Zürcher Kantonsrat schmälert Minus im Budget 2026 vorerst
Nach dem zweiten Tag der Budgetdebatte hat der Zürcher Kantonsrat am Dienstag das von der Regierung veranschlagte Defizit von 125 Millionen vorerst auf 68 Millionen Franken reduziert. Noch aber steht die Debatte um den Steuerfuss aus; eine mögliche Senkung würde das Defizit deutlich erhöhen.
(Keystone-SDA) Der grösste Brocken der am Dienstag beschlossenen Budgetverbesserungen betraf den sogenannten «Reptilien-Fonds»: 50 Millionen Franken. Mit 107 zu 61 Stimmen entschied der Kantonsrat, bei diesem Sammelkonto zu kürzen.
Beim «Reptilien-Fonds» handelt es sich um das Sammelkonto 4950, das den offiziellen Titel «Verrechnete Zinsen und nicht zugeordnete Sammelpositionen» trägt. Sparbeschlüsse sind bei diesem Konto jedoch nicht verbindlich. Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) erhält keinen Sparauftrag, auf dem Papier sehen die Zahlen aber besser aus.
Die Ratslinke nannte diesen Antrag einen «jährlicher Evergreen». «Kürzungen ohne inhaltliche Begründung unterstützen wir nicht», sagte Selma L’Orange Seigo (Grüne, Zürich). «Mangels eigener Ideen» würde diese Budgetkürzung um 50 auf 250 Millionen Franken erhöht, sagte Judith Anna Stofer (AL, Dübendorf).
Markus Schaaf (EVP, Zell) bezeichnete den Antrag als Ausdruck von Planungslosigkeit, Bequemlichkeit und Mutlosigkeit. Es handele sich lediglich um eine Budgetkorrektur, «damit man die Steuern senken kann», so Schaaf.
Steuerfuss-Basar
Die Frage, ob und um wie viel der Steuerfuss in den nächsten zwei Jahren sinken (oder steigen) soll, blieb auch nach dem zweiten Tag der Budgetberatung offen. Darüber wird erst kurz vor der Schlussabstimmung verhandelt – voraussichtlich am kommenden Montag.
Finanzdirektor Ernst Stocker legt einen Budget-Entwurf mit einem Minus von 125 Millionen Franken vor, bei Ausgaben von 20,4 Milliarden Franken. Den aktuellen Steuerfuss von 98 Prozent will der Regierungsrat nicht antasten. Ebenso SP, Grüne und EVP.
Anders sehen es die übrigen Fraktionen sowie die Finanzkommission des Kantonsrats (Fiko). Sie wollen am Steuerfuss schrauben. Hauptsächlich nach unten. Aber auch nach oben.
Neben dem unveränderten Steuerfuss, der in Zürich alle zwei Jahre angepasst wird, stehen weitere Optionen zur Auswahl: eine Senkung um 5 (SVP, EDU, FDP), um 3 (Finanzkommission, Mitte) oder um 2 (GLP) Prozentpunkte sowie eine Erhöhung auf 100 Prozent (AL).
Mit einer Senkung des Steuerfusses würde sich das von der Regierung budgetierte Defizit von 125 Millionen Franken deutlich erhöhen – obwohl das Parlament das Minus am Dienstag um 51,7 Millionen Franken und seit Beginn der Budgetdebatte um insgesamt rund 57 Millionen Franken reduzierte.
Keine Kürzungen bei der Fachstelle Kultur…
Erfolglos blieben SVP und FDP am Dienstag mit ihrem Antrag, das Budget bei der Fachstelle Kultur um 2,14 Millionen Franken zu kürzen. Der Kantonsrat lehnte ihn mit 96 zu 74 Stimmen ab. Es sei nicht vertretbar, Steuergelder für indirekte und direkte Lohnerhöhungen von Kulturschaffenden einzusetzen, argumentierte Rochus Burtscher (SVP, Dietikon). «Wir wollen nicht sparen, sondern das Kostenwachstum halbieren», sagte Marc Bourgeois (FDP, Zürich).
Lejla Salihu (SP, Winkel) sprach von einem «Angriff auf die Kulturvielfalt». «Alle Jahre wieder» kämen die Sparanträge beim Kulturbudget, so Hanspeter Hugentobler (EVP, Pfäffikon). Es gehe um faire Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende, nicht um überbordende Boni, sagte Livia Knüsel (Grüne, Schlieren).
…und auch keine bei der Bildung
Auch die sechs Anträge der FDP auf Kürzungen bei der Bildungsdirektion scheiterten. Unterstützung erhielt die FDP zwar von der SVP, doch der Rest des Rats stellte sich geschlossen dagegen. Der Sparhammer führe unweigerlich zu einem Leistungsabbau, sagte Hanspeter Hugentobler.
Die Anträge würden die Realität der Bildungslandschaft ausblenden, sagte Nadia Koch (GLP, Rümlang). Wer pauschal deckle, habe die operative Realität nicht im Blick. «Mit gesundem Menschenverstand kann man solche Kürzungen nicht befürworten», sagte Livia Knüsel. Diese Kürzungen würden genutzt, um ein Narrativ für die Steuerfusssenkung zu schaffen, sagte Lisa Letnansky (AL, Zürich).
Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) sagte, in der Bildungsverwaltung gebe es «keine Aufblähung» der Führungsspitze. «Wir sind sehr sorgsam mit den Geldern, die wir ausgeben.» Das Budget sei sehr tief bemessen. Die geforderten Effizienzgewinne seien kurzfristig «unrealistisch», eine Reduktion wäre möglich, wenn Leistungen abgebaut würden.
Nein zur Kantonspflegerin
Schliesslich entschied das Parlament, dass der Kanton Zürich keine Kantonspflegerin nach dem Vorbild der Kantonsärztin erhält. Es lehnte die Stelle, deren Finanzierung 170’000 Franken gekostet hätte, mit 117 zu 55 Stimmen ab. Mit einer neuen Funktion der Kantonspflegerin wollte die Ratslinke eine «kompetente Umsetzung» der Pflegeinitiative sicherstellen.