
Churer Stadtparlament erteilt Ausländerstimmrecht eine Absage

Die Churer Stimmbevölkerung wird in absehbarer Zeit nicht über ein kommunales Stimm- und Wahlrecht für ausländische Einwohner entscheiden können. Das 21-köpfige Stadtparlament hat sich am Donnerstag gegen eine Volksabstimmung zu dieser Frage ausgesprochen, wenn auch äusserst knapp.
(Keystone-SDA) Für eine Volksabstimmung zum Ausländerstimmrecht sprachen sich die 10 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte von SP, GLP, den Grünen und der freien Liste aus. Dagegen waren die 11 Parlamentsmitglieder von Mitte, FDP und SVP.
Das Geschäft ging auf einen Auftrag der SP zurück, welcher eine Volksabstimmung zum Thema forderte. Die Stadtregierung unterstützte das Anliegen. Das kommunale Wahl- und Stimmrecht sollte demnach ausländischen Einwohnern erteilt werden, die eine Niederlassungsbewilligung haben, seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in der Schweiz leben und davon die letzten drei Jahre in Chur.
Die Pro- und Kontra-Argumente bewegten sich entlang der aus vergleichbaren Parlamentsdebatten in der Schweiz bekannten Linien. Ausländische Menschen, die integriert seien und Steuern zahlten, sollten auch mitbestimmen können, was mit ihrem Geld geschieht, hiess es von den Befürwortenden des Ausländerstimmrechts. Die politische Mitbeteiligung stärke die Integration der Ausländerinnen- und Ausländer.
Die Einbürgerung als bisherige Voraussetzung für das Stimm- und Wahlrecht erweise sich für viele als zu hohe Hürde – auch wegen der damit verbundenen Kosten. Mit der im Vorstoss geforderten Niederlassungsbewilligung würde die Integration der abstimmungsberechtigten Ausländer sichergestellt.
«Ausbau der Demokratie»
Das Wahl- und Stimmrecht an die Staatsbürgerschaft zu knüpfen, mache keinen Sinn, meinte die SP. «Wir repräsentieren das Volk, und zwar nicht nur das Schweizer Volk», sagte ein SP-Parlamentarier. Die vom Stadtparlament geschaffenen Gesetze würden auch die ausländischen Mitbürger betreffen. Eine Demokratie funktioniere umso besser, je mehr Menschen teilnehmen würden, erklärte die GLP.
«Es geht um den Ausbau der Demokratie für eine Bevölkerungsgruppe, die bisher ausgeschlossen war», warb Stadtpräsident Hans Martin Meuli (FDP) für das Ausländerstimmrecht. Rund 3’500 langjährig in Chur ansässige Personen wären neu stimmberechtigt. Dies entspreche etwa 12 Prozent der heutigen Stimmbürgerschaft. Der Stadtrat sei überzeugt, dass das Ausländerstimmrecht einen Beitrag zur Integration sei, der das Zusammengehörigkeitsgefühl fördere.
Kein Weg an der Einbürgerung vorbei
Die Gegnerinnen und Gegner des Ausländerstimmrechts verwiesen einmal mehr auf die Einbürgerung. «Es gibt einen klaren Weg zur politischen Mitbestimmung. Das ist die Einbürgerung», sagte eine FDP-Gemeinderätin. Wer Rechte wolle, müsse auch Pflichten übernehmen. Zudem sichere die Einbürgerung die Integration besser als die Niederlassung.
Mit dem Nein aus dem Stadtparlament ist das Thema in Chur vorerst vom Tisch. Damit reiht sich Chur in eine Reihe mit den grössten Bündner Gemeinden ein. Landquart, Davos, St. Moritz und Domat/Ems haben das Ausländerstimmrecht in Volksabstimmungen zum Teil sehr deutlich abgelehnt. 34 kleinere und mittelgrosse Gemeinden hingegen haben es eingeführt.