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Reaktionen zwischen Beifall und Empörung

Demonstration in Lausanne gegen das Abstimmungsergebnis. Keystone

Mehrheitlich zustimmend und anerkennend reagieren swissinfo.ch-Leserinnen und -Leser auf das Volks-Ja zur Ausschaffungs-Initiative. In einigen Kommentaren kommt aber auch Empörung zum Ausdruck.

«Ich bin dafür, dass alle in der Schweiz lebenden Ausländer, die ein Verbrechen begangen haben, aus dem Land ausgewiesen werden und das für immer», schreibt ein in der Schweiz lebender irakischer Asylbewerber. – «Ich schäme mich, Schweizer zu sein und in einem Land zu leben, das zusehends nach ganz rechts abdriftet», schreibt ein anderer swissinfo.ch-Leser.

Die grosse Mehrheit gibt ihrer Freude über das Ja zur Ausschaffungs-Initiative Ausdruck. «Ich freue mich über das Resultat, auch wenn ich politisch nicht rechts stehe», schreibt ein Schweizer, der in England lebt. «Wenn du ein reines Gewissen hast, hast du kein Problem. Es ist an der Zeit, damit aufzuhören, die kriminellen Elemente zu schützen», fordert ein englischsprachiger Leser.

Die Reaktionen in englischer Sprache fallen zu 90% zugunsten der Initiative aus. Dieselbe Tendenz findet sich auch auf den andern swissinfo.ch-Sprachsites. Im Gegensatz zur Minarett-Initiative kommt die Schweiz als Land in den meisten Kommentaren gut weg.

Lob der direkten Demokratie

Dass das Ja zur Initiative eine Folge der direkten Demokratie ist, stösst auf Lob. So schreibt ein Leser aus Frankreich: «Ein Dankeschön der Schweiz für ihre direkte Demokratie. Ich begrüsse diese Abstimmung und würde mir eine ebensolche auch für Frankreich wünschen.»

Zahlreiche Leser halten es für richtig, dass kriminelle Ausländer hart bestraft werden. «Die Schweizer haben recht, dass sie gegen kriminelle Ausländer abstimmen. Ein Immigrant, der in diesem schönen Land Mist baut, ist ein grausamer Teufel», schreibt ein arabischer Leser aus dem Libanon. Eine Ausländerin französischer Muttersprache, die seit 15 Jahren in der Schweiz lebt, schreibt: «Leute, die arbeiten und sich dem Gastland anpassen, sind überall willkommen, egal welcher Nationalität oder Religion sie auch angehören.»

Unterschiedliche Delikte

Die Initiative verlangt die Ausschaffung von kriminellen Ausländern, wobei die Deliktliste den Sozialhilfebetrug, nicht jedoch die Wirtschaftskriminalität umfasst. Diese Tatsache stösst bei den Initiativgegnern auf Kritik.

«Die Ausschaffung gilt natürlich nicht für jene, welche ihre Delikte mit Hilfe der Schweizer Banken begehen», schreibt ein Leser aus der Deutschschweiz. Ein anderer kritisiert: «Auf der einen Seite will die Schweiz Mörder, Drogendealer und Diebe ausschaffen, auf der andern Seite empfängt sie Diktatoren, Mafiosi und Geschäftsleute mit offenen Armen.»

In der Mehrzahl der Kommentare wird unterschieden zwischen jenen Ausländern, die sich integrieren und anpassen, und jenen, welche die Gesetze missachten. «Ich kenne viele Ausländer, für die diese Initiative keine Auswirkungen hat, da sie sich tadellos verhalten. Ich würde sie sogar in mein Haus einladen», schreibt ein swissinfo.ch-Leser.

Auch in Zukunft ein Thema

«Die Diskussionen unterscheiden zwischen Ausländern, die die Gesetze verletzen und sich nicht in die Kultur und die Sitten eines Landes einfügen wollen, und den andern», sagt der Politologe Oscar Mazzoleni gegenüber swissinfo.ch.

Mazzoleni geht davon aus, dass die bei der Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative siegreiche rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) auch in Zukunft auf das Thema Ausländer setzen wird. Für die Partei habe das Thema grosses politisches Gewicht, und «ein Teil der Bevölkerung empfindet Ausländer, Asylbewerber oder Einbürgerungen als Problem».

Das Schweizer Stimmvolk hat die Ausschaffungs-Initiative der SVP mit 52,9% angenommen. 17,5 der 23 Kantone stimmten zu.

Der Gegenentwurf scheiterte mit 54,2% Nein.

Klar Nein sagten die Stimmenden zur Steuerinitiative der SP, die mit 58,5% Gegenstimmen scheiterte.

Die Stimmbeteiligung lag bei 53%.

Der Blick auf die Resultate der Kantone zeigt, dass die Abstimmungen letztlich eine klare Sache waren.

Die Ausschaffungs-Initiative wurde lediglich von sechs Kantonen verworfen. Es sind dies Waadt, Freiburg, Neuenburg, Jura, Genf und Basel-Stadt. Alle anderen hiessen die Verschärfung der Verfassung gut.

Noch klarer fiel das Bild beim Gegenentwurf aus. Dieser fand in keinem einzigen Kanton Zustimmung.

Die Volksinitiative der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) verlangt, dass Ausländer, die sich schwerwiegende Straftaten zu Schulden kommen lassen, das Land zwingend verlassen müssen. Mit dem Abstimmungs-Ja zur SVP-Initiative drohen der Schweiz Konflikte mit dem internationalen Völkerrecht.

(Adaption aus dem Französischen: Andreas Keiser)

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