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Zürcher Wissenschaftsfabrik mit neuem Chef

Ralph Eichler, der neue ETHZ-Präsident. PSI

Raph Eichler heisst der neue Präsident der ETH Zürich. Nach einigen Wirren wählte der Bundesrat den Direktor des Paul-Scherrer-Institutes an die Spitze der renommierten Forschungsanstalt.

Eichlers Vorgänger war vor sieben Monaten am massiven Widerstand der Professoren gescheitert. Interims-Präsident Osterwalder wurde zum Rektor der UNO-Universität in Tokio berufen.

Innenminister Pascal Couchepin sprach Eichler am Mittwoch vor den Medien das volle Vertrauen des Bundesrats aus. Er lobte unter anderem die grosse Führungserfahrung Eichlers und dessen exzellentes Beziehungsnetz.

Eichler ist seit 1989 Physik-Professor an der ETH Zürich (ETHZ). Seit Juli 2002 leitet er das Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen und vertritt seit 2004 als Mitglied des ETH-Rats die vier Forschungsanstalten des Bereichs in der strategischen Leitung.

Der neue ETHZ-Präsident tritt sein Amt Anfang September an und löst Konrad Osterwalder ab, der die Hochschule seit dem erzwungenen Rücktritt Ernst Hafens im vergangenen November interimistisch geführt hat.

Mysteriöser Rückzug

Eichlers Wahl war erwartet worden, nachdem sich der ursprünglich als Favorit gehandelte Martin Schwab, Professor für Neurowissenschaften, zurückgezogen hatte.

Die Hintergründe des Rückzugs von Schwab sind bis heute nicht ganz geklärt. Er begründet seinen Rückzug offiziell damit, dass er seine jetzige wissenschaftliche Tätigkeit dem administrationslastigen Präsidium vorziehe.

Laut Medienberichten scheiterte die Kandidatur jedoch an der zunehmenden Konkurrenz der beiden eidgenössischen Hochschulen in Zürich und Lausanne um das Geld des Bundes, wobei sich Schwab gegen einen Mittelabfluss nach Lausanne gewehrt haben und damit im ETH-Rat auf Widerstand gestossen sein soll.

Aufsichtsbeschwerde der ETHZ

In dieser Sache hat die ETHZ beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) inzwischen eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Sie stelle beim Beschluss des ETH-Rats über die Mittelzuteilung für das Budgetjahr 2008 “mehrere gravierende formelle und inhaltliche Mängel” fest, teilte die ETHZ mit.

Beim ETH-Gesamtbudget geht es um rund 2 Mrd. Franken. Bundesrat Pascal Couchepin solle deshalb den ETH-Rat anweisen, seinen Budgetbeschluss vom 23./24. Mai zu überdenken, eine sachgerechte Zuteilung der Mittel vorzunehmen und den Beschluss in rechtlich korrekter Form neu zu fassen.

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ETHZ/EPFL

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweiz hat zwei technische Hochschulen, die ETHZ in Zürich, die 2005 ihr 150 jähriges Bestehen feiern konnte, und die EPFL in Lausanne, die 1853 als Privatschule gegründet wurde und 1969 nach der Trennung von der Universität Lausanne eine Eidgenössische Hochschule wurde. Beide Hochschulen gelten als führende Institutionen in Wissenschaft und Technologie und werden direkt…

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Noch keine Bundesrats-Stellungnahme

Couchepin nahm vor den Medien noch nicht konkret Stellung zur Aufsichtsbeschwerde. Sie werde jetzt rechtlich geprüft. Der Bundesrat erwarte von der ETH, dass sie durch Qualität in Lehre und Forschung ihren Ruf bestätige und die dafür verfügbaren Mittel intelligent einsetze.

Auch den neu gewählten Präsidenten liess er mit Verweis auf den ausstehenden Entscheid nicht auf die Frage antworten, ob er mit der Aufteilung der Mittel leben könne.

Eichler sagte aber, dass sich die beiden Technischen Hochschulen durchaus einen kleinen Wettbewerb erlauben könnten, grosse Kämpfe solle es aber nicht geben.

swissinfo und Agenturen

Im Jahr 1855 gründete die Schweizer Regierung die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH).

1969 wurde die EPFL in Lausanne (hervorgegangen aus der 1853 gegründeten Ecole Spéciale) die zweite ETH der Schweiz.

An der ETH Zürich sind rund 13’000 Studierende eingeschrieben.

Der Anteil der Studentinnen beträgt rund 30%, jener der ausländischen Studierenden 20%.

Im Schnitt kommt auf 35 Studierende eine Professorenstelle.

Die Departementsvorsteher der ETH Zürich üben in einem Brief an Bundesrat Couchepin harsche Kritik am obersten Gremium der eidgenössischen Hochschulen.

Der ETH-Rat habe mehrfach versagt: Er sei nicht in der Lage gewesen, nach einer Suche von 6 Monaten einen überzeugenden Kandidaten für das Präsidium vorzuschlagen. Auch den nunmehr gewählten Eichler halten die Departementsvorsteher für nicht geeignet.

Ausserdem habe der Rat willkürlich über die Mittelzuteilung für 2008 entschieden.

Der ETH-Rat ist das oberste Organ der ETH Zürich, der EPF Lausanne sowie von weitern vier Forschungsanstalten des Bundes.

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