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Schweiz umwirbt japanische Unternehmen

Verstärkte Investitionen im Alpenland als "Türöffner" für den Markt der Europäischen Union: Mit dieser Formel versucht eine Schweizer Wirtschaftsdelegation, in Japan gute Handels-Stimmung zu verbreiten.

Angeführt von Wirtschaftsministerin Doris Leuthard, versuchen die Schweizer Wirtschaftsvertreter bis Ende Woche in Japan, das seit kurzem geltende Freihandelsabkommen zwischen den beiden Ländern richtig in Schwung zu bringen.

Die Schweiz glänzt mit niedrigen Steuern für Unternehmen und hoher Lebensqualität. Mit diesen Vorzügen hat der Wirtschaftsstandort Schweiz bisher bei grossen Unternehmen vor allem aus den USA und Europa gepunktet. In Asien dagegen scheint die Botschaft noch nicht angekommen zu sein.

Obwohl die Wirtschaft Japans viel grösser sei, überwiegten in der Handelsbilanz die Schweizer Exporte, sagte Leuthard am Dienstag an einem Schweizer Symposium in Tokyo vor hohen Wirtschaftvertretern beider Länder.

Massives Ungleichgewicht

«Schweizer Direktinvestitionen schaffen in Japan rund 65’000 Stellen, während umgekehrt das moderate japanische Engagement in der Schweiz nur 4000 Jobs kreiert», verdeutlichte Leuthard. Das sei keine ausgeglichene Bilanz.

Die Statistik gibt der Bundesrätin recht. Schweizer Direktinvestitionen in Japan sind 2007 um knapp drei Prozent auf 13,7 Mrd. Franken gestiegen. In umgekehrter Richtung sank die Zahl um 44 Mio. auf 932 Mio. Franken.

Den Rückstand machten zwar indirekte Investitionen teilweise wett. Japanische Fonds investierten hier im Umfang von immerhin sieben Mrd. Franken.

Die Ungleichheit spiegelt auch die Zahl der involvierten Firmen. In Japan sind 140 Schweizer Unternehmen aktiv, umgekehrt dagegen nur 100.

Nachteil hohe Arbeitskosten

Im jüngsten Ranking der Beratungsfirma Ernst & Young figuriert die Schweiz hinter Deutschland auf Platz zwei, was die Attraktivität von Auslands-Investitionen angeht. Die japanischen Unternehmen dagegen setzten die Schweiz auf den siebten Rang, hinter vier europäischen Konkurrenten.

Die Statistik zeigt weiter, dass die Schweizer Steuergeschenke in Asien nicht auf dieselbe Gegenliebe stossen wie bei Unternehmen aus anderen Ländern.

«Bevor japanische Firmen über die Standortfrage entscheiden, prüfen sie die Kriterien englischsprechende Mitarbeiter, niedrige Steuern, Nähe zu den Kunden, gute Verteilung sowie niedrige Arbeitskosten», erklärt Michiaki Watanabe, für die Schweiz zuständiger Generaldirektor bei der japanischen Aussenhandelsorganisation (Jetro), gegenüber swissinfo.ch.

Aufklärung

Bei der Wahl des europäischen Hauptquartiers tendierten sie zudem zu EU-Ländern, um den Markt der Europäischen Union besser abdecken zu können.

Die Schweizer Vertreter wiesen aber darauf hin, dass die Schweiz den freien Zugang zu diesem Markt anbieten könne. Dies aufgrund des Freihandels, der in den Bilateralen Verträgen geregelt sei sowie des Freihandelsabkommens mit Japan. Dieses ist seit 1. September in Kraft.

Am Symposium strichen Vertreter von Ernst & Young heraus, dass japanische Güter wie Teile für die Elektronik- oder Autoindustrie von günstigen Steuertarifen profitieren könnten, wenn sie in der Schweiz veredelt würden. Dies sei dann der Fall, wenn der Anteil der Schweizer Fertigung mindestens 60 Prozent des gesamten Fertigungsprozesses betrage.

Optimistischer Ausblick

Daniel Küng, Chef der Schweizer Aussenhandelsförderung (Osec), strich die Vorteile des neuen Freihandelsabkommens für den japanischen Markt heraus.

«Die substanziellen Vorteile, welche die Freihandelsabkommen der Schweiz bringen, werden sie rasch zur ersten Adresse machen, was die Hauptsitze japanischer Unternehmen in Europa betrifft», so ein optimistischer Daniel Küng.

Matthew Allen, swissinfo.ch in Tokio
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Das Abkommen über Freihandel und Wirtschaftliche Partnerschaft (FHWPA) – dessen Geltungsbereich über die normalen Parameter eines Freihandels-Abkommens (FHA) hinausgeht – wurde im Februar 2009 unterzeichnet.

Im Rahmen des Abkommens werden eine Reihe Zölle abgebaut, vor allem auf Industriegütern und gewissen ausgewählten Landwirtschafts-Produkten.

Das Abkommen beinhaltet auch Bestimmungen zum Dienstleistungs-Sektor, inklusive Finanzdienstleistungen.

Es erleichtert Bürgern beider Staaten den grenzüberschreitenden Verkehr zu Geschäftszwecken, wobei das Abkommen nicht so weit geht wie der Vertrag zum freien Personenverkehr mit der Europäischen Union.

Zudem regelt das Vertragswerk den Schutz des geistigen Eigentums, den Schutz von Investitionen, die Förderung und Erleichterung des elektronischen Handels und des freien Wettbewerbs.

Im Januar 2007 hatten sich die beiden Staaten auf Verhandlungen über ein Freihandels-Abkommen geeinigt; die Verhandlungen begannen vier Monate später und dauerten acht Runden. Am 1. September 2009 trat das Abkommen in Kraft.

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