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«Ein liberales Haus für die Schweiz»

Bis Ende 2011 im Amt als FDP-Präsident: Pelli will die liberalen Kräfte im Land einen. Keystone

Drei Jahre nach seiner Wahl zum Präsidenten der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) lanciert Fulvio Pelli eine neue Initiative. Er will alle liberalen Kräfte der Schweiz in einem Pol bündeln und so den Wählerschwund stoppen.

Die vor wenigen Tagen in Bern angekündigte Fusion zwischen der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und der Liberalen Partei Schweiz (LPS) ist Teil dieses liberalen Projekts.

Der Zusammenschluss soll auch ein Gegenprojekt zur schleichenden Links-Rechts-Polarisierung der politischen Landschaft in der Schweiz sein.

Diese Polarisierung hat dazu geführt, dass das politische Zentrum stetig an Bedeutung verlor, während die radikaleren Kräfte gestärkt wurden.

Über die Bedeutung der freisinnig-liberalen Fusion in diesem Kontext sprach swissinfo mit FDP-Präsident Fulvio Pelli.

swissinfo: Welche Ziele verfolgt die neue Partei?

Fulvio Pelli: Wir werden modern und offen sein, wollen nicht einfach die Vergangenheit erhalten, sondern uns an der Zukunft ausrichten.

swissinfo: Wie wollen Sie das Image einer historischen Partei ändern, welche seit Jahren Wählerinnen und Wähler verliert?

F.P.: Die Tendenz einer stärkeren Polarisierung hat in der öffentlichen Debatte andere politische Parteien begünstigt, während unsere beiden Parteien das Nachsehen hatten. Wir müssen also unsere Sichtbarkeit auf der politischen Bühne wieder aufbauen.

Trotz der erwähnten Schwierigkeiten haben wir entschieden, nicht aufzugeben und unsere Positionen zu verteidigen. Der Zusammenschluss unserer Kräfte ist also eine Antwort auf diesen Polarisierungsprozess.

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FDP.Die Liberalen

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Gründer des Schweizerischen Bundesstaates von 1848 waren die Vorfahren der Freisinnig-Demokratischen Partei Schweiz (FDP). Sie wurde offiziell erst 1894 gegründet. Bis 1891 waren ausschliesslich Freisinnige im Bundesrat und bis 1943 vertraten sie dort die Mehrheit, während vieler Legislaturen auch im Parlament. Seit 1983 hat die Wirtschaftspartei, wie sie sich bezeichnet, stetig an Wähleranteil verloren,…

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swissinfo: Die Fusion der beiden liberalen Strömungen erfolgt fast zeitgleich mit der Spaltung innerhalb der Schweizerischen Volkspartei SVP. Welche Perspektiven sehen Sie für die neue «Bürgerliche Partei Schweiz» (BPS), die aus der Bündner SVP entstanden ist?

F.P.: Ich glaube nicht, dass die Gründung der BPS die schweizerische Politlandschaft wesentlich umkrempeln wird. Es gab innerhalb der SVP immer einen moderaten Flügel. Doch dieser wurde allzu lange unterdrückt. Die Spaltung hat mich daher nicht überrascht.

Die SVP-Abweichler, die politisch den liberalen Kräften nahe stehen, müssen sich jedoch entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wollen. Wenn sie eine kleine SVP-Splitterpartei bleiben wollen, sehe ich keine grosse Zukunft.

Wenn sie aber helfen, den liberalen Pol in der Schweiz zu stärken, könnten sie einen wichtigen Beitrag für die Politik im Land leisten.

swissinfo: Die neue Legislaturperiode begann ohne den nicht wiedergewählten Bundesrat Christoph Blocher und mit der SVP in einer selbst gewählten Oppositionsrolle. Wie ist die Stimmung im Bundeshaus?

F.P.: Wir erleben einen äusserst heiklen politischen Moment. Die Spannungen zwischen den politischen Parteien nehmen zu. Die SVP ist unruhig und hat ihre Sicherheit verloren, die sie bis anhin auszeichnete.

