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CH/Bundesrat will nicht auf Unternehmenssteuerreform II zurückkommen

Bern (awp/sda) – Der Bundesrat will an der Unternehmenssteuerreform II nicht rütteln. Wie bereits vor Wochenfrist hat Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in der Fragestunde des Nationalrats bekräftigt, dass er trotz der nicht angekündigten Steuerausfälle in Milliardenhöhe das Gesetz nicht ändern will.
Ein Gesetz, das erst 2008 beschlossen worden sei und erst seit Anfang 2011 Wirkung entfalte, solle nur in einer gravierenden Ausnahmesituation rasch wieder revidiert werden, sagte die Finanzministerin.
In erster Linie gelte dies, wenn ein gravierender Fehler des Gesetzgebers vorliege. Es müsse ein eigentlicher Fehlentscheid sein, der unverantwortbare Folgen habe. Das sei bei der Unternehmenssteuerreform II nicht der Fall.
Das Parlament habe gestützt auf die Botschaft des Bundesrats der Reform nach langer Beratung zugestimmt. Das Kapitaleinlageprinzip, das nun wegen der Steuerbefreiung von Agio-Kapital-Ausschüttungen zu den Steuerausfällen führt, sei unumstritten gewesen.
Es sei richtig, dass das Parlament über diese Mindereinnahmen nicht diskutiert habe, respektive die Mindereinnahmen nicht berechnet worden seien, räumte Widmer-Schlumpf auf Fragen aus den Reihen der SP und der Grünen ein. Insbesondere habe man nicht über die lange Rückwirkungsfrist von 14 Jahren gesprochen. Auch im Abstimmungsbüchlein sei dazu nichts gestanden.
Laut Widmer-Schlumpf gehen dem Fiskus in den nächsten zehn Jahren durch die Steuerbefreiung von Agio-Ausschüttungen jährlich 200 bis 300 Mio CHF Verrechnungssteuer verloren. Bund und Kantonen entgehen zudem jährlich 200 bis 300 Mio CHF an Einkommenssteuern.
Insgesamt entspricht dies geschätzten Steuerausfällen von 4 bis 6 Mrd CHF. Dazu kommt ein einmaliger Ausfall bei der Verrechnungssteuer von 1,2 Mrd CHF im laufenden Jahr. Dieser Ausfall soll sich aber mit der Zeit wieder ausgleichen.
Trotz der Unterlassungen im Gesetzgebungsprozess gibt es nach Ansicht des Bundesrats keinen Anlass, darauf zurückzukommen. Widmer-Schlumpf begründete diese Haltung vor allem mit Fragen der Rechtssicherheit. Ändere die Schweiz die Gesetze so rasch, sei das der Rechtssicherheit abträglich. “Es geht darum, dass unsere Rechtsordnung berechenbar bleibt”, sagte sie.
Zudem stellte Widmer-Schlumpf in Frage, ob das etwas bringen würde. Um etwa die Rückwirkung aufzuheben, müsste ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden. Dies brauche Zeit. Das revidierte Gesetz könnte eventuell auf Anfang 2013 in Kraft treten. Bis dahin wäre ein Teil der Steuerausfälle bereits eingetreten.
ra

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