Tessin verbietet Rauchen in Lokalen
Das Tessin verbietet als erster Kanton das Rauchen in Bars, Kaffees, Restaurants und Diskos. Der Entscheid fiel nach einer lebhaften Debatte im Grossen Rat.
Das Kantons-Parlament hat am Mittwochabend schliesslich den Vorschlag der Kantons-Regierung angenommen.
Die hitzige Debatte im Parlament in Bellinzona dauerte vier Stunden. Dann haben sich die Abgeordneten klar für den Nichtraucherschutz ausgesprochen und einer Änderung des Gastgewerbe-Gesetzes zugestimmt.
Sie folgten mit grosser Mehrheit dem Antrag des Christdemokraten Fabio Regazzi, der ein generelles Rauchverbot in sämtlichen öffentlichen Lokalen forderte. Das hatte auch der Staatsrat, die Kantons-Regierung, verlangt.
Kommission wollte Ausnahmen
Überraschenderweise folgte das Kantons-Parlament nicht dem Vorschlag der eigenen, vorberatendenden Kommission. Diese wollte Nachtclubs, Diskotheken und Piano-Bars vom Verbot ausnehmen.
Die Tessiner Gastwirte haben nun ein Jahr Zeit, ihre Lokale an das neue Gesetz anzupassen. Rauchen wird man danach nur noch in Gaststätten erlaubt sein, die über räumlich vollkommen abgetrennte und effizient belüftete so genannten Fumoirs verfügen.
Rechte droht mit Referendum
Ob das Rauchverbot allerdings tatsächlich in Kraft tritt, ist noch nicht sicher. Die beiden Rechtsparteien im Kantons-Parlament, die Lega dei Ticinesi und die Schweizerische Volkspartei (SVP) hatten bereits vor der Diskussion mit einem Referendum gedroht.
Lega-Präsident Giuliano Bignasca sprach von einem “Taliban-Regime”. Die Freiheit der Bürger werde mit immer neuen Verboten eingeschränkt, monierten auch etliche andere Grossräte aus dem rechten Lager.
Gesundheitsdirektorin setzt sich durch
Die sozialdemokratische Gesundheitsdirektorin Patrizia Pesenti begründete das Verbot mit dem Schutz der Nichtraucher und des Service-Personals. Das bisherige Gesetz, das die Schaffung von Nichtrauchertischen vorsah, habe sich als zu wenig effizient erwiesen.
Dieser Argumentation folgte schliesslich eine Mehrheit bestehend aus Vertretern der Christ- und Sozialdemokraten und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP).
Debatte auch auf der Alpennordseite
Einer Umfrage zufolge befürworten zwei von drei Tessinern ein Rauchverbot in öffentlichen Lokalen. Im benachbarten Italien ist ein solches Verbot seit Anfang Jahr in Kraft. Zu den ursprünglich von den Wirten befürchteten Umsatzeinbussen ist es deswegen aber nicht gekommen.
Wahrscheinlich ist, dass schon bald auch auf der Alpennordseite über Rauchverbote in Gastro-Betrieben diskutiert wird. Im Kanton Graubünden beispielsweise wird sich der Grosse Rat nächste Woche mit diesem Thema befassen.
swissinfo und Agenturen
Der Tessiner Grosse Rat, das Kantons-Parlament, hat beschlossen, das Rauchen in allen öffentlichen Lokalen des Kantons zu verbieten.
Laut einer Studie der Universität Zürich sind 54% aller Jugendlichen und 72% der Jungen von 20 bis 24 Jahren Passivrauchen ausgesetzt, besonders bei Freizeitaktivitäten wie in Diskotheken.
Rund 1,75 Millionen Menschen zwischen 15 und 74 Jahren in der Schweiz rauchen. Das ist ein Drittel der Bevölkerung.
Zigaretten enthalten über 4000 giftige Substanzen.
Am vergangenen 13. Oktober hat die Tessiner Kantons-Regierung ihr Projekt vorgestellt, das Rauchen in allen öffentlichen Lokalen zu verbietet.
Nachdem auch das Kantons-Parlament grünes Licht gegeben hat, beginnt die Übergangsfrist von einem Jahr zu laufen.
Die Debatte im Tessin wurde von den Schweizer Medien aufmerksam verfolgt.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch