Angela Merkel: Nette Worte, hart in der Sache
Die Schweizer Paketlösung im Fluglärmstreit – Autobahnen und Bahnanschlüsse gegen Überflüge – ist nach dem Besuch der deutschen Bundeskanzlerin tot, so das Fazit der Schweizer Presse.
Als «sachten Neuanlauf» wertet die «Neue Luzerner Zeitung» vorsichtig optimistisch die Lärmmessungen, welche die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Pascal Couchepin am Dienstag in Bern vereinbarten.
Dabei müssten aber endlich Äpfel mit Äpfeln verglichen werden, fordert die NLZ. Bislang habe die Schweiz Dezibel gemessen, während Deutschland die Flugbewegungen am Himmel gezählt habe.
Den Strohhalm neue Lärmmessungen ergreift auch die «Berner Zeitung»: «Merkel in der Schweiz – Besuch lässt hoffen».
Kritischer würdigt der «Tages-Anzeiger» den zweistündigen Besuch des hohen Gastes: «Merkel schätzt – und kritisiert die Schweiz». Der «Tagi» hob Merkels Lob der Schweiz hervor, dafür, dass hier viele Deutsche Arbeit und Heimat fänden.
Kein Thema
Doch im Fluglärmstreit habe die Kanzlerin der von der Schweiz propagierten Paketlösung eine klare Absage erteilt. Darüber habe sie mit ihren Gastgebern, den vier Bundesräten Couchepin, Leuenberger, Merz und Calmy-Rey «überhaupt gar nicht geredet».
Nüchternheit auch bei der «Aargauer Zeitung»: Die deutsche Bundeskanzlerin habe bei ihrem Besuch in Bern keine Geschenke verteilt, «Fluglärmstreit: Die Fronten bleiben hart».
Auch die «Basler Zeitung» sieht keine Bewegung: «Bundeskanzlerin Merkel lehnt Tauschhandel ab».
Keinen Grund zu Optimismus auch beim Berner «Bund»: Die von Bundespräsident Couchepin «gut verkaufte Einigung» auf erneute Lärmmessungen bedeuteten lediglich eine Klärung der Fakten. «In der Sache selber zeigt Deutschland weiterhin nicht die geringste Bereitschaft, auch nur einen Millimeter nachzugeben.»
«Wie beim Fussball»
Es sei wie beim Fussball, vergleicht der «Bund». Vor dem Match sei die Erwartung jeweils gross, es dem grossen Nachbarn «endlich einmal zu zeigen». Umso grösser der Katzenjammer, wenn es einmal mehr nicht geklappt habe.
Unmissverständlich drückt sich die «Neue Zürcher Zeitung» aus: «Die Paketlösung ist tot, es lebe ihr Inhalt.» Nach dem Merkel-Besuch herrsche kein Zweifel, dass der Zürcher Fluglärm in der deutschen Politik keinerlei Priorität habe. Die Schweiz habe nichts anbieten können, was die Lage verändert hätte.
Etwa 700 Süddeutsche erzwängen ein «unsinniges An- und Abflugregime» für den Zürcher Flughafen, rechnet die NZZ vor. Gleichzeitig profitierten 13’500 deutsche Grenzgänger vom Wirtschaftsstandort Zürich, der wiederum von diesem Flughafen profitiere.
swissinfo, Renat Künzi

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