Die politische Szene ist in voller Bewegung und wir wollen diesen Moment nutzen, indem wir eine Alternative zur missgestimmten Rechten und Linken anbieten.

swissinfo: Dem Bundesrat wird mangelnde Transparenz vorgeworfen, wie im Fall des neuen Armeechefs. Ändert sich Ihrer Meinung nach die Art des Politisierens in der Schweiz?

F.P.: Zur Ernennung von Roland Nef als Armeechef kann ich mich nicht äussern, weil ich nicht über genügend Detailkenntnisse verfüge. Doch meiner Meinung nach handelte Verteidigungsminister Samuel Schmid in dieser Angelegenheit nicht sehr geschickt. Er hat sich in eine delikate Position manövriert.

Gleichwohl handelt es sich eher um kleine Unfälle, welche die prioritären Ziele der schweizerischen Politik nicht überdecken sollten.

Die Schweiz muss grosse Herausforderungen meistern. Denn die Schweiz ist Teil einer sich rasch ändernden und fragilen Welt, in der bilaterale durch multilaterale Beziehungen abgelöst wurden.

Für ein kleines Land wie die Schweiz ist es nicht einfach, die richtige Position in dieser Welt zu finden. Deshalb muss die Regierung auf wichtige Fragen eine Antwort finden: Wie muss sich die Schweiz positionieren? Welche Strategie müssen wir wählen, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen?

swissinfo: Haben Sie nicht den Eindruck, dass diese «Unfälle» das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politiker schmälern?

F.P.: Zweifellos. Bei jedem Skandälchen geht etwas Vertrauen verloren. Ich bin aber überzeugt, dass sich das Verhältnis zur Politik verbessern kann, wenn die jetzige Generation von Bundesräten abtritt und durch eine neue ersetzt wird. Diese kann dann ohne Altlasten nach vorne schauen.

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LPS

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Liberale Partei der Schweiz (LPS) existiert seit 1830 und positioniert sich rechts der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP), mit einer typisch wirtschaftlichen Prägung. Ende des 19. Jahrhunderts haben sich Liberale und Freisinnige in den meisten Kantonen zusammengeschlossen, ausser in der Westschweiz und im Kanton Basel-Stadt. Heute ist die LPS – die sechstgrösste Partei – noch in…

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swissinfo: Sie haben angekündigt, 2011 als Präsident der FDP zurücktreten zu wollen. Werden Sie der Politik ganz den Rücken zuwenden oder eine neue Herausforderung suchen?

F.P.: Wahrscheinlich wird mein Rücktritt auf den Beginn des Jahres 2012 fallen. Ich wollte dies klarstellen, um nicht in den kommenden vier Jahren ständig mit der Frage nach dem Rücktritt belästigt zu werden.

Meine Aufgabe ist jetzt klar: Ich muss den liberalen Pol auf dem politischen Parkett so weit wie möglich nach vorne bringen. Die Partei braucht aber auch neue Kräfte. Ihnen sollten wir Vertrauen schenken.

swissinfo-Interview: Stefania Summermatter
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Fulvio Pelli, am 26.Januar 1951 in Lugano geboren, ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Töchtern. Er studierte Rechtswissenschaften in Bern und Zürich. Seit 1981 ist er als Anwalt in seiner Heimatstadt tätig.

Pelli machte eine klassische politische Karriere: Gemeinderat, Grosser Rat, Nationalrat. Von 2002 bis 2005 war er Fraktionschef der FDP im Eidgenössischen
Parlament. Danach übernahm er das Parteipräsidium von Rolf Schweiger.

Er ist der dritte Tessiner als FDP-Präsident. Vor ihm hatten nur Aleardo Pini (1948 – 1954) und Nello Celio (1960 – 1964) dieses Amt inne.

2003 kandidierte Pelli erfolglos für den Bundesrat. Die Ambitionen auf dieses Amt hat er inzwischen aufgegeben.

Er wird die Präsidentschaft der FDP nach den Eidgenössischen Wahlen im Jahr 2011 aufgeben, um sich dann ganz seinen beruflichen Verpflichtungen als Anwalt zu widmen.

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