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Klimadebatte teilt Meinungen im Parlament

Fahrzeuge mit weniger CO2-Ausstoss sollen den Klimawandel verzögern. Keystone

Die gross angelegte Klimadebatte im Nationalrat hat am Mittwoch die unterschiedlichen Visionen zur Energiezukunft einmal mehr bestätigt.

Der Ruf der Bürgerlichen nach Atomkraft kontrastierte mit dem linksgrünen Vertrauen in die erneuerbaren Energien.

Die fünfstündige Debatte rund um den dramatischen Klimawandel, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit brachte 41 Rednerinnen und Redner ans Pult.

Von den 48 Vorstössen, die im Nationalrat, der Grossen Kammer, zur Abstimmung kamen, wurden deren 23 überwiesen. Sie betrafen unter anderem die Forderung nach einer ökologischen Steuerreform, Steuervorteile für umweltfreundliche Autos und ein Forschungsprogramm für die Geothermie.

Abgelehnt wurde hingegen eine grüne Motion, die mehr Geld für neue Energieträger statt für die Atomforschung verlangte.

Die bürgerliche Seite bekräftigte, an Atomkraftwerken und anderen grosstechnologischen Errungenschaften festhalten zu wollen. Grüne und Sozialdemokraten setzten demgegenüber auf erneuerbare Energien und bessere Energieeffizienz.

Linksgrüne Vorwürfe

Der baselstädtische Sozialdemokrat Rudolf Rechsteiner warf dem Bundesrat und den Energiekonzernen vor, den Ausbau alternativer Energiequellen wie Wind- oder Solarkraftanlagen bewusst zu behindern und dafür mit gigantischem Finanzaufwand die gemeingefährliche Atomtechnik zu stützen.

Der Schaffhauser Sozialdemokrat Hans-Jürg Fehr kritisierte namentlich die Schweizerische Volkspartei (SVP), mit ihrer Forderung nach kürzeren Bewilligungsfristen für neue Atomkraftwerke Demokratie-Abbau zu betreiben.

Das Parlament sei imprägniert gegen alle Argumente gegen die Atomenergie – die Energiewende müsse deshalb via Urne kommen.

Bürgerliche: Stromlücke kommt bald

Die Bürgerlichen wiederum zeigten sich überzeugt, die energiepolitischen Hausaufgaben gut gemacht zu haben. Angesichts der rasch kommenden Stromlücke gebe es keine Alternative zum heutigen Strommix inklusive Grosstechnologie, sagte der Solothurner Freisinnige Rudolf Steiner, Präsident des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE).

Caspar Baader, SVP-Rat aus Baselland, betonte, dass die Stromlücke nicht allein mit Sparmassnahmen und Effizienzgewinnen zu stopfen sei. Vertreter der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) sprachen sich für erneuerbare Energien aus, aber sofern diese marktfähig seien.

Leuenberger will mehr als Aufrufe

Energieminister Moritz Leuenberger bedankte sich für den grossen Strauss an Ideen. Die anstehenden Wahlen hätten das energiepolitische Bewusstsein geschärft.

Blosse Aufrufe zum freiwilligen sparsamen Verhalten reichten aber nicht aus, einschneidende Massnahmen wie etwa die Energielenkungsabgabe stünden ebenfalls zur Diskussion.

Zur Energieeffizienz und den erneuerbaren Energien stellte Leuenberger bis Ende Jahr konkrete Aktionspläne in Aussicht. Diese deckten sich weitgehend mit den Vorstössen und gehörten zum Energiemix.

Was den Bau von Gas- oder Dampfkraftwerken betreffe, so seien die Bedingungen im CO2-Gesetz klar formuliert. Die Betreiber müssten nun rechnen, ob es sich für sie lohne.

Die Bewilligung obliege den Kantonen. Gesuche für Kernkraftwerke werde der Bundesrat bewilligen, das letzte Wort habe das Volk.

swissinfo und Agenturen

Energieverbrauch 2005, gemäss Bundesamt für Energie:
Treibstoff 31,1%
Heizöl 25,4%
Strom 23,2%
Gas 12,2%
Weitere Energiequellen (Kohle, Holz, etc) 7,2%
Weitere erneuerbare Energiequellen (Sonne, Wind, etc.) 0,9%

Nachdem lange gestritten wurde, zeichnet sich heute ein Konsens unter den Wissenschaftern ab, dass die Ursprünge des Klimawandels auf das menschliche Verhalten zurück gehen.

Anfang Februar ist in Paris an einer internationalen Konferenz eine Zusammenfassung, der UNO-Klimabericht, vorgestellt worden.

Spezialisten aus 113 Länder haben die Wahrscheinlichkeit mit 90% beziffert, dass die Klimaerwärmung von Menschen zu verantworten ist.

Das CO2-Gesetz ist als Grundstein für eine nachhaltige Energie- und Klimapolitik am 1. Mai 2000 in Kraft getreten.

Sein Ziel ist, bis ins Jahr 2010 die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energien insgesamt um 10% unter das Niveau von 1990 zu senken.

Das Gesetz basiert auf der CO2-Steuer, die nur eingeführt werden kann, wenn sich die Reduzierung der Treibhausgase nicht mit freiwilligen Massnahmen erreichen lässt, sowie anderen klimawirksamen Massnahmen.

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