
Dear Mr President

Mit einer Postkarten-Aktion fordert Amnesty International Schweiz US-Präsident Bush auf, den Häftlingen in Guantanamo faire Gerichtsverfahren zu gewähren.
«Die Idee stammt von der Schweizer Sektion von Amnesty International. Im Sommer verschickt man Postkarten. Wir haben uns überlegt, eine Postkarten-Aktion der anderen Art zu machen», erklärt AI-Sprecherin Daniela Kralova gegenüber swissinfo.
40’000 Briefe wurden verschickt, an Mitglieder, Spenderinnen und Spender sowie Sympathisanten. Die Adressaten werden darin aufgefordert, die Karte mit dem Appell für ein faires Gerichtsverfahren für alle Gefangenen an US-Präsident George Bush zu schicken.
Die vergessenen Häftlinge
Das Thema der rund 300 Gefangenen auf dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba sei bekannt, in letzter Zeit jedoch in Vergessenheit geraten, so die AI-Sprecherin weiter.
«Wir wollen mit unserer Aktion noch einmal darauf aufmerksam machen, dass die USA die internationalen Menschenrechts-Abkommen verletzen.»
Bereits im April 2002 hatte Amnesty International ein Memorandum an die amerikanische Regierung geschickt. Darin verlangte AI, dass sich die Haftbedingungen in Guantanamo ändern müssten.
Laut AI werden die seit Monaten auf Kuba inhaftierten Menschen, die im Zuge des Feldzugs gegen den Terrorismus in Afghanistan gefangen genommen wurden, auf Kuba 24 Stunden lang mit Neonlicht künstlich wachgehalten. Die Zellen dürfen sie nur mit Handschellen gefesselt drei Mal die Woche für 15 Minuten verlassen.
Die Gefangenen seien dem Vergessen preisgegeben und hätten weder Einspracherecht noch Aussichten auf ein unabhängiges Verfahren.
«Wir haben bei der US-Regierung Zugang zu den Häftlingen sowie bessere Bedingungen verlangt, haben aber bis heute keine Antwort auf diese Anfrage erhalten», so Kralova.
Für die Menschenrechts-Organisation Amnesty International ist unbestritten, dass die Verantwortlichen der Anschläge vom 11. September 2001 zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Unbestritten aber ist für AI auch, dass es ohne Einhaltung der Menschenrechte keine Gerechtigkeit gibt.
No response aus Washington
Laut Amnesty sind die Reaktionen auf die Postkarten-Aktion durchwegs positiv. Präsident Bush dürfte diesen Sommer viel Post aus der Schweiz erhalten. Eine Antwort aus dem Weissen Haus sei jedoch eher unwahrscheinlich, erklärte die Sprecherin der Schweizer Sektion:
«Präsident Bush hat auf eine Anfrage von AI auf der internationalen Ebene nicht geantwortet. Ich vermute nicht, dass er die Schweizer Sektion kontaktieren wird. Es geht jedoch auch darum, die Öffentlichkeit weiter zu sensibilisieren, auch darum, ein Thema aufs Tapet zu bringen, dass in Vergessenheit geraten ist.»
Gaby Ochsenbein

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