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Adolf Ogi: «Ich bin glücklich über diese 13 Jahre – ich habe diesem Land gedient»

Adolf Ogi: ein populärer Bundesrat tritt nach 13 jähriger Amtszeit zurück. Keystone

Adolf Ogi tritt als Bundesrat auf Ende Jahr zurück. Zuletzt leitete er das Departement für Verteidigung, Bevölkerungs-Schutz und Sport. Zweimal wurde Ogi zum Bundes-präsidenten gewählt. Der Rücktritt bewegt die Schweizerinnen und Schweizer.

Warum beschäftigt Ogi die Schweizerinnen und Schweizer mehr als alle anderen Bundesräte zusammen? Ob am Schützenfest, auf Politveranstaltungen oder im Kindersportlager: Ogi war gern gesehener Gast. «Ich bin ein emotioneller Mensch, ich gehe auf die Leute zu. Und ich habe immer gesagt, ich werde meine Botschaften so anbringen, dass sie verstanden werden. Offensichtlich ist mir das gelungen,» erklärte der populäre Magistrat sein Erfolgsrezept gegenüber swissinfo.

Bundesrat am Kochherd

Sein Fernsehauftritt 1990, als er der Nation zeigte, dass Eierkochen mit aufgesetztem Pfannendeckel sparsamer ist, oder seine Weihnachtsrede im Schneegestöber vor dem Lötschbergtunnel sind vielen Bürgerinnen und Bürgern in bester Erinnerung: «Ich glaube, dass diese Bilder-Sprache zuerst belächelt wurde. Heute hat diese Sprache Erfolg. Man versteht es,» ist der scheidende Bundesrat überzeugt.

Vom Skiverband in die Politik

Adolf Ogi war ein Quereinsteiger. Er kam über den Schweizer Skiverband zur Politik. 1978 trat der Kandersteger der Schweizerische Volkspartei, SVP, bei, und wurde nur ein Jahr später in den Nationalrat gewählt. 1984 bis zu seiner Wahl 1987 in den Bundesrat war er zudem Präsident der SVP Schweiz.

Ab 1988 stand Adolf Ogi dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) vor. Ogi war zuständig für die Medienpolitik.

Als Verkehrsminister erreichte er in zähen Verhandlungen mit der Europäischen Gemeinschaft (EG) 1991 einen Transitvertrag für den alpenquerenden Schwerverkehr.

Heftig umstritten blieb wegen der Kosten und den ökologischen Bedenken das Jahrhundert-Bauwerk der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT). Damit soll bis 2010 ein Eisenbahntunnel den Kanton Bern durch den Lötschberg mit dem Wallis verbinden und eine neue Gotthard-Basislinie den Kanton Uri mit dem Tessin. Der Startschuss wurde im September 1993 gegeben.

Euroturbo

Ein schwarzer Tag war für Ogi der 6. Dezember 1992, als die Schweizerinnen und Schweizer den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) knapp ablehnten. Denn Ogi war lange Zeit die treibende Kraft hinter dem EG-Beitrittsgesuch.

Ein Jahr später wurde Ogi mit grosser Mehrheit von der Vereinigten Bundesversammlung das erste Mal zum Bundespräsidenten gewählt. Dieses Amt wird im Rotationsverfahren von allen sieben Bundesräten jeweils für ein Jahr wahrgenommen.

«Abstieg in die B-Liga»

Der Rücktritt des sozialdemokratischen Finanzministers Otto Stich löste im Bundesrat 1995 eine Rochade aus. Adolf Ogi musste das Militärdepartement übernehmen, da die bürgerlichen Parteien keinen Sozialdemokraten als Verteidigungsminister wollten. Man sprach von einem «Abstieg in die B-Liga».

Ogi führte im Militärdepartement die eingeleiteten Reformen weiter und setzte sich für ein verstärktes sicherheitspolitisches Engagement der Schweiz ein. Stichworte dazu sind die in Bosnien-Herzegowina stationierten Gelbmützen oder die Teilnahme der Schweiz am NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden.

1997 stimmte die Regierung der Umbenennung des «Eidgenössischen Militärdepartements» in «Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport» zu. Damit fiel neu auch der Sport in Ogis Verantwortungs-Bereich.

Umbauprojekt Armee

Mit dem Reformprojekt «Armee XXI» strebte Ogi eine Verkleinerung und gleichzeitig eine Professionalisierung der Armee an. Dieser Reformprozess ist noch im vollen Gang und muss von seinem Nachfolger Samuel Schmid abgeschlossen werden.

Das Verhältnis von Bundesrat Adolf Ogi zu seiner Partei SVP wurde im Verlauf der Amtszeit immer schwieriger. Ogi distanzierte sich immer mehr vom radikalen Kurs des tonangebenden Zürcher Flügels um Christoph Blocher. Dieser rückte die Sozialdemokraten in die Nähe der Nationalsozialisten und polarisierte mit rassistischen Plakatkampagnen.

Anpassungsfähiger Bergler

Bei Bratwurst und Rösti fühlte sich Adolf Ogi genau so wohl wie auf einem Diplomatenbankett. Als erster Schweizer Bundespräsident sprach Ogi im letzten Herbst vor der UNO-Vollversammlung in New York. UNO-Generalsekretär Kofi Annan zählt er zu seinen persönlichen Freunden.

Persönlich sieht Adolf Ogi seine 13 Jahre im Bundesrat als eine «reiche und interessante Zeit». Der Preis für die Familie und sein Privatleben sei aber «sehr hoch» gewesen. Adolf Ogi ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.

In seiner Freizeit fährt er leidenschaftlich Ski, joggt, betreibt Yoga und klettert gerne. Um seine berufliche Zukunft nach dem Rücktritt als Bundesrat hüllte sich der Kandersteger bisher in Schweigen.

Ruth Bossart

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