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Am wenigsten rassistische Vorfälle seit 1997

Rassistische Sprüche und Schmierereien - die Statistik sagt nicht alles. Keystone

Im letzten Jahr wurden 96 rassistische Vorfälle erfasst, im Vergleich zu 111 im Vorjahr. Der Rückgang ist aber nur auf ein Urteil des Bundesgerichts zurück zu führen.

Dies geht aus der jährlichen Statistik der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus hervor.

Insgesamt wurden 96 rassistische Vorfälle erfasst, verglichen mit 111 im Vorjahr, wie der jüngsten Chronologie der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus sowie der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz zu entnehmen ist. Die Anzahl der Vorfälle ist damit auf den tiefsten Stand seit 1997 gesunken.

Oberste Richter weisen den Weg

Der Rückgang ist laut dem Journalisten und Publizisten Hans Stutz, der für die Zusammenstellung der Chronologie zuständig ist, eine direkte Folge eines Entscheides des Bundesgerichts im Sommer 2003.

Das oberste Gericht der Schweiz hatte entschieden, dass Einbürgerungs-Entscheide begründet werden müssen. Damit verbunden wurde ein Verbot von Einbürgerungen an der Urne. Im vergangenen Jahr wurden fünf Einbürgerungen aus rassistischen Motiven verweigert, während es ein Jahr zuvor noch 23 gewesen waren.

Weniger Nazi-Märsche, mehr Diskriminierungen

Die Zahl der erfassten rechtsextremen Aufmärsche, Auftritte und Zusammenkünfte ging auf 18 zurück, verglichen mit 22 im Vorjahr.

Die Zahl von Angriffen von Rassisten oder Rechtsextremen auf missliebige Personen stieg auf 14 an, verglichen mit acht im Vorjahr. Dazu gehörten alle Übergriffe von der Tätlichkeit über Körperverletzung bis hin zu Mord, wobei im vergangenen Jahr kein Tötungsdelikt aus rassistischen Motiven verzeichnet wurde.

Eine Zunahme von vier auf elf Vorfälle gab es bei den Diskriminierungen. Dazu gehören laut Stutz etwa die Verweigerung einer Arbeitsstelle für eine dunkelhäutige Krankenschwester oder die Verweigerung des Eintritts in eine Bar aus rassistischen Motiven.

Die Statistik sagt nicht alles

Die Aussage, dass die rassistischen Übergriffe im vergangenen Jahr zurückgegangen sind, muss laut Stutz relativiert werden.

Tatsächlich gebe es bei den Einbürgerungen nur noch wenig Verweigerungen aus rassistischen Gründen. Allerdings bestehe eine Tendenz, die Einbürgerungen trotzdem zu erschweren.

So würden etwa im luzernischen Emmen seit dem Bundesgerichtsentscheid keine Ausländerinnen und Ausländer mehr eingebürgert. Und im luzernischen Littau würden die Gesuche so langsam erledigt, dass Einbürgerungswillige sieben oder acht Jahre auf einen Entscheid warten müssten.

Diese Vorgehensweisen würden aber nicht in der Statistik der rassistischen Vorfälle erfasst.

Trauriges Rekordjahr 1999

Die höchste Zahl der Übergriffe wurde mit 143 im Jahr 1999 erfasst, wie der Chronologie zu entnehmen ist. Noch tiefer als im vergangenen Jahr war die Zahl der Übergriffe im Jahr 1997 gewesen, mit insgesamt 81 erfassten Taten.

swissinfo und Agenturen

2004: 96 rassistische Vorfälle
2003: 111 Vorfälle
1999: 143 Vorfälle, das Rekordjahr seit die Statistik geführt wird.
1997: 81 Vorfälle, die bisher tiefste Anzahl.

Die Stadtzürcher SVP reichte 1999 die Initiative “Einbürgerungen vors Volk!” ein. Die Behörden erklären die Initiative 2001 für ungültig. Die Partei gibt nicht auf und wendet sich an den Kanton. Auch die Zürcher Kantonsregierung erklärt ein Jahr später den SVP-Vorstoss für verfassungswidrig.

Die SVP reicht beim Bundesgericht eine Stimmrechts-Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde von den Lausanner Richtern im Juli 2003 einstimmig abgewiesen.

Urnenentscheide über Einbürgerungen würden die aus Artikel 29 der Bundesverfassung abgeleitete Pflicht zur Begründung eines Entscheides verletzen.

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