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Schweizer Guillotine als Schaustück

Die letzte erhaltene Guillotine der Schweiz ist erstmals ausgestellt. swissinfo.ch

Im Historischen Museum Luzern ist zur Zeit die letzte erhaltene Guillotine der Schweiz ausgestellt.

Die Ausstellung findet in Gedenken an den Bauernkrieg vor 350 Jahren statt, als die Todesstrafe noch unbestritten war.

“Schön” sei sie, diese Guillotine, bemerken ein paar Jungs einer Abschlussklasse aus Hochdorf im Kanton Luzern. Einige von ihnen hätten sich sogar auf das Brett gelegt, wie das – zum letzten Mal im Jahr 1940 – ein zum Tode Verurteilter tun musste, bevor das zentnerschwere Fallbeil hinuntersauste und ihm den Kopf abschlug.

Andere, vor allem Mädchen, überkommt grosse Abscheu und ein “gruseliges” Gefühl, wenn sie die präzise Tötungsmaschine betrachten und sich vorstellen, wie damit Todesurteile vollstreckt wurden.

Köpfen und hängen

Die Ausstellung “Todesstrafe – Vergangenheit und Gegenwart” im Historischen Museum Luzern findet in Erinnerung an den Bauernkrieg von 1653 statt – ein Konflikt zwischen der unterdrückten Landbevölkerung und den Regierungen der Stände.

Damals mussten die rebellierenden Rädelsführer für ihr Streben nach Freiheit mit dem Tode büssen. Die Todesstrafe – eine der ältesten Bestrafungsarten überhaupt – diente als Abschreckung und war unbestritten.

“Es war eine schreckliche Zeit”, sagt Museumsdirektor Heinz Horat zu swissinfo. “Nur schon wenn die Bauern über ihre Probleme diskutierten, wurde das als Angriff gewertet und mit dem Tode bestraft. Viele wurden hingerichtet – geköpft oder gehängt.”

Bis 1870 fanden die Hinrichtungen in der Öffentlichkeit statt. “Danach wurden sie in den Gefängnishöfen durchgeführt”, so Horat.

Schweizer Präzisions-Instrument

Die Guillotine, die erstmals einem breiten Publikum gezeigt wird, wurde 1836 in Zürich erbaut. Das vier Meter hohe Gestell steht im Erdgeschoss des Museums. Die Guillotine ist zusammenklappbar und konnte so problemlos transportiert werden.

Auf der Luzerner Guillotine, die laut Museumsdirektor Horat nicht nur eine Tötungsmaschine sondern auch ein Rechtssymbol war, wurden zwischen 1845 und 1940 die meisten Todesurteile vollstreckt.

Auch bei der letzten zivilen Hinrichtung 1940 in Sarnen, Kanton Obwalden, kam sie zum Einsatz. Damals fand der dreifache Mörder Hans Vollenweider durch das Fallbeil den Tod.

Trotzdem: das Prunkstück der gegenwärtigen Ausstellung sei “ein schönes, ästhetisches Schweizer Präzisions-Stück”, findet die Museums-Pädagogin Karin Amrein.

Sie erzählt vom Beruf des Scharfrichters, führt Oberstufen-Schülerinnen und Schüler durch die Ausstellung und an Schauplätze in der Stadt, wo früher Hinrichtungen stattgefunden haben.

Todeskandidaten von heute

Noch mehr als für die Guillotine interessierten sich die Jugendlichen jedoch für persönliche Geschichten, persönliche Schicksale, so Karin Amrein.

Und so ist es: Gebannt sitzen an die 20 Jugendliche vor dem Bildschirm: Eben erzählt die 16-jährige Paula Cooper, wie sie an der Ermordung einer alten Frau beteiligt war und später zum Tode verurteilt wurde.

“Ich weiss nicht, wieso ich das getan habe. Hätte ich in meinem Leben noch einmal eine Chance, würde ich sie nutzen.”

Auch die Geschichte eines jungen Schwarzen US-Bürgers, der in der Todeszelle sitzt und auf seine Hinrichtung wartet, scheint die jungen Leute stark zu beeindrucken.

Tod auf dem Stuhl

In einem weiteren Raum zeigt ein Foto der US-Amerikanerin Lucinda Devlin einen elektrischen Stuhl in einem Hinrichtungszimmer in Jarrat, Virginia, 1991.

Der Betrachter blickt durch eine Glasscheibe und kann sich ausmalen, wie das wäre, wenn nun ein Mensch dort durch Stromstösse sein Leben lassen würde. Ein beklemmendes Gefühl.

Im Grossen und Ganzen sei die Ausstellung sehr interessant, erklärt einer der Hochdorfer Schüler. Sie hätten im Geschichts-Unterricht viel über die Todesstrafe diskutiert. Die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Schweiz könne er sich jedenfalls “nicht wirklich vorstellen”.

swissinfo, Gaby Ochsenbein

Die Ausstellung über die Todesstrafe findet anlässlich des Bauernkriegs vor 350 Jahren statt.

Ab 1835 war in der Schweiz für Hinrichtungen nur noch die Guillotine erlaubt.

Ab 1883 fanden die Hinrichtungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

1940 fand in Sarnen, OW, die letzte zivile Hinrichtung statt.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden 17 Wehrmänner als Landesverräter erschossen.

108 Staaten, darunter die Schweiz, haben die Todesstrafe abgeschafft.

In 87 Ländern wird sie noch immer vollzogen.

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