
Ackermann erneut vor Gericht

Vor dem Landgericht Düsseldorf wird der Mannesmann-Prozess neu aufgerollt. Auf der Anklagebank sitzt auch Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank.
Dabei geht es um umstrittene Millionen-Zahlungen an Top-Manager bei der Übernahme von Mannesmann durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone.
In dem spektakulären Wirtschafts-Strafverfahren wirft die Staatsanwaltschaft den prominenten Angeklagten, darunter Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser, erneut Untreue («ungetreue Geschäftsführung») in besonders schwerem Fall, beziehungsweise Beihilfe dazu, vor.
Im ersten Prozess um die umstrittenen Millionen-Zahlungen bei der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone waren die sechs Beschuldigten im Juli 2004 freigesprochen worden.
Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil jedoch Ende 2005 auf und verwies den Fall an eine andere Kammer des Düsseldorfer Gerichts zurück.
3. Runde – dieselben Vorwürfe
Damit geht es auch in der 3. Runde erneut um die Frage, ob Prämienzahlungen und Pensionsabfindungen an das Management bei Übernahmen rechtmässig sind oder nicht. Im vorliegenden Fall sind solche Gelder in der Höhe von insgesamt 57 Mio. Euro (fast 90 Mio. Franken) nach der Übernahme durch Vodafone an amtierende und frühere Mannesmann-Manager geflossen.
Die 57 Millionen Abfindungen stehen im Bezug zu der Kaufsumme von 180 Milliarden Euro, die – als damaliger Rekordpreis – Vodafone Anfang 2000 für Mannesmann nach langem Ringen bezahlt hatte. Die Übernahme von Mannesmann durch Vodafone war die teuerste aller Zeiten.
Ackermann im Mittelpunkt
Der Ausgang des am Donnerstag begonnenen Prozesses ist offen. Zwar behauptet niemand, Ackermann habe sich beim Einfädeln der Übernahme selbst bereichert. Es geht vielmehr darum, ob er als Mitglied des Verwaltungsrates beim Zustimmen der Prämienüberweisungen an andere rechtmässig gehandelt hat oder nicht.
Von einem erneuten Freispruch über eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage bis hin zu einer Verurteilung und einem weiteren Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof sind alle Varianten denkbar.
Im Mittelpunkt des neuen Verfahrens dürfte wiederum Ackermann stehen. Für den Fall einer rechtskräftigen Verurteilung hatte der 58-jährige Schweizer bereits im Februar seinen Rücktritt als Chef der Deutschen Bank angekündigt.
Für die Neuauflage des Verfahrens setzte die Düsseldorfer Wirtschaftsstrafkammer zunächst über 20 Verhandlungstage bis Ende Februar an. Die ersten Zeugen will das Gericht am 16. November vernehmen.
Präzise Angaben zum Einkommen
Ackermann will erst am 2. November im Mannesmann-Prozess zu den Untreue-Vorwürfen Stellung nehmen. Das sagte sein Rechtsanwalt am Donnerstag beim Neu-Auftakt des Prozesses vor dem Düsseldorfer Landgericht.
Befragt nach seinen persönlichen Daten, machte er als einziger der Angeklagten präzise Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen. Danach verdient der Topmanager bei der Deutschen Bank 11,9 Millionen Euro jährlich. Einschliesslich weiterer Bezüge aus Aufsichtsratsmandaten komme er auf eine Summe von 15 bis 20 Millionen Euro.
swissinfo und Agenturen
Dr. Josef Meinrad Ackermann ist am 7. Februar 1948 in Mels im Kanton St. Gallen geboren.
1973 schloss er sein Studium in der Fachrichtung Bankwirtschaft ab.
1977 stieg er in der Grossbank Credit Suisse (damals Schweizerische Kreditanstalt, SKA) ein. Von 1993 bis 1996 leitete Ackermann die Schweizer Grossbank.
Am 22. Mai 2002 wurde er zum Chef der Deutschen Bank gewählt – als erster Ausländer in der Geschichte der 1870 gegründeten Bank.
Angesichts der Vorgaben durch den Bundesgerichtshof scheint die Ausgangsposition für die Angeklagten bei der Neuauflage des Prozesses laut Experten schwieriger als im ersten Verfahren.
Am meisten zu verlieren hat dabei Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.
Denn sollte er tatsächlich rechtskräftig wegen Untreue verurteilt werden, müsste der Schweizer seinen Chefsessel bei Deutschlands grösster Bank wohl räumen.
Spekuliert wird aber auch über einen möglichen anderen Ausgang des Verfahrens: Ackermann könnte sich mit Gericht und Staatsanwaltschaft auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrages einigen.
Der Banker wäre dann nicht vorbestraft – und seiner weiteren Karriere stünde nichts im Wege.

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