hat, war ein Wolf. Dies hat eine genetische Analyse von Haarproben ergeben.

Damit ist das vierte Mal die Existenz eines Wolfes nördlich der Alpen erbracht worden. Um weitere Übergriffe auf Schafe zu vermeiden, wurde eine “Wolfsfeuerwehr” eingerichtet.

DNA-Analysen haben es bestätigt: Beim Tier, das am 22. März in Zweisimmen gesehen worden war, handelt es sich um einen Wolf. Ebenfalls war es ein Wolf, der fünf Tage später Thierachern bei Thun sechs Schafe gerissen hatte.

Beide Tiere stammen gemäss den Analysen der Universität Lausanne aus der italienisch-französischen Population, wie die Behörde des Kantons Bern am Montag mitteilte. Ob es sich um ein und dasselbe Tier handelt, ist aber noch unklar.

Junge Rüden

Ebenfalls unklar ist das Geschlecht des Tieres oder der Tiere. Der bernische Jagdinspektor Peter Juesy geht allerdings davon aus, dass es sich um ein oder mehrere rund eineinhalbjährige männliche Tiere handelt. Für männliche Jungtiere, sogenannten Rower, sei es typisch in einem Gebiet grossräumig herumzuwandern, so Juesy.

Damit ist der vierte bestätigte Nachweis eines Wolfes nördlich der Alpen erbracht. Erstmals im Kanton Bern riss im Dezember 2006 in Pohlern bei Thun ein Wolf acht Schafe. Im März 2006 wurde ein Wolf bei Gsteigwiler (ebenfalls Kanton Bern) vom Zug überfahren.

Nicht bestätigt haben sich hingegen Beobachtungen in Feutersoey bei Gstaad. Dort handelte es sich laut den DNA-Analysen um einen Hund.

Konzept “Wolfsfeuerwehr” greift

Um weitere Angriffe auf Schafe zu vermeiden, hat die Berner “Wolfsfeuerwehr” im Gebiet Thierachern inzwischen zwei Herdenschutzhunde mit einer Hirtin platziert. Sie sollen voraussichtlich bis Mitte Mai die Schafe schützen. Sie tun dies mit Erfolg, denn seither gab es in der Region keine Schafrisse mehr zu vermelden.

Die “Wolfsfeuerwehr” ist ein Bestandteil der Strategie für den Umgang mit den Wolf im Kanton Bern, die seit Mitte März in Kraft ist. Schwieriger wird es allerdings im Sommer, wenn die Schafe auf die Alpweiden gehen.

Der Kanton empfiehlt den Haltern deshalb, die Tiere in den Bergen ebenfalls durch einen Hirten und Schutzhunde überwachen zu lassen. Über Nacht sollten die Schafe am besten in einen Stall getrieben werden.

Bald in Rudeln?

Wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) mitteilte, ist in der Schweiz derzeit die Existenz von fünf Wölfen bekannt: Je einer in der Surselva (Graubünden) der Leventina (Tessin) und im Berner Oberland und mindestens zwei im Wallis. Es sei allerdings wahrscheinlich, dass weitere Wölfe in der Schweiz lebten.

Aufgrund der wachsenden Alpenpopulation würden sich in der Schweiz bald erste Rudel bilden, schreibt das BAFU. In den Alpen bestehe ein Rudel meist aus einem Elternpaar und ihren Jungtieren – also drei bis fünf Wölfen.

Unter der Leitung des BAFU habe deshalb die Arbeitsgruppe Grossraubtiere mit der Überarbeitung des Konzepts Wolf begonnen, das den Schutz einwandernder Wölfe, die möglichst optimale Eingrenzung von Schaden stiftenden Tieren und die Stärkung der Präventions- und Schutzmassnahmen beinhalten soll.

Das BAFU meldete im übrigen auch den Abschluss der Untersuchungen des am 27. Oktober 2006 im Goms abgeschossenen Wolfs. Danach handelte es sich um ein zweijähriges weibliches Tier, das in einem Rudel im Val Troncea-Germanesca bei Turin geboren worden war.

swissinfo und Agenturen

Das “Übereinkommen zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere sowie ihrer natürlichen Lebensräume” wurde 1979 in Bern unterzeichnet.

Es schützt rund 600 Pflanzenarten sowie 111 Säugetiere-, 363 Vogel und zahlreiche weitere Tierarten.

Damit setzt sie regional viele jener Ziele um, die mit der Biodiversitätskonvention von 1992 weltweit festgelegt wurden und ist ein wichtiges Instrument der internationalen Artenschutzpolitik.

Die auf den Wolf bezogene Schweizer Politik stützt sich auf drei Pfeiler:

Unterstützung für die Züchter, um das Kleinvieh zu schützen.

Entschädigung im Schadenfall.

Abschuss-Genehmigungen bei grossen Schäden

Das Bundesamt für Umwelt hat unter diesen Zielsetzungen ein “Konzept Wolf” in Zusammenarbeit mit betroffenen Kantonen und Kreisen ausgearbeitet.

Dieses Konzept trat am 21. Juli 2004 in Kraft.

